Am 16. Oktober erschien das neue Album “S16” von Woodkid. Ein knappes Jahrzehnt ist seit dem Debütalbum “The Golden Age” vergangen. Nun meldet sich der Franzose nach sieben Jahren Pause mit einer einfühlsamen Dramatik zurück.
Woodkid – Da war doch was! Wer war das doch gleich? Woodkid ist das Alter Ego des französischen Sängers und Komponisten Yoann Lemoine, einem Multitalent aus Lyon, der nur ein einziges Album brauchte um sich als globale Marke zu etablieren: “The Golden Age” aus dem Jahr 2013. Kurz davor brachte er 2011 seine erste EP namens “Iron” heraus, die zusammen mit “Run Boy Run” und “I Love You” eine einzigartige Single-Trilogie bildet. “Run Boy Run” wurde in diversen TV-Spots, Fernsehsendungen usw verwendet. Nun sind also ein paar Jahre ins Land gegangen in denen Woodkid aber nicht ganz untätig war: Denn in der Zwischenzeit hat er auch gemeinsame Projekte mit Filmgrößen und Modeschöpfern gestartet und auch mit etlichen Superschwergewichten der internationalen Popwelt zusammengearbeitet.
Das neue Album “S16” hat einen für Woodkid ungewohnt kryptischen Titel. Was hat es damit auf sich? Wirft man einen Blick auf das Periodensystem werden wir schnell sehen worauf sich der Albumtitel bezieht. Das Elementsymbol S und die Ordnungszahl 16 stehen für Schwefel, welches für jedes organische Leben auf diesem Planeten überlebensnotwendig ist. Jedoch kann es in zu hohen Konzentrationen toxisch und somit gefährlich werden. Dieser Gegensatz zwischen Zerstörung und Leben ist die Grundlage von “S16”. Woodkid hinterfragt alles Stoffliche und unseren verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Heraus kam ein futuristisches Artwork mit rasanten Verfolgungsjagden durch dystopische Horrorszenarien.
Der erste Track “Goliath” befasst sich mit der Frage nach unserer eigenen Verantwortung in der Gesellschaft und ist auch musikalisch ein saftiger Einstieg in das Album. Lemoines unverkennbare Gesangsstimme transportiert viel Wärme und Beruhigendes und die unkonventionellen Hip-Hop-Beats werden mit krachender Orchestermusik zu etwas Neuem kombiniert. Woodkid erschafft sein eigenes Universum aus symphonischen Weiten und dystopischen Indie-Pop. Durch diese Sprengung von Genregrenzen bildet er eine eigene Nische in der Musikwelt.
Woodkid ist ein Mahner ohne erhobenen Zeigefinger ist, der in “S16” zu kollektiver und individueller Verantwortung aufruft. Wir müssen uns eine neue Welt denken, weil die alte kurz vor dem Kollaps steht. Es ist ein sehr ernstes Album, bei dem die düsteren Texte mit den scheppernden Kompositionen bestens funktionieren. Da wirken sogar Kontraste wie ein Kinderchor im Track “Reactor” keineswegs übermäßig kitschig oder pathetisch, weil diese Elemente ohnehin Markenzeichen des Musikers sind. Klagende Streicherklänge legen einen cineastischen Klangteppich aus und werden von dumpfen Bässen begleitet. “Pale Yellow” handelt vom inneren Kampf gegen die Sucht, wohingegen “In Your Likeness” behutsam eine Liebe beschreibt, die nicht zusammenpassen will, egal wie stark sie doch zu spüren ist. Der letzte Track “Horizons Into Battlegrounds” gleicht einer wunderschön schwermütigen Ballade, die allein auf die klangliche Reduktion auf ein eindringliches Klavierspiel setzt.
Autor: Sebastian Schroth