Für Bands ist es nicht immer leicht, sich außerhalb der Home-Base der lokalen Musiker:innen-Bubble Sichtbarkeit zu verschaffen. Kleine Festivals, Newcomer-Contests und die Kirchweih im Nachbarort können helfen. Darfs auch ein fetter, internationaler Band-Wettbewerb sein? Das Emergenza Deutschland Finale findet am 08.07.2023 in Berlin statt.
Zugegeben, die Internet-Präsenz des Emergenza Wettbewerbs geizt etwas mit Infos… Im Schnelldurchlauf lässt sich der Wettbewerb so erklären:
Bands (jedes Genre, jedes Alter, auch Solo-Künstler:innen) bewerben sich für den Wettbewerb, spielen im In- und Ausland Live-Konzerte, bekommen währenddessen Feedback, Orga-Support und stellen sich dem Urteil des Publikums bei den Vorrunden. In den Vorrunden stimmt das Publikum (via App) über die Gewinner:innen der Runde ab (2 Stimmen pro 'Festival'). Bei den Semifinals und Finals fließt zusätzlich die Bewertung einer Jury mit ein.
In Deutschland starteten die Vorrunden ab Januar 2023 in den Städten Hamburg, München, Frankfurt am Main* und Berlin. Das Deutschlandfinale findet am 08.07.2023 in Berlin statt. Von insgesamt über 100 teilnehmenden Bands/Künstler:innen sind am Ende zwölf Bands beim Deutschlandfinale am Start:
2Mädchen und Uwe, BETTMAN, Minor Manor, Outlyer, PheraX, Revolution Paradise, Jam Box, ScaryP, Who Killed James, Grell, Ascendancy, FUZZPHASE
Die Gewinner-Band des Deutschlandfinales spielt beim Taubertal Festival (10.08. bis 13.08.2023) auf der „Sounds for Nature“-Bühne beim Internationalen Emergenza Finale. Insgesamt sieben Bands aus Finnland, Frankreich, Schweden, Dänemark, Norwegen, Japan und Deutschland sind eingeladen, am Festival aufzutreten. Der:die Deutschland-Sieger:in spielt übrigens am Freitag um 19:00 Uhr. Der Gesamtsieger hat am Sonntag dann die Gelegenheit, sich auf der Main Stage auszutoben. 🙂
Deutschland-Finale
Das Deutschland-Finale findet am 08.07.2023 in Berlin statt. Es spielen zwölf Bands, davon drei, die nicht aus Berlin stammen. Nord-Süd-Gefälle im Musikbusiness? Wir stellen die Finalisten kurz vor:
2Mädchen und Uwe
Wenn man sich das Bandfoto so anschaut, kommen Fragen auf… Wer genau ist Uwe, wer ist der andere Typ mit Bart und wie heißt „das Mädchen“ in der Mitte eigentlicht? Wenn man dem (versteckten) Emergenza-Profil glauben kann, dann sind das Maja und Ingo. Und Uwe. Klar…
Die Band beschreibt ihre Musik selbst als Rock-Pop-Blues mit deutschen Texten und schnörkellos. Auf Soundcloud kann man den Klängen des Trios lauschen. Gesang, Gitarre, Bass und Schlagzeug sind mal sanft, mal so richtig „auf die zwölf“. Die Songs brillieren durch den Raum, der den gut durchdachten Texten eingeräumt wird. Diese Musik gehört definitiv auf die Bühne!
BETTMAN
Benannt nach dem Sänger und Gitarristen Gerry Bettman ist diese Band im Reich des Deutsch-Rock angesiedelt. Die Geschichte von Gerry „Gert Bertram“ Bettman ist so vielfältig und interessant wie das Genre, dem sich die Band verschrieben hat. Gerry, Joey, Michael und Frank haben alle bereits in anderen Combos gespielt und bringen wahnsinnig viel Erfahrung mit.
Bereits seit 2004 spielen die vier Musiker zusammen in Berlin und arbeiten im gemeinsamen Tonstudio an Songs ohne den Druck von kommerziellen Produktionsfirmen. Etwas Nostalgie mag dabeisein, wenn man an die alten Rock’n’Roll-Zeiten zurückdenkt. Wenn man die Musik von der EP „Alle kommen Frei“ hört, kommt einem unter Umständen Marius Müller-Westernhagen in den Sinn.
Minor Manor
Wenn sich eine Band von „King Gizzard & the Lizard Wizard“ inspirieren lässt, sollte man die Ohren spitzen und ganz genau hinhören! Minor Manor kommen aus Berlin und sparen sich bei ihrem Instrumental-Rock den Gesang. Stattdessen arbeiten die vier Musiker mit ausgiebigen Klangcollagen, Riffs, Tempowechseln und ausgiebigem Einsatz von Effektgeräten für den passenden Gitarrenklang.
Auf YouTube finden sich ein paar Mitschnitte von den Emergenza-Live-Auftritten aus 2023 und auf Instagram (@minormanorband) kann man der Band auch mal bei der Probe über die Schulter bzw. das Schlagzeug schauen. Ihr Song „Papam!“ ist auf Spotify zu hören.
Outlyer
Berlin bringt eine weitere Band in den Contest: Outlyer. Knackiger 70er/80er-Rock gemischt mit etwas „Freakiness“ und jeder Menge Riffs und Soli ergeben am Ende eine passende Mischung, um auf den Club-Bühnen dieser Erde das Publikum zu begeistern. Clemens (Gitarre), Emanuel (Gitarre), Lisa (Bass), Zwi (Drums) und Sebastian (Gesang) sind auf Soundcloud zu hören und haben schon ein paar Jahre Bühnen-Erfahrung, z.B. bei der Fête De La Musique.
PheraX
Und nochmal hat sich Berlin in das Finale bugsiert. PheraX bezeichnet ihre Musik selbst ganz einfach mit „Alternative Rock aus Berlin“. Ja, so einfach kann’s sein. 2015 gründen fünf Musikerinnen und Musiker die Band und mischen unterschiedliche Rock-Genres zu einem eigenen Repertoire zusammen. Auf die eigenen Punkrock-Vergangenheit ist man bis heute stolz.
Die aktuelle Besetzung besteht aus Vanni, Alex, Matthi, Lukas und Mia und ihre Single „Waves“ ist seit diesem Jahr auf YouTube und Spotify zu hören. Bislang was PeraX in der Berliner Clubszene zu Hause – jetzt soll es auf die großen Bühnen gehen…
ScaryP
Einer der wenigen Einzelkünstler ist Rapper Felix aka Scary P. Der Newcomer wandelt seine negativen Erfahrungen in positive Vibes um und präsentiert sich mit seinem Deutschrap ganz im Stile der klassischen Rap-Szene aus den USA und Deutschland.
Der Lifestyle, die Mentalität und der Einfluss der US-HipHop-Szene waren letztendlich der Grund, warum Felix zur Musik gekommen ist. Ein Album ist in Arbeit und hoffentlich auch bald erhältlich. Auf Spotify ist er schon mit vier Songs vertreten, ansonsten sucht man in den Weiten des Internets noch vergeblich.
Revolution Paradise
Eine ziemlich originelle Bio haben Revolution Paradise:
You can’t define us, you can’t deny us, you can’t change us … But you can be a part of us #revolutionparadise.
Na gut, also Marketing klappt schonmal. Wenn man sich weiter durch die Statements der Band wühlt, dann ist von Emo-Revolution und Nu-Emo die Rede. Was das genau ist? Siehe erster Satz.
Revolution Paradise besteht aus vier Musikern, die sich 2021 zusammengeschlossen haben und im folgenden Jahr gleich ihre erste Single veröffentlicht haben. Auf der Bühne und bei Straßenkonzerten ist die musikalische Dynamik auch visuell offensichtlich. Auf dem YouTube-Kanal der Band sind in den letzten gut zwölf Monaten vier neue Videos plus Akustik-Version erschienen – Respekt!
FUZZPHASE
Aus Berlin kommen die drei Musiker Salah E. Amasheh, Ingo Dreyer und Arno Schünemann, die sich 2018 gefunden haben, um eigene Songs zu realisieren. Sie bezeichnen ihre Musik ganz klar als „Hard Rock“, und dafür braucht es nicht mehr als eine markante Stimme, Bass, Gitarre und Schlagzeug. Ehrlich gemacht, knackige Soli und Instrumentals zum Genießen schaffen einen Klangraum mit Tiefe und Varianz.
Damit jeder der drei ausreichend Gestaltungsraum für die eigene Persönlichkeit hat, bleibt es nicht beim Rock, sondern mischt sich dieser in den Songs mit funkigen Elementen bis hin zu Fusion und kleinen Experimenten. Auch Synth Sounds sind auf der Single „Machine“ zu hören. Auf der Homepage der Band kann man sich selbst davon überzeugen. Bei Instagram gibts außerdem Dog-Content.
Jam Box
Einer Band, die Frankfurt am Main als pulsierende Kulturstadt bezeichnet, kann man ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein nicht absprechen. Musik als Hommage an das Leben – nichts Geringeres haben die Jungs von Jam Box im Programm. Auf dem Instagram-Kanal der Band sind ein paar Konzertmitschnitte zu sehen.
Jam Box kann in Frankfurt bereits auf eine gute Fan-Base zurückgreifen – ob das in Berlin beim Finale auch so sein wird, muss sich zeigen. An der Performance auf der Bühne wird es am Ende nicht liegen, denn die Band weiß, wie man Akzente setzt. Ob auf kleinstem Raum in der Bar oder auf der großen Bühne, gute Laune und Tanzfieber sind garantiert.
Ascendancy
Zur Abwechslung mal nicht aus Berlin, sondern aus München kommen die Gewinner des Bayern-Finales. Die junge Metal-Band (seid ihr denn schon volljährig?) hat ihre Ursprünge in der Schulband des Willi-Graf-Gymnasiums (2 der 4 aktuellen Bandmitglieder) und hat 2021 eine erste Demo-EP veröffentlicht. Die Jungs haben große Pläne: Konzerte, Album, Tour, und vieles mehr.
Erste Bühnenerfahrung haben die Head-Banger bereits gesammelt und sind jetzt bereit für das Deutschland-Finale. Mit ihrer Musik sind sie dieses Jahr eher Exoten im Teilnehmer:innenfeld. Musikalisch anspruchsvolle Musik zwischen Melodic und Speed Metal muss man aber auch erstmal spielen können. Das gelingt der Band – wie man auf ihrem Instagram-Kanal eindrucksvoll sehen und hören kann.
GRELL
Poetische deutsche Texte und eine Mischung aus Alternative Rock, melodischen Rap-Einlagen und Refrains ist das Rezept der Band GRELL. Nach eigenen Angaben machen GRELL „Musik und pures Gefühl, das unseren fragenden, zweifelnden, wütenden, liebenden und lebenshungrigen Worten einen Rahmen gibt.“ Muss man da noch mehr schreiben?
Ihre Single „Wimpernschlag“ demonstriert eindrucksvoll, wohin die musikalische Reise gehen soll. Nebenbei ist das Musikvideo ein echter Hingucker!
Erst kürzlich hat GRELL außerdem den Local Heroes-Wettbewerb im Rahmen der „Kieler Woche“ bei der Jungen Bühne gewonnen. Glückwunsch!
Who Killed James
Auch Who Killed James kommen aus Berlin – zumindest haben sie sich dort „gefunden“. Denn eigentlich stammen die drei Musiker aus Südamerika! Gitarrist Emanuel Fernandes, Bassist Alessandro Garcia und Drummer Pedro Ramos haben sich dem Hard Rock à la James Jared Nicholds, Jimi Hendrix, Thin Lizzy oder Led Zeppelin verschrieben. Dabei schafft es das Trio, den Rock’n’Roll mit brasilianischem Vibe zu kombinieren und kreirt so einen ganz eigenen Sound.
Wer die Band im Internet finden möchte, sollte ganz konkret nach MUSIK suchen – anscheinend gibt es sehr viele ungeklärte Mordfälle… Auf Instagram sind ein paar Handy-Videos vergangener Auftritte zu sehen, auf YouTube gibts auch „Querformat“.
UPDATE – 2023-07-09
Mittlerweile steht fest: GRELL sind die Gewinner des Deutschland-Finales und spielen Mitte August auf den Taubertal-Festival beim Emergenza International Contest!
Auf dem 2. Platz landeten Ascendancy, gefolgt von Jam Box auf Platz 3 und Pherax auf Platz 4.
* In Frankfurt am Main gab es keine Vorrunden, sondern direkt ein Regionalfinale mit sechs Bands.