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Album der Woche KW 39: Desire – Bob Moses

Die Spannung und Vorfreude der Fans waren unermesslich. Das lange Warten hat nun endlich ein Ende. Denn vor knapp einem Monat erschien das neue Album der kanadischen Band Bob Moses: Desire. Das Konzeptalbum erzählt eine Liebesgeschichte über das digitale Zeitalter. Wir alle entwickeln uns durch die bahnbrechend neuen Technologien unserer Zeit weiter lernen dadurch auch uns der Welt anders zu präsentieren. Und eben diese positiven aber auch negative gesellschaftlichen Entwicklungen behandelt das Album.

Die sehr tiefgründige EDM-Platte mit einer starken Message ist ein wunderbar ergreifendes und äußerst eingängiges Projekt des lyrisch fokussierten House-Duos. Jimmy Vallance sagt selber über das Album: “Begehren kann ziemlich destruktiv werden, wenn man sich seiner selbst nicht bewusst ist. Mit diesem Album versuchen wir, uns unserer selbst bewusst zu werden, indem wir unsere eigenen Wünsche betrachten und mit ihnen abrechnen.” Mit dieser thematischen Tendenz kreierten Bob Moses einen elektronischen Dreamsound mit epischen Modulationen und hypnotisierenden Basslines. Ähnlich dem Berliner Musikproduzent Fritz Kalkbrenner, jeder kennt ihn vom Ära-definierenden Technotrack Sky and Sand, sind das vor allem chillige Housebeats und soulig-verträumter Gesang. Und dank dem leicht trancigen Stil ist auch Desire sehr angenehm anzuhören.
Insgesamt ist Desire ein tiefes und überaus grooviges House-Album. Und obwohl es nicht besonders abenteuerlich ist, werden Clubber und Gelegenheits-Elektro-Fans gleichermaßen hypnotisiert. Der erste Song aus dem Album, Love We Found, ist überraschend verletzlich, voller atemberaubender Harmonien und emotionalem Gesang. Dieser Stil zieht sich fast durch das gesamte Album. Wobei besonders der gleichnamige Titeltrack mit seinen organischen Gitarrenriffes und romantischen Piano-Phrasen unverschämt eingängig, aber auch düster, nachdenklich und inhaltlich ist. Hochinteressant und eine absolute Empfehlung ist da auch das interaktive Musikvideo.

Dort hat man die Möglichkeit zwischen Lust und Schmerz zu wechseln. Praktisch zwei perspektivistisch Welten der Begierde werden hier verschieden visualisiert. Wie zeitlos doch die Geschichten über das Begehren sind zeigt auch das mysteriöse Albumcover. Die Idee vom fallenden Mann ist inspiriert von der Saga um Ikarus, der zu nah an der Sonne fliegt und in den Tod stürzt. Das bedeutet für uns: begehren wir zu viel, reist uns das unweigerlich in den Untergang. Jeder Missgriff ist aber auch eine Chance, sich zu bessern. Dies zeigt der Song The Blame, in welchem Das lyrische Ich über Fehltritte in einer Beziehung nachdenkt. Also ein schönes thematisches Gegenstück zum Eröffnungs-Track. Zum erschreckend schönen Riff gesellen sich hier gespenstische Synthesizer, eine kraftvolle E-Gitarre und treibende Percussions. Auch beim Rest wummern chillige House-Trance-Passagen und fette Beats angenehm warm um Herz und Ohren.

Die Veröffentlichung von Desire haben Tom Howie und Jimmy Vallance während eines Live-Streams gefeiert und dazu über twitch ein exklusives Live-Set für Inside Lands gesendet. Und stellt Ihr auf Spotify den Fader auf drei Sekunden und spielt das Album Track für Track ohne Shuffle ab, sind die Übergänge nahtlos und vermitteln Euch den effektvollen Eindruck als würdet Ihr ein lässiges Live-DJ-Set in einer angesagten Rooftop-Bar mit Blick über die gesamte Skyline hören. Während auf dem Bartresen langsam das Glas mit einem kühlen Banana Pistada leer wird und eine frische Brise um die Ohren weht, denkt Ihr über das Leben und die Liebe nach. Das ist das neue Album von Bob Moses.

Autor: Sebastian Schroth