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Ode an das Deutschlandticket – Oder: Train Trip 2023

Das Deutschlandticket ist jetzt über eineinhalb Jahre alt. Zeit, einmal zurückzublicken und zu sehen, was alles dadurch möglich geworden ist. Und zu fragen, ob es sinnvoll ist, auch den teureren Preis weiterhin zu zahlen.

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Nach dem Erfolg des 9€-Tickets und langer Wartezeit war es im Mai 2023 endlich so weit. Ein Ticket. Gültig für den Regional- und nahezu jeden Nahverkehr. Kostenpunkt: 49€ pro Person. Mit dem Jobticket ist das Ganze sogar noch günstiger. Studis und Azubis aus Bayern können das Ticket seit Oktober 2023 sogar für kaum schlagbare 29€ erwerben. Deutschlandweit wird das Studiticket seit Anfang 2024 angeboten. Sind die Züge mittlerweile so voll wie im Sommer 2022? Nein, nur zu Ausnahmen wie Fußballspielen oder Volksfesten. Aber das war vorher ja auch schon so. Statt überfüllten Zügen hat das Deutschlandticket aber kostengünstige Flexibilität mit sich gebracht. Doch lassen wir mal den offensichtlichen Klima-Aspekt außer Acht und fokussieren uns auf Kulturangebote. Ich bin seit 2023 sehr viel mit dem Deutschlandticket unterwegs gewesen und habe damit sehr viel mehr Freiheit genießen können. Unterteilen lässt sich das in drei Kategorien, die unterschiedlich viel Sinn ergeben.

Kurztrips

Was vor allem sehr einfach geworden ist, sind Kurzstrecken. Städte wie München, Regensburg oder Bamberg waren von Erlangen aus vorher noch unverschämt teuer zu besuchen, wenn die Fahrt allein über 20€ kostet. Mit dem Deutschlandticket lässt sich das jetzt viel einfacher, günstiger und flexibler lösen. Einfach mal in den Zug springen und Freund:innen in einer nahegelegenen Stadt besuchen? Kein Problem. Das Konzert, auf das ihr schon immer mal gehen wolltet? Easy. Kostet jetzt auch nicht mehr das Doppelte vom Ticketpreis, weil ihr die Fahrt mit einberechnen müsst. Ich war seit der Einführung des Tickets auf knapp 20 Konzerten. Auf die Frage, wie ich mir das leisten kann, antworte ich eigentlich immer: Ich muss mir keine Gedanken mehr über die Hin- und Rückfahrt machen. Durch das Deutschlandticket habe ich vermutlich an die 400€ für Fahrtkosten gespart. Das war vorher immer mein Hindernis. Live-Musik ist nicht so euer Ding oder ihr hört nur Artists, deren Konzerte schnell ausverkauft und viel zu teuer sind? Kein Problem. Dann empfehle ich euch trotzdem, mal einen spontanen Städtetrip zu machen. Es gibt besonders in Bayern unglaublich viel zu entdecken. Museen, historische Altstädte oder einfach mal raus aus der Stadt. Den nächsten Bus oder Zug schnappen und einfach mal eine Runde in der fränkischen Schweiz wandern gehen. Egal wann, egal wohin.

Mittelstrecken

Es lassen sich nicht nur Tagesausflüge einfacher gestalten oder nahe Verwandte einfacher besuchen, sondern auch Freund:innen oder Familie, die etwas weiter weg wohnen. Das braucht natürlich etwas mehr Planung und Zeit. Aber die Fahrtkosten sind immer noch quasi bei Null. Frankfurt oder Stuttgart sind von Nürnberg aus sehr entspannt zu erreichen. Auch Landesgrenzen sind nicht wirklich weit weg. Österreich: drei Stunden. Frankreich: vier Stunden. Tschechien: zwei Stunden. Ihr wollt also unbedingt einmal raus und einen Kurzurlaub machen? Schaut einfach, wann der nächste Zug fährt. Straßburg lässt sich meiner Erfahrung nach erstaunlich einfach erreichen. Genauso aber auch Salzburg oder Karlsbad. Auf einmal ist der lang benötigte Urlaub gar nicht mehr so teuer.

Langstrecken

Neben einem kurzen Ausflug lässt sich mit dem Deutschlandticket auch weiter weg in den Urlaub fahren. Okay, das ist zugegeben etwas weit gegriffen. Aber es ist durchaus möglich, mit dem Deutschlandticket nach Dänemark zu fahren. Ihr dachtet, die Leute, die nach Sylt mit dem Regio fahren, sind wahnsinnig? So umständlich ist das gar nicht. Eine Zugfahrt von Nürnberg nach Hamburg dauert knapp zwölf Stunden. Wenn ihr spontan nicht um die 100€ für den ICE zahlen wollt, ist das eine Alternative. Ja, das dauert ganz schön lange. Aber wann wart ihr das letzte Mal quasi zum Nulltarif in einem Land, das knapp 1000 km entfernt ist? Ich würde das natürlich nicht vorschlagen, wenn ich es nicht selbst ausprobiert hätte. Samstag früh bin ich in den Zug gestiegen und mit Zwischenhalt in Schleswig-Holstein bei Bekannten bin ich am Sonntagvormittag dann mit acht Umstiegen in Dänemark angekommen. Und all das mit nur einem einzigen Mal fünf Minuten Verspätung, um hier mal eine Lanze für die Deutsche Bahn zu brechen. Ich weiß, dass das etwas sehr glücklich gelaufen ist. Damit das alles hinhaut, müssen schon sehr viele Sterne richtig stehen. Aber das soll auch nur ein Beispiel dafür sein, was das Deutschlandticket alles möglich machen kann. Ihr braucht natürlich keinen 12-bis-16-Stunden-Trip hinlegen, um das auszunutzen. Möglich ist es trotzdem. 

Ich bin auch nicht der Einzige, der das ausprobiert hat. Auf meinen Fahrten seit 2023 habe ich einige Leute getroffen, die ähnliche, wenn auch nicht ganz so weite Reisen angetreten sind. Berlin, Köln, Hamburg, Straßburg oder Salzburg lassen sich recht entspannt erreichen. Auf jeden Fall bin ich glücklich, dass das Ticket zumindest noch ein bisschen gefördert wird. Hoffentlich behalten wir das bei und lassen es auch für Studis und Azubis weiter etwas günstiger. Fehlen eigentlich nur noch die Schüler:innen, aber vielleicht kommt das auch noch. Der Preis steigt ab Januar 2025 auf 58€, für Studierende voraussichtlich auf 38€. Dennoch lohnt sich der Preis enorm. Auch weil wir in Deutschland eins der größten Schienennetze ganz Europas haben. Rechnet man nach Schienen pro Quadratkilometer, dann stehen wir sogar fast an der Weltspitze. Sollte sich irgendeine zukünftige Regierung dazu entscheiden, das wieder auszusetzen, wäre das meiner Meinung nach ein absolutes Armutszeugnis. Und das nicht nur, weil ich keine spontanen Trips mehr nach Dänemark machen kann.

Autor: Moritz Meckl