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„Große Freiheit“ auf dem Erlanger Schlossplatz – liebe.lust.leben

Sind wir mal ehrlich. Dass die schönste Nebensache der Welt Risiken birgt, ist wohl jedem bekannt. Was genau sich aber hinter Trichomonaden, Chlamydien, Gonorrhoe und Syphilis verbirgt, stellt viele von uns vor ein Rätsel. Dabei hat man sich mit Geschlechtskrankheiten, oder wie sie heutzutage korrekt genannt werden STI (Sexually Transmitted Infections) schnell infiziert und sie betreffen somit potentiell jeden von uns. Man glaubt es kaum, aber STI nehmen in Deutschland wieder zu. Und vor allem in Studentenstädten wie Erlangen sollte man lieber wissen, dass Gonorrhoe keine Urlaubsinsel ist…

Hinter bunten Containern und einer weißen Kuppel auf dem Erlanger Schlossplatz ist noch bis Samstag (29. Oktober) die kostenlose Erlebnisausstellung „Große Freiheit – liebe.lust.leben“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu sehen. An über 50 Stationen zum Thema Sexualität und Gesundheit lernt man als Besucher acht fiktive Menschen mit verschiedenen Sexualverhalten aus allen Altersgruppen kennen. Durch ihre Geschichten kann man sich unter anderem über die verschiedenen STI, Präventionsmaßnahmen und über die HIV-Verbreitung in Deutschland und in der Welt informieren. An unterhaltsamen Stationen kann man zum Beispiel mit dem „Kondometer“ exemplarisch die richtige Kondomgröße ermitteln (Es geht um die Breite, nicht die Länge!), oder einen anonymen STI-Risikocheck durchführen.

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Beim Diskurs über Sexualität und Gesundheit sieht Manfred Schmidt von der AIDS-Hilfe Nürnberg-Erlangen-Fürth e.V. einen Rückschritt: „Einerseits hat sich die Gesellschaft mehrheitlich von den rigiden Normen der 50er gelöst […], andererseits unterliegt das Tun beim Sex immer noch engen Moralvorstellungen […]. Über sein persönliches Sexualleben spricht man eher nicht. Das Tun bleibt eher geheimnisvoll, privat, verrucht, phantasiebehaftet.“

Das wollen die Aussteller ändern, indem sie zeigen, wie man sich vor STI schützen kann und dabei nicht den Spaß an der Sache verliert. Sie wollen STI sprachfähig machen, die auch heute noch für viele Menschen ein Tabuthema darstellen. Dabei arbeiten sie eng mit regionalen Beratungsstellen zusammen, die die Arbeit nach der Ausstellung fortführen werden.

2Auch Studierende der FAU haben sich an der Erlebnisausstellung beteiligt. Die AG „Mit Sicherheit Verliebt“, die sich hauptsächlich aus Medizinstudenten zusammensetzt, leistet normalerweise Aufklärungsarbeit in Schulen. Für die „Große Freiheit“ haben sie die Figur der Erlanger Schülerin „Johanna“ ins Leben gerufen, die man in der Ausstellung auf den Berg begleitet. Ihr Besuch bleibt natürlich nicht ohne Folgen.

Eva Weber von „Mit Sicherheit Verliebt“ sieht noch viel Potential für Aufklärung – auch unter Studierenden: „Selbst wir Medizinstudenten stellen irgendwann im Laufe des Studiums fest, dass wir vieles nicht wussten – und wir sind ja eigentlich die, die am meisten wissen sollten.“

Wo also hin, wenn man den Verdacht hat, eine STI zu haben? Erste Anlaufstelle für anonyme Beratung und Testungen sind bundesweit die Gesundheitsämter. Hier in Erlangen ist es das Gesundheitsamt Erlangen-Höchstadt. Außerdem gibt es Beratungsstellen, wie die AIDS-Hilfe Nürnberg-Erlangen-Fürth e.V. und die Stadtmission Nürnberg e.V. mit der AIDS-Beratung Mittelfranken, an die man sich wenden kann. Außerdem bietet zum Beispiel die BZgA eine anonyme Online- und Telefonberatung an. Weitere Optionen sind Hautärzte, Frauenärzte, Urologen und der Hausarzt. Übrigens: Für junge Frauen unter 25 Jahren ist der Chlamydien-Test kostenlos.

Wer es gar nicht so weit kommen lassen will, oder bei dem Regenwetter nichts mit sich anzufangen weiß, sollte bis Samstag bei der „Großen Freiheit“ auf dem Schlossplatz vorbeischauen. Vor allem in Begleitung ist die Ausstellung wirklich unterhaltsam und bietet Gelegenheit, sich unkompliziert über STI zu informieren.

Die kostenlose Ausstellung ist noch bis Samstag, den 29. Oktober, täglich von 9:00 Uhr bis 20:00 Uhr auf dem Erlanger Schlossplatz zu sehen. Gruppen können sich unter der Nummer 0160/7000700 anmelden.

Am Donnerstag, den 27. Oktober, um 18:00 Uhr liest Matthias Gerschwitz aus seinem Buch „Endlich mal was Positives“ in den Räumen der Ausstellung. Er berichtet darin aus seinem Leben mit der Diagnose HIV-positiv. Der Eintritt ist frei.

Text: Ina Brechenmacher