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Album der Woche KW 50: Anagnorisis – Asaf Avidan

 Credit: Paolo Santambrogio

Für mich persönlich gehört Asaf Avidan zu den Künstlern, von denen ich noch nie irgendetwas richtig gehört habe. Gehört habe ich ihn nur durch diesen einen Party Remix mit the Mojos auf dem Song „One Day“. Doch beim Hören des Liedes habe ich mich tatsächlich sofort in den Bann gezogen gefühlt. Das ist insofern erstaunlich für mich, da ich normalerweise keine Lieder höre, in denen der Sänger in deutlich höheren Tonlagen als normal unterwegs ist.

Sein Album handelt von der menschlichen Existenz, die oft facettenreich und undurchsichtig ist. Für ihn sei das menschliche Verhalten oft verwirrend und unberechenbar gewesen. Ziemlich große Themen, wie ich finde. Sein 40. Geburtstag hat halt an der Tür geklingelt, ebenfalls nahm er sich ein Jahr Pause von der aktiven Musik. Das Album ist auch ein Anlass über sein Schaffen zu reflektieren.

Naja, während des Hörens seiner Lieder aber bekam ich langsam eine Vorstellung davon, wie er seine Thematik rüberbringen wollte. Seine Lieder beinhalten irgendwie eine Grund-Melancholie. Von dieser Grundstimmung aus aber spalten sich hier wiederum in verschiedene Stimmungen weiter auf. 

Das Lied „Indifferent Skies“ zum Beispiel. Der Sound und der Text muten ziemlich hoffnungsvoll an. Obwohl es im Grunde genommen darum geht, dass er seinen Handabdruck am Himmel zu hinterlassen. Auch hier versucht Asaf wohl etwas Tröstliches inmitten des existenziellen Chaos finden zu wollen, und das auch abzubilden.

Die Lieder des Albums haben oft auch einen schmerzvollen Hintergrund. Davon handelt sein Lied „Lost Horse“, dass aus der Trauer nach seinem verunglückten Pferd her inspiriert. Jenes stürzte nämlich über eine Klippe ins Meer, als es von einem Wolfsrudel gejagt wurde. Leider wurde nie der Überrest wiedergefunden.

Musikalisch gesehen hat mich zum Beispiel das Lied “I see Her, don´t be afraid” an die Melodie des damaligen 1960er-Hit „San Francisco“ erinnert. Eigentlich auch friedliche Vibes die verbreitet werden. Es ist erstaunlich, dass alle Stimmen im Album vom Künstler selbst eingesprochen worden sind. Als ob er versucht hat, sich selbst seelisch aufzuspalten und ein Kaleidoskop des Selbst zu erschaffen.

Der Künstler versucht auch gar nicht, alles hoffnungslos zu sehen. Dennoch interpretiert er wohl die Realität des Lebens als etwas an, das am Ende einem etwas wieder wegnimmt. Je schöner dieses Etwas war, ob Liebe, Sicherheit, Gewissheit, desto schmerzlicher für denjenigen. Wenigstens bleibt die Erinnerung. 

Abschließend kann ich wohl sagen, dass ich angenehm überrascht vom Album war. Ich hätte nicht gedacht, dass mir der hochtönige Stil so gefallen könnte. Daraus wird zwar für mich kein musikalischer U-Turn werden. Aber ich werde wohl mir ein, zwei Alben mehr in die Richtung reinziehen wollen.

Autor: Tugsbayar Batbayar