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Drama um StudOn – kurz erklärt

Rubrik: Hochschule

Autorin: Hannah Liesenfeld

Erstausstrahlung: 19.12.2016

 

Entwarnung: Ab Januar müssen doch nicht alle digitalen Lehrtexte von StudOn gelöscht werden. Der Streit zwischen den Hochschulen und der VG-Wort (Verwertungsgesellschaft Wort) hat sich erst einmal gelegt.

Doch noch einmal von vorne.

Texte, die im Intranet der Hochschulen für Studierende zur Verfügung gestellt werden, fallen unter das Urheberrecht. Die dabei anfallenden Kosten wurden von den Ländern als Pauschale an die VG-Wort gezahlt, die stellvertretend für Autoren und Verlage das Geld einsammelt. Diese Pauschalabgabe hat der Bundesgerichtshof 2013, im Interesse der VG-Wort, für unrechtmäßig erklärt. Eine Einzelfallvergütung sollte eingeführt werden.

Daraufhin handelten die Kultusministerkonferenz (Länder) und die VG Wort einen neuen Vertrag aus – die Universitäten wurden nicht miteinbezogen. Danach sollte laut Spiegel Online pro Student und pro Textseite und Semester 0,008 Euro abgerechnet werden und an die VG-Wort überwiesen werden. Die Einzelerfassung dieser Summe sollten die Lehrenden übernehmen.

Als diese Entscheidung schließlich zu den Universitäten durchdrang, war der Schock groß.

Dazu FAU-Vizepräsident für Lehre, Prof. Dr. Paulsen, letzten Dienstag im Interview mit funklust: „Hier wird jetzt einfach eine Arbeit abgewälzt auf die Lehrenden, ohne dass die Universität irgendwas davon hat.“ Auch ein Pilotprojekt an der Universität Osnabrück hat gezeigt, dass diese Erfassung einen untragbaren Mehraufwand für die Lehrenden bedeutet.

Daraufhin haben fast alle Hochschule in Deutschland beschlossen, dem laut ihnen „inakzeptablen“ Vertrag nicht zuzustimmen und so ein politisches Zeichen zu setzen, was Paulsen im Interview mit einem Streik bei der Lufthansa verglich. Denn dieser Fall kann als Präzedenzfall gesehen werden. Denkbar wäre, dass bei einer Durchsetzung der Einzelfallvergütung die VG Bild und VG Film nachziehen.

Laut Philipp Huber von der Studierendenvertretung hätte man sich besser auf diesen Fall einstellen müssen: „Man hätte von allen Seiten mehr kommunizieren müssen, was diese Umsetzung tatsächlich bedeutet und zumindest eine grobe Roadmap anlegen sollen.“

Professoren haben daraufhin bereits Lehrtexte aus StudOn genommen, Studierende sind der Empfehlung der Unileitung gefolgt und haben die Texte für den Rest des Semesters gehamstert. Auch im Internet hat sich Protest in Form einer Petition formiert, die nun fast 90.000 Unterstützer hat.

Dann: Entwarnung!

Jetzt läuft die Pauschalvergütung als Übergangslösung bis Ende September 2017 weiter, was durchaus auch im Interesse der VG Wort steht. Diese würden ohne die Texte auf den Lernplattformen einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen einbüßen. Bis Herbst 2017 soll dann eine endgültige Lösung gefunden werden.

Die Lehrenden und Studierenden dürften also erstmal aufatmen. Trotzdem sollte man die weiteren Verhandlungen im Blick behalten. Die Einzelfallvergütung in ihrer bisherigen Form würde einen ungeheuren bürokratischen Mehraufwand nach sich ziehen – auf Kosten der Lehre, der Digitalisierung, der Studierenden und Lehrenden.

Ina Brechenmacher

 

Bild: FAU/David Hartfiel