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Album der Woche KW 21: Paula Hartmann – Nie Verliebt

Große Gefühle in kleinen Details: Paula Hartmann schreibt Texte, die unter die Haut gehen. Mit ihrem Debüt-Album Nie Verliebt gibt sie der Jugend einen Platz für Melancholie.

Bild: Claudia Schröder

Anfang April hat Paula Hartmann ihr Debüt-Album Nie Verliebt veröffentlicht, nicht mal ein Jahr, nachdem ihre erste Single erschienen ist. Die trug ebenfalls den Namen „Nie Verliebt“ und hat Paula direkt zum bekanntesten Geheimtipp der deutschen Musikszene gemacht. Spätestens nach ihrem zweiten Release „Truman Show Boot“ hat sie mit der Zeile „Wo fällt die Liebe hin? Wo muss ich stehen, um sie zu fangen?“ auch den letzten Skeptiker um den Finger gewickelt und Rap-Ikonen wie Haftbefehl und Casper, der auch Featuregast auf dem Album ist, outeten sich als Fans. Wenn das mal kein perfekter Karrierestart ist.

Dabei hat Paula sich eigentlich schon eine andere Karriere aufgebaut: Seit sie sechs Jahre alt ist, arbeitet sie als Schauspielerin und stand unter anderem in Der Nanny mit Matthias Schweighöfer vor der Kamera. Das Feuer für die Musik brannte schon damals in der Berlinerin – sie hat Gedichte geschrieben und gerne gesungen – nur der Mut dazu hat Paula gefehlt. Das Schauspielern hat in der Schulzeit für genug ungewollte Aufmerksamkeit gesorgt, da wollte sie nicht zusätzlich auch noch mit der Musik anfangen.

Dann ist Paula aber irgendwann nach Hamburg gezogen, um dort Jura zu studieren. Der Umzug in die neue Stadt war ihr Schritt in die Musik. Dort hat Paula eine Freundesgruppe gefunden, die die Musik in ihr wieder geweckt und sie dazu ermutigt hat, sich auszuprobieren. Sie beginnt erst hier so richtig mit Songwriting, lernt ihr Management kennen und knüpft Kontakte zu Biztram, ihrem Produzenten. Der hat schon mit Künstler*innen wie LEA, Prinz Pi oder K.I.Z zusammengearbeitet und war für Paula das letzte Puzzleteil, das gefehlt hat, bis sie komplett in ihre Musik versinken konnte. Mit ihm gemeinsam hat sie an Nie Verliebt gearbeitet.

Paula schreibt unfassbar intelligente Texte, zaubert uns mit ihren Zeilen einen Film in den Kopf. Gepaart mit der zerbrechlichen, warmen Stimme und der düsteren Atmosphäre verleiht sie den Songs eine melancholische Schwere, die mitten ins Herz trifft. Sie findet Worte für die Gefühle einer ganzen Generation. Paula beschreibt ihre Musik sehr treffend als modernes Märchen in der Großstadt. Das Cover des Albums ziert passend dazu ein liebevoll gestaltetes Bild aus Sternentaler, inspiriert von Kassetten aus der Kindheit.

Wenn man die einzelnen Songs als Ganzes betrachtet, drehen sie sich alle um dieselben Themen: Jugendliche Verlorenheit, lange Nächte und natürlich die Liebe. Aber durch die eigentlich alltäglichen Beobachtungen, denen Paula einen präzisen Twist verleiht, kann sie damit ein ganzes Album füllen. Besonders deutlich wird dieses Talent in „Veuve“, meinem persönlichen Favoriten der Platte. Sie singt davon, sich fehl am Platz zu fühlen, überfordert und ausgebrannt zu sein und das mit einer Eindringlichkeit, die seinesgleichen sucht.

Fühl mich wie Leitungswasser in ’nem teuren Glas / Kalender voll mit Menschen, die ich eigentlich gar nicht mag / Neunzehn, aber Workload zweimal nine-to-five / Bettwäsche aus Lein, aber zum Schlafen keine Zeit

Paula Hartmann in „Veuve“

Mit Nie Verliebt hat Paula Hartmann ein Coming of Age-Album geschaffen – für eine Generation , die sich planlos, einsam und überfordert fühlt.

Autorin: Kaja Lübeck