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Rezension: Legendborn – Tracy Deonn

Die Artus-Sage begeistert und fasziniert die Menschen schon immer und wurde in verschiedenen Versionen umgesetzt. Ein neuer Roman, der den Mythos in unsere Zeit holt, ist Legendborn von Tracy Deonn.

Bild: funklust e.V.

Legendborn ist das Fantasy-Debüt der amerikanischen Autorin Tracy Deonn und der erste Band der Legendborn-Reihe. Erschienen ist das Buch am 15. September 2020 bei Margaret K. McElderry Books. Wie man bereits daran merkt, handelt es sich bei dem Buch um die englische Ausgabe, denn eine deutsche Übersetzung ist bisher noch nicht erschienen. 

Ich selbst lese wirklich gerne Bücher auf Englisch. Über Neuerscheinungen halte ich mich vor allem durch Social Media auf dem Laufenden und kurz nach dem Debüt wurde man gerade dort von positiven Reviews bombardiert. Das hat mich dann ziemlich exakt ein Jahr später doch dazu gebracht, dem 490 Seiten starken Buch eine Chance zu geben. Und ich wurde nicht enttäuscht.

Die gesamte Geschichte wird aus der Sicht der afroamerikanischen Protagonistin Briana “Bree” Matthews erzählt. Der Prolog beginnt in dem Moment, in dem sie erfährt, dass ihre Mutter bei einem Autounfall gestorben ist. Der Rest des Buches spielt drei Monate später. Bree hat ihr Elternhaus verlassen, um an einem “Early College Program” teilzunehmen. Für sie stellt dieses Programm nicht nur einen Weg dar, der ihr nach ihrem Abschluss ein Stipendium für eines der besten Colleges einbringen könnte, sondern auch einen Weg aus der Kleinstadt, in der sie nur das Mädchen war, dessen Mutter gestorben ist.

Trotz dieser Flucht nach vorne, hinaus aus ihrer Stadt und ihrem Elternhaus, ist die Trauer, die bereits im Prolog spürbar gewesen ist, noch immer ein Teil von ihr. Sie mischt sich vor allem mit Wut auf jede:n, der die typischen Beileidsbekundungen ausspricht. Besonders hart trifft sie hierbei, “Es tut mir leid um deinen Verlust / I am sorry for your loss”, denn wie sie selbst sagt, ist ihre Mutter nicht verloren, denn was verloren ist, kann wiedergefunden werden. 

Bei einer verbotenen Feier, die Bree gemeinsam mit ihrer Freundin Alice besucht, trifft sie auf Selwyn Kane, der ihr vom ersten Augenblick an merkwürdig vorkommt. Dass ihr Gefühl sie nicht täuscht, stellt sie fest, als sie sieht, wie er gemeinsam mit einer weiteren Studentin dämonische Wesen bekämpft. Etwas, an das sie sich nicht hätte erinnern sollen, da Selwyn über magische Fähigkeiten verfügt, die es ihm erlauben, die Erinnerungen anderer Leute auszulöschen oder zu verändern.

Kurz darauf lernt sie Nick kennen und beginnt langsam die Wahrheit über das College, die Dämonen und Menschen wie Selwyn zu erfahren. Denn Nick führt Bree in die Welt der Legendborn ein. Diese sind Nachfahren von King Arthur, dreizehn der Ritter der Tafelrunde und dem Zauberer Merlin. Nick selbst ist einer dieser Nachfahren und Selwyn stellt sich als der mächtigste Magier des am College stationierten Zweiges der Legendborn heraus. Bree erkennt, dass an jenem Tag, an dem ihre Mutter starb, ein solcher Magier als Polizist mit ihnen gesprochen hat.

Gemeinsam mit Nicks Hilfe setzt sie nun alles daran, ein Teil der Organisation um die Legendborn zu werden und herauszufinden, ob der Tod ihrer Mutter tatsächlich ein Unfall war, oder ob die wahren Umstände verschleiert wurden. Ohne tatsächlich zu wissen, worauf sie sich einlässt, gerät Bree in einen gefährlichen Kampf zwischen Gut und Böse.

Tracy Deonn hat nicht nur eine Welt erschaffen, in der sie die Legenden um König Artus und seine Ritter neu erzählt – sie erzählt gleichzeitig auch die Geschichten ihrer eigenen afroamerikanischen Vorfahren. Immer wieder wird Bree nicht nur mit der Trauer und der Wut über den Tod ihrer eigenen Mutter konfrontiert, sondern auch mit dem Gefühl, an einem Ort zu sein, der nicht für sie geschaffen worden ist. Vor allem innerhalb des Ordens der Legendborn fühlt sie sich als einziges afroamerikanisches Mädchen innerhalb einer weißen Elite alleine und ausgestoßen.

My family only knows [their roots] back to the generation after Emancipation. Suddenly, it’s hard to stand here and take the magnificence of the [ancestral] Wall and not feel an undeniable sense of ignorance and inadequacy. Then, a rush of frustration because someone probably wanted to record it all, but who could have written down my family’s history as far back as this? Who would have been able to, been taught to, been allowed to? Where is our Wall?

A Wall that doesn’t make me feel lost, but found.

Mir hat besonders gut gefallen, wie ehrlich die Autorin mit ihren eigenen Erfahrungen ist und sie dem:der Leser:in durch Bree mitteilt.

Bree’s story is, at its core, a story about someone who wants to understand the role of death in her life. It’s about Black motherhood and Black daughterhood. But it’s also a story of someone who wants very much to understand and honor her mother and ancestors.

Tracy Deonn

Legendborn ist eine Geschichte voller Trauer, aber auch von der Liebe einer Tochter zu ihrer Mutter und all den Vorfahren, die sie nie kennengelernt hat und die von der Geschichte vergessen wurden. Begeistert hat mich aber auch die Diversität der Figuren; so hat beispielsweise Brees beste Freundin Alice taiwanesische Wurzeln und viele der bekannten Neben- aber auch einer der Hauptcharaktere sind Teil der LGBTQ+-Community. 

Für mich war einfach alles rundum stimmig, die Welt und die Story haben mich in ihren Bann gezogen und ich habe mit allen Figuren mitgefiebert und gelitten. Zudem ist der Schreibstil äußerst gut zu verstehen, auch für Nicht-Muttersprachler wie mich. Jetzt heißt es für mich leider Warten auf den zweiten Band, der am 08. November 2022 unter dem Titel Bloodmarked erscheinen soll. Ich warte ganz sehnsüchtig darauf, endlich wieder in die Welt von Bree, Nick und Selwyn eintauchen zu dürfen und mehr über die Legendborn zu erfahren. 

Für alle, die sich einen eigenen Eindruck von Legendborn machen wollen, aber es nicht im englischen Original lesen wollen, ist der 22. April 2022 ein wichtiges Datum. Denn da erscheint das Buch unter dem Titel Legendborn – Der geheime Bund beim Heyne-Verlag. 

Autorin: Lisa-Marie Kraut