Das weltweit größte Event für Computer- und Videospiele, die Gamescom, findet jedes Jahr im August auf dem Kölner Messegelände statt und auch dieses Jahr zog es 350’000 Besucher in die Stadt am Rhein, um sich die neusten Trends anzuschauen.
Zum ersten Mal eröffnete Bundeskanzlerin Angela Merkel die Messe für digitale Spielekultur. Die Kanzlerin sprach bei ihrer Eröffnungsrede über Spielen im Allgemeinen, den Gaming-Standort Deutschland, die Wirkung von Gewaltspielen, medienpädagogische Aspekte, die mit digitalem Lernen einhergehen und das große Stichwort Digitalisierung.
Ausschnitte aus der Eröffnungsrede von Bundeskanzlerin Angela Merkel
Angela Merkels Rede war, wie zu erwarten, nicht sehr überraschend oder spannend. Sie lobte die Wirtschaftlichkeit der Branche und sprach mehr von dem Aspekt Bildung als vom Spaß am Spielen und pries das an, was die Bundesregierung in nächster Zeit so vorhat. Na, man darf gespannt sein, ob es bald in ganz Deutschland Breitbandinternet, gute Förderung für Spieleentwickler und Weiterbildungen für den Lehrkörper in Punkto digitale Medien gibt.
Die Spiele 2017
Nun aber zu den Themen, die uns wirklich interessieren, nämlich die Games 2017.
Bunt, bunter, Nintendo
Nintendo ist jedes Jahr ein fester Bestandteil im Bereich Videospiele. Mit ihren generationenübergreifenden Angebot gehören sie zur Messe wie das Anstehen in der Schlange. Dieses Jahr lag ihr Fokus vor allem auf neuen Titeln für ihre Handheld-Konsole, der Nintendo Switch. Das Fantasy-Rollenspiel Skyrim kann man jetzt in HD-Grafik auf dem portablen Gerät spielen. Auch ein neuer Titel, der gleich fünf Preise auf der Messe absahnte, u.a. den best of gamescom award, zeigt, dass es Nintendo nach all den Jahren immer noch schafft, Inovation zu bringen. Die Rede ist von Super Mario Odyssey. Es ist diesmal nicht nur Mario, der durch die bunte 3D-Welt hüpft, sondern er nutzt außerdem seine Mütze Cappy, um Gegner unschädlich zu machen oder diese sogar zu kontrollieren.
Der Globalplayer aus Japan hat aber nicht nur neue Spiele, sondern auch eine neue-alte Konsole im Gepäck. Die SNES mini. Der Retro-Zwerg kommt mit 21 vorinstallierten Spielen in die heimischen Wohnzimmer und sorgt, wie schon die NES classic mini im Jahr zuvor, für ein Nostalgie-Gefühl.
Silja Gülicher über die Highlights von Nintendo
Digitales Kräftemessen im Esports
Der Bereich Esports, der Sport der digitalen Generation, wird von Jahr zu Jahr größer. Auch auf der Messe selbst gab es diverse Esport-Events. Ralf Reichert von der ESL, der Electronic Sports League,stellte sich diversen Fragen zur europäischen Esports-Community.
Was mich mehr hinter dem Ofen hervor holt als jeder AAA-Titel, jedes neue Need for Speed oder Fifa sind Indie-Spiele. Und auch diese waren auf der Gamescom vertreten.
Hipsterei bevor man die Zeit zurückdrehen konnte – Life is Strange: Before the Storm
Einen Überraschungserfolg ladete im Jahr 2015 das Studio Donots mit Life is Strange. Dieses Jahr stellte der Publisher Square Enix das Prequel Life is Strange: Before the Storm vor. Die Story spielt drei Jahre vor den Ereignissen von Life is Strange und die Spieler kontrollieren die 16-jährige Chloe Price, die auf der Suche nach ihrem Platz im Leben ist.
Sie freundet sich mit Rachel Amber, einer populären Schülerin der Blackwell Academy, an und diese Freundschaft hilft beiden Heranwachsenden, sich ihren inneren Dämonen zu stellen. Das Besondere an Life is Strange war die Möglichkeit, die Zeit zurückzudrehen und jede Entscheidung neu zu treffen. Im Prequel wird es das nicht geben, dafür aber das sogenannte Backtalk, in dem Chloe die Aussagen der anderen Figuren im Spiel für sich nutzt. Dontnod war mit der Entwicklung von Life is Strange 2 beschäftigt und deshalb kümmerte sich Deck Nine um das aktuelle Spiel. Life is Strange: Before the Storm ist in drei Episoden aufgeteilt. Teil eins erscheint bereits am 31.08.2017 auf Xbox One, PS4 und PC.
Ich habe mit Alejandro Gallardo, Game Designer bei Square Enix, gesprochen und ihm ein paar Fragen zum neuen Spiel gestellt.
Auch Deutschland hat seine eigene Indie-Schmiede. Die Rede ist von Daedalic Entertainment aus Hamburg. Bekannt wurde das Entwicklerstudio durch die Point-and-Click-Adventure-Reihe Deponia. Dieses Jahr waren sie mit zwei Spielen vertreten: Pillars of the Earth – Sowing the Wind und AER – Memories of Old.
Atmosphäre satt: Pillars of the Earth
Im zweiten Teil des Point-and-Click-Adventures kann man in die Haut von Jack, Aliena und Phillip im England des 12. Jahrhunderts schlüpfen. Auf der Gamescom 2017 konnte man ein Kapitel anspielen, in dem es sich um Aliena, die Tochter des Grafen, dreht. Ihre Vorgeschichte ist jedoch alles andere als gehoben. Ihr Vater wurde des Hochverrats angeklagt, in den Kerker geworfen und dort umgebracht. Da sie William, den Widerling der Reihe, nicht ehelichen wollte, fristet sie nun ein klägliches Dasein im Schloß ihres Vaters.
Autor Matthias Kempke hat mit mir über Adventure-Games im Allgemeinen und die Entstehung des Spiels im Besonderen gesprochen.
Das Spiel, das als interaktiver Roman bezeichnet werden kann, setzt eher auf Stimmung, Gefühl und Geschichte als auf schwierige Rätsel. Anspruchsvolle Knobler werden von Säulen der Erde eher enttäuscht sein, wer aber düstere Atmosphäre schätzt, der sollte sich das Spiel mal anschauen. Pillars of the Earth – Sowing the Wind erscheint im Dezember diesen Jahres.
Kubismus, Verwandlung und Götter : einmal wie ein Vogel fliegen in AER
Einmal fliegen wie ein Vogel? In AER – Memories of Old vom schwedischen Entwicklerstudio Forgotten Key ist das kein Problem. Im mystischen und zugleich minimalistischen Adventure bewegt man sich als der Charakter Auk entweder in Menschen- oder Vogelgestalt durch eine Landschaft voll fliegender Inseln. Zur Handlung des Spiels gibt es gar nicht so viel zu sagen, weil ich mich beim Anspielen frei wie ein Vogel durch die Umgebung bewegt und alle möglichen Ecken der Welt erkundet habe. Für Fans von atmosphärisch schönen Welten wie Journey oder Flower kann ich das Spiel auf jeden Fall empfehlen. Da es eine explizite Handlung hat, die durch Dialoge fortgeführt wird, gefällt es mir sogar noch besser. AER – Memories of Old erscheint am 25. Oktober.
Robin Hjelte, Game director von AER, plauderte auf der Messe ein wenig mit mir über das Spiel, das eigentlich als Studienarbeit angefangen hat.
Virtuelles Fantasy-Football: Breakaway
Mit Amazon Game Studios betritt einer der größten Konzerne der Welt die Gameingbranche. Mit ihrem Titel Breakaway wollen sie nicht nur ein Spiel auf den Markt bringen, sondern auch den Sport zurück in Esports bringen. Man spielt online 4v4 und versucht einen Ball in das Tor der Gegner zu bringen. Im Prinzip wie American Football in einer Fantasy-Umgebung. Das Spiel befindet sich momentan noch in der Alpha und ist jedes Wochenende, zwischen Donnerstag und Samstag, für die Spieler freigegeben. Da Amazon mit Amazon Game Studios nicht nur Spiele produziert, sondern auch mit der, mittlerweile hauseigenen, Streamingplattform twitch direkt streamen kann, war es nur eine Frage der Zeit, bis ein esports-taugliches Spiel aus der Maschine springt. Matt Priest, Executive Producer von Breakaway, hat mir verraten, was sie mit dem Spiel so vorhaben.
Reales Mittelalterszenario ohne stupides Questen: Kingdom Come Deliverance
Den Preis für bestes PC-Game hat das Mittelalter-RPG mit dem schier endlosen Namen Kingdom Come Deliverance gewonnen. Das Spiel ist, laut den Entwicklern, das bis dato einzige Mittelalter-Rollenspiel, das ohne Fantasy-Elemente auskommt und vor allem auf Realismus setzt. Es basiert auf echten Ereignissen, real existierenden Orten und Personen. Was das Spiel außerdem besonders macht: es gibt viele verschiedene Möglichkeiten eine Quest abzuschließen und will damit endlich raus aus der endlos gleichen Quest-Schleife alá Skyrim. Je nach dem, wie viel Zeit mensch sich beim questen nimmt und auf welchem Weg man die Aufgaben erledigt, ändert sich auch der Verlauf. Kingdom Come Deliverance wartet außerdem nicht auf dich.
Wie die Idee zum realistischen Game kam, berichtet Gamedesigner Dan Vávra im Interview.
Was soll denn das – Résumé zur Gamescom 2017
Klar ist, dass Events wie die Gamescom sehr viel Spaß machen, dass mensch neue Spiele, neue Leute, neue Dinge kennenlernt. Die Gamescom 2017 war aber bei Weitem nicht die beste Messe in meinem Gamerleben. Spaß macht es aber trotzdem und vor allem ganz viel Lust auf das Spielejahr 2017/2018. Manchmal, so wie in diesem Jahr, sucht man gute Spiele in einem Heuhaufen von Lautstärke, Menschenmassen und Publishern. Nichtsdestotrotz ist die Gamescom immer eine Reise wert, obwohl mensch sich an mancher Stelle mal fragt „Was soll denn das?!“