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Gedanken zur EM

Kommentar von Moritz Meckl

Copyright: Michal Jarmoluk auf Pixabay

Bis jetzt wirkt das Ganze ein wenig surreal. Schon die komplette letzte Fußball-Saison.

Da waren die Super-League, die Champions-League-”Reform”, die Summen die fließen, trotz einer Pandemie, in der angeblich alle finanzielle Schäden erhalten. In allen Fällen geht es letztendlich nur darum mehr Geld einzunehmen und kleine Vereine aus der “Elite” auszugrenzen. Es wirkt so, als verliere der Fußball jeglichen Bezug zur Realität.

Außerhalb davon findet eigentlich nichts statt, aber Fußball läuft so ab, als wäre nichts. Und jetzt reisen die Nationalmannschaften durch ganz Europa…?

Viele gehen aktuell nicht ins Büro, treffen sich kaum mit anderen Menschen und auch Universitäten in Deutschland haben selten für Präsenzveranstaltungen. Aber die EM ist anscheinend wichtiger als alles andere.

Allerdings ist das mit der Champions-  und Europa-League schon passiert, also kommt die Kritik vermutlich etwas zu spät und ist überflüssig. Die Fans dürfen jetzt in die Stadien. Das ist schön für die Stimmung, aber vielleicht auch etwas verantwortungslos? Was genau passiert wird sich zeigen.

EM-Fieber kommt bis jetzt nicht wirklich auf. Aber das war bei mir auch schon 2016 und 2018 so. Seit 2016 kommen 24 Mannschaften zur EM-Endrunde, von 55. Das ist knapp die Hälfte. Wobei man dabei anmerken muss, dass Staaten wie Andorra oder San Marino, aufgrund ihrer geringen Auswahl an Spielern, in der Qualifikation eher “Kanonenfutter” sind als wirkliche Herausforderungen. Dadurch haben sie ohnehin kaum Chancen auf eine Qualifikation. Die letzte EM hat da bereits komplett die Spannung verloren.

Portugal gewinnt die Meisterschaft ohne bis zum Halbfinale ein einziges Spiel in regulärer Zeit zu gewinnen. (Drei Unentschieden in der Gruppenphase, Im Achtel- und Viertelfinale mussten sie ins Elfmeterschießen, erst das Halbfinale gegen Wales konnte gewonnen werden). Das nimmt jegliche Spannung aus der Gruppenphase, wenn eigentlich nur die Gruppenletzen sicher rausfliegen. Und die stehen durch die Qualifikation von schwächeren Mannschaften meistens schon vorher mehr oder weniger fest. Ja, 2004 hat Griechenland gewonnen. Das war aber kein wirklich schöner Fußball und ist zusätzlich fast schon wieder 20 Jahre her. Vor 5 Jahren war Island eine Überraschung, aber sie wurden danach trotzdem von Frankreich 5:2 abgeschossen. Bis dahin hat es Spaß gemacht ihnen zuzusehen. Seitdem hat sich der Fußball aber verändert und die “großen” Nationen sind deutlich stärker geworden. Frankreich hat einen Ersatz-Kader, der so stark ist, dass er noch zu den Favoriten gehören würde. Also wäre alles andere als mindestens der Einzug ins Halbfinale eine Überraschung. Auch bei Belgien, Italien, Niederlande, England ist kaum zu erwarten, dass sie nicht in ihrer Gruppe Erster werden.

Am Ende kommt sogar Deutschland in dieser “Gruppe des Todes” (Mit Frankreich als amtierender Weltmeister und Portugal als Titelverteidiger) mit ganz viel Glück auf Platz drei weiter und schafft es ins Halbfinale oder so. Ob das verdient wäre ist dann eine andere Frage. Der Hype um die Nationalmannschaft ist irgendwie nichts mehr Romantisches und hat seit 2014 deutlich an Glanz verloren. Den Gau 2018 (Ausscheiden in der Gruppenphase, so vorher nie passiert) konnte man vermutlich sogar kommen sehen. Ich hatte Spaß daran. Viele Fans und auch der DFB selbst haben “Die Mannschaft” so überbewertet und zu einem Marketingprodukt werden lassen, dass ich gehofft habe, dass sie aufs Maul fliegen. Dass es dann passiert habe ich aber nicht erwartet. Im Vergleich ist eine WM ist meistens spannender, als eine EM, da die Mannschaften der unterschiedlichen Kontinente selten gegeneinander spielen und somit sich kaum auf ihre Gegner in dem Turnier einstellen können. Hoffentlich können Dänemark oder Schottland zumindest die Großen etwas ärgern. Mit England und Schottland in einer Gruppe könnte zumindest das für Unterhaltung sorgen, da die beiden Nationen – zumindest auf sportlicher Ebene – eine Feindschaft miteinander austragen. Da aber nur wenige Fans in die Stadien dürfen, hält sich das vermutlich in Grenzen. Am Ende wird das aber wohl ein sehr vorhersehbares Turnier ohne viele Überraschungen, ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

Generell hat der Fußball im letzten Jahr gezeigt, wie realitätsfern er doch eigentlich ist. Die Geldsummen die Fließen. Die Aussagen, die von einigen sportlichen Verantwortlichen zur Vorbildfunktion getroffen wurden. Oder im Allgemeinen wie der Sport sich repräsentiert. Es reizt mich wenig dieses Turnier zu verfolgen, aber am Ende werde ich wohl doch das ein oder andere Spiel sehen und mitfiebern was passiert. Tippspiel ist schon geplant. Ich merke selbst, während ich diesen Text schreibe, dass sich meine Einstellung um 180 Grad gedreht hat. Ich hasse die Entwicklungen, kann mich aber nicht davon losreißen.

Wie der Fußball-”Satiriker” 442oons einmal gesagt hat:

“That’s the day when football died. I’m out… But I’m in, I’ll always be in. What an idiot.”

Autor: Moritz Meckl