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Hinter den Mauern der Universitätsbibliothek

In die Hauptbibliothek in Erlangen kann man sich jedes ausleihbare Buch hinliefern lassen. In den Teilbibliotheken findet man spezielle Bücher für die einzelnen Fachbereiche. Wenn man ein Buch nicht rechtzeitig zurückbringt, bezahlt man eine Strafgebühr. Das sind Dinge, die wir alle über die Universitätsbibliothek der FAU wissen. Aber hinter den altehrwürdigen Mauern der alten Bibliothek gibt es noch viel mehr zu entdecken und zu erfahren. Dort habe ich mich mit Gisela Glaeser getroffen, die als Öffentlichkeitsreferentin für die UB arbeitet.

Nicht nur Literatur für Studierende

Foucault, Shakespeare, Darwin – diese Klassiker sind zusammen mit unzähligen weiteren Fachautoren in der UB zu finden. Aber unsere Bibliothek beheimatet nicht nur Literatur für Universitätsangehörige. „Als Regionalbibliothek bekommen wir auch von allen Verlagen aus der Region ein Exemplar von jedem Buch zugeschickt“, so Frau Glaeser. Und das sind nicht wenige: Der Tessloff-Verlag in Nürnberg produziert die bekannten „Was ist Was“-Bücher, der Michael-Müller-Verlag in Erlangen hat Reiseführer im Angebot. Auch die kann man im Opac finden und ausleihen. In Erlangen gab es auch einen Erotikbuchverlag, dessen Bücher selbstverständlich auch in der UB aufbewahrt werden. Diese sind allerdings nicht bestellbar und stehen in einem speziellen Raum im Magazin hinter verschlossenen Türen. „Wer ein Forschungsinteresse daran hat, muss einen Antrag stellen.“ Frau Glaeser hat leider keinen Schlüssel zu dem Raum…

Unterirdische Gänge

Die alte Universitätsbibliothek in der Schuhstraße sieht von außen uralt aus. Tatsächlich wurde sie aber erst Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut. Vorher lagerten die Bücher im Schloss. Das Gebäude besteht aus einem repräsentativen Teil – dazu gehören der Haupteingang und der vordere Bereich mit Büros und Lesesälen – und der Magazinteil – dort wurden und werden die Bücher gelagert. Beide Teile des Bibliotheksgebäudes stehen seit 1972 unter Denkmalschutz. In den 60er Jahren wurde der Platz zu eng und ein Neubau musste her. Dieser entstand genau gegenüber. Um die Bücher nicht jedes Mal über die Straße tragen zu müssen, wurde ein unterirdisches Transportsystem angelegt, das die Bücherkisten unter der Straße von einem Gebäude ins andere bringt. Gerüchte, dass es noch mehr geheime Gänge der Bibliothek im Untergrund von Erlangen gibt, konnte Frau Glaeser nicht bestätigen.

Die Schätze der Unibib

Im alten Bibliotheksgebäude lagern einige Schätze der UB. Dazu gehören Handschriften, die bis zu tausend Jahre alt sind, und die sogenannten Inkunabeln oder auch Wiegendrucke. Diese sind die Druckwerke, die in der ersten 50 Jahren nach der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern von Johannes Gutenberg entstanden sind. Auch alte Globen zieren die Lesesäle, denn Nürnberg war im 15. und 16. Jahrhundert das erste große Zentrum der Globenherstellung. Auch die graphische Sammlung der Markgrafen von Ansbach aus dem 14. und 15. Jahrhundert ging in den Besitz der UB über. Dazu gehören Zeichnungen und Drucke. Um diese Schätze ansehen oder sogar anfassen zu können, bedarf es einer gesonderten Anmeldung. Alle Bücher, die nach 1500 erschienen sind, stehen in der Regel ganz normal im offenen Magazin. Was vor 1800 erschien, kann aber nur im Lesesaal unter Aufsicht benutzt werden. Die weißen Handschuhe, die man vorher lange anziehen musste, um alte Bücher nutzen zu können, gibt es in den meisten Fällen nicht mehr. Sie erschweren das Tastgefühl, weswegen die Seiten schneller beschädigt werden können. Ganz wichtig ist deshalb aber: vor und nach der Benutzung Hände waschen!

Was weg ist, ist weg

In der Geschichte der Universitätsbibliothek gab es zwei große Diebstahlserien. In den 1960er und in den 1990er Jahren wurden viele alte und wertvolle Bücher aus dem Bestand des alten Bibliotheksgebäudes entwendet. Aus manchen Büchern haben die Diebe auch nur die wertvollsten Seiten, beispielsweise mit Pflanzenzeichnungen, ausgeschnitten. Der UB entstand dabei ein beträchtlicher Schaden. Seit der Einführung des digitalen Bestellsystems lässt sich der Aufenthaltsort der Bücher besser zurückverfolgen. Und: Im Lesesaal der Hauptbibliothek sind die Bücher elektronisch gesichert. “Das funktioniert so wie mit den Kleidungsstücken in Kaufhäusern. Es gibt Alarmgates und da piepst es dann ziemlich auffällig.” Trotzdem verschwinden gerade auch in den Teilbibliotheken immer wieder Bücher. Die meisten werden allerdings nur verschusselt oder landen in den Papierwusten von Professoren, in denen sie auf unbestimmte Zeit verschwinden. Das allgemeine Gerücht, dass vor allem bei Theologen und Juristen viele Bücher verschwinden, hat übrigens einen wahren Kern. 😉

Ein großes Problem der UB ist der Platz. Noch für 3 Jahre reicht der im Magazin aus. Deshalb sind die Mitarbeitenden fieberhaft dabei, auszusortieren. Gibt es auch eine elektronische Ausgabe? Wenn ja, fliegen die Bücher raus. So entstehen immer wieder einige Meter Platz im Regal. Alles, was vor 1850 erschien, gilt allerdings als kulturelles Erbe und bleibt erhalten. Wie es weitergeht, wenn kein Buch mehr ins Regal passt, ist selbst für Gisela Glaeser noch ein großes Fragezeichen.

Rubrik: Hochschule
Autorin: Julia Riese
Erstausstrahlung: 29.01.2018