Unter Musikfans, die sich dem Stoner, Alternative und Heavy Rock verschrieben haben, ist das Rock im Wald Festival in Neuensee bei Lichtenfels längst kein Geheimtipp mehr. Entstanden aus einer Geburtstagsparty, feierte das kleine Festival dieses Jahr seinen 20. Geburtstag. Mittlerweile ist das Festival nicht nur von der Besucherzahl gewachsen, sondern liefert seit Jahren bekannte Bands aus allen Teilen der Welt, hat jedoch seinen familiären Charakter nicht verloren.
Klein und fein genießt man Rock im Wald, denn neben der Musik ist das Festival vor allem eines: ein Treffen von Freunden und Gleichgesinnten. Ich persönlich fahre jedes Jahr mit Leuten aus Thüringen und wir sind mittlerweile eine eingeschweißte Zeltgruppe. Einmal über den Zeltplatz gelaufen oder für Bier angestanden, habe ich dieses Jahr viele alte Freunde getroffen.
Das Wetter war entsprechend heiß, aber Zelte auf dem Sportplatz sorgten für die nötigen Schattenplätze und ein kaltes Bier sorgt bekanntermaßen von innen
Den Anfang am Freitagnachmittag musste ich leider arbeitstechnisch ausfallen lassen, spielte Blacksmoker schon bereits um 14.30 Uhr. Willow Child aus Nürnberg klang dann zum nicht weit entfernten Zeltplatz herüber, wo ich währenddessen gerade mein Zelt aufgebaut habe. Spiders und Thundermother läuteten dann den Abend ein. und zeigten vor allem, dass auch Frauen in der Szene was zu sagen haben und das mit einer Energie, von der sich andere Leute noch etwas abschneiden können. Beide Bands kannte ich vorher nicht, aber auch um neue Bands kennenzulernen, eignet sich Rock im Wald ziemlich gut, weil man mit einer Bühne nichts verpassen kann und auch am Zeltplatz noch genug von der Musik mitbekommt. 1000mods aus Griechenland, die immer gerne mal Probleme bei der Einreise nach Deutschland haben, spielten überzeugend und waren mein erstes persönliches Highlight. Auf Spidergawd haben ich mich auch sehr gefreut und das Publikum wurde nicht enttäuscht. Genauso gut wie erwartet waren auch Stoned Jesus, bei deren harten Klängen kaum ein Besucher auf dem Boden sitzenblieb.
Den großen Headliner Mustasch habe ich gegen eine andere Größe getäuscht, denn am Freitag war der Blutmond über Franken zu sehen und ich hab mich vor meinem Zelt ins Gras gelegt, um Sterne und den Mond zu guggen. Den Sound konnte ich, durch die Bäume etwas gedämmt, immer noch gut hören und so verging der erste Tag im Wald ruhig und friedlich.
Samstag nach dem Weißwurstfrühstück, bei dem Folks Worst Nightmare aus Nürnberg für die musikalische Untermalung sorgte, wollte der Biervorrat aufgefüllt werden und wohl gestärkt konnte der zweite Tag kommen. Auch wenn ich vom Line-Up außer Orange Goblin und The Vintage Caravan keine Band vorher aktiv gehört habe, dachte ich mir: einfach mal auf mich zukommen lassen. Midnight Steamer schafften es in knapp 40 Minuten, dass ich mir die Frage gestellt habe, warum ich diese Band nicht auf dem Schirm hatte. Deviltrain aus Bamberg kamen als Ersatz quasi direkt vom Zeltplatz auf die Bühne und zeigten, dass auch Franken auch sehr geile Bands zu bieten hat und man nicht immer Richtung Norden schauen muss, um eine gute Truppe zu finden. Ein Schlagzeug und einen Bass, mehr brauchen Beehoover nicht, um ihren Sound an die Leute zu bringen. Die Sonne knallte schon wieder vom Himmel, aber das war den meisten egal, die Besucher genossen den Sound, die schattigen Plätze und das kühle Bier.
Den Preis für den unterhaltsamsten Soundcheck haben definitiv Erik Cohen gewonnen.Witzig, ein bisschen verwirrt und definitiv nicht aus Oberfranken. Die Musik mag nicht jedem gefallen, aber ich muss sagen, dass das Soloprojekt von Smoke Blow Sänger Letten live auf jeden Fall besser klingt als auf Platte, solltet ihr also Bock auf Deutschrock aus dem Norden habt, im Oktober kommt er mit seinem aktuellen Album III nach Nürnberg in den Z-Bau. The Go Faster Nuns kommen aus Bamberg haben schon 2001 ihr erstes Album rausgebracht. Ab 2008 war es dann 10 Jahre ruhig zum die Punk’n’Roller und sie haben sich pünktlich zu Rock im Wald zu einer Reunion Show zusammengefunden. Sie haben zusammengespielt, als wäre es erst gestern gewesen und hatten sichtlich Spaß mit dem Publikum und ihrer Musik. Auch wenn Arrival, das letzte Album von The Vintage Caravan bereits 2015 erschien, haben sie auf der Bühne in Neuensee ordentlich abgeliefert. Sie machen 1970er Urban-Rock und sind im Herbst für sechs Termine in Deutschland, unter anderem im Strom in München.
Der schönste Moment bei Rock im Wald ist immer direkt vor der letzten Band, dieses Jahr Orange Goblin. Das Team hinter dem Festival kommt auf die Bühne, um sich bei den Besuchern, den Helfern und den Bands zu bedanken. Man merkt, wie viel Arbeit, Zeit und Herzblut die Crew jedes Jahr reinsteckt und ich bin jedes mal sichtlich gerührt, weil es eines der schönsten kleinen Festivals in Süddeutschland ist. Orange Goblin haben dann Samstag Nacht in aller Headlines-Manier die Bühne und die Besucher zerlegt. So wie es sein soll.
Vielen Dank, Rock im Wald, bleib so, wie du bist, auf die nächsten 20 Jahre! Cheers!