Es war irgendwann in der zweiten Hälfte des Jahres 2018, als morten, Produzent und Rapper und Gesicht des „Immer.Ready“-Kollektivs den Song „vamos.flp“ rausbrachte. Er wurde, aufgrund der sehr künstlerischen Art, sehr schnell mein Lieblingslied. Und das hält sich auch bis heute. Es gibt kaum einen Track, den ich so oft gehört habe. Aber warum sage ich das? Vamos ist kein Solotrack, sondern hat ein Feature: Ziry. Ebendieser war auch wenige Monate vorher auf mortens Album „disc 1“ vertreten und lieferte einen kranken Part auf „Rosen & Regen“.
Ich bekam also immer mehr von Ziry mit, den ich davor ausschließlich als Bruder von Al Kareem und als Fotographen wahrgenommen habe. Es folgten einige Singles, darunter „Zoll“, natürlich wieder mit morten, die ich auf Dauerschleife hörte. Dann entstand 2019 die „Tabularasa“-EP, deren Songs teilweise auch schon 30.000 Klicks haben: Ziry kam auf die Bildfläche. Am 02. Oktober 2020 war es endlich so weit:
Ziry bringt sein erstes eigenes Album raus. Keine Features. Nur er. Nur liebe. Nur Herz. Nur Seele.
Mit „Bin dabei“ startet der Newcomer in sein Album. Hierbei wird direkt klar, dass es mehr als nur Deutschrap ist. Es handelt sich hier um Musik. Auf „Smoke hart“ geht es direkt weiter, jedoch wird direkt auf dem zweiten Track klar, dass Ziry nicht nur einen Style oder einen Flow besitzt, sondern er wandelbar ist. Mit einer höher gesungenen Hook zwischen tieferen Rap-Parts überzeugt der Rapper direkt zum Einstieg des Albums.
Auf Track 3 folgt dann die erste Singleauskopplung „Fackeln“, die eins der drei Aushängeschilder des Tapes darstellt. Wenngleich auch dieser Track mit 1:33 sehr kurz ist, schafftes Ziry, hier Varianz reinzubringen und zu unterhalten.
Ständig am Ackern
Kopf am Rattern, ich dreh’ durch
Stapel‘ das Geld, fahre zu schnell, bleibe nie steh’n
Joints am Fackeln, schwenk’ keine Fahne, keine Furcht
Lasse mich sehen, genieße den Wind, niemals am Chillen“
Ungewöhnlich für die meisten sind wohl Track 4 „Lichterloh“ und Titel 8 „Wein Allein“. Die beides sind mit weniger als einer Minute Länge eindeutig als Snippets/Teaser zu verstehen. Doch diese Abwechslung passt perfekt zum sowieso schon kurzen, aber lebendigen Tape.
Gefolgt wird die zweite Single von den Tracks „Fulle Pulle“ und „Entscheidungen“, die ich als tiefste, ehrlichste Songs des Albums sehe. Abgeschlossen wird „Küss den Himmel“ mit „TickTack“, einem wunderschönen Stück, dessen Melodie einfach zuckersüß ist. Die Hook bleibt direkt im Kopf und sorgt so zum Ende hin nochmal für einen Ohrwurm. Ich gehe so weit und sage, dass TickTack, wenn Ziry bekannter wäre, einer der Hits des Spätsommers hätte werden können. So bleibt er zunächst ein Untergrund-Juwel.
Das Album ist verdammt schön. Und dafür sorgt niemand geringeres als Twentyone, der die Platte komplett produziert hat, in Symbiose mit Zirys einzigartiger Stimme. Ich habe mir kaum ein Album in der letzten Zeit so oft angehört, wie „Küss den Himmel“.
Das schönste daran, dass Ziry Newcomer ist: er wird noch einiges an Musik geben. Genau wie seine Jungs Marvin Game („Hab es im Blut“), morten („Ozean“), Al Kareem („Träume“) oder auch Holy Modee („Diplom“) ist Ziry durchgehend am Musikmachen.
Autor: Alex Gubert