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Rezension: Ein verheißenes Land – Barack Obama

Quelle: randomhouse

Vermutlich kein anderes politisches Thema wird aktuell mehr diskutiert als die Vereidigung und ersten Amtshandlungen des 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Am 20.01.2021 war es nach turbulenten vier Jahren und man mag meinen nach einem negativen Höhepunkt – dem Sturm auf das Kapitol – an der Zeit für einen Machtwechsel. Doch der neue Präsident, Joe Biden, ist für die meisten Menschen gar nicht so unbekannt. Er war während der Amtszeit von Barack Obama Vizepräsident. Wie passend also, dass der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vor rund zwei Monaten seine Biographie veröffentlicht hat. Damit gewährte er Lesenden unter anderem auch die Möglichkeit, Joe Biden besser kennen zu lernen. Folglich soll es aber weniger um ihn, als vielmehr um Barack Obamas Memoiren gehen: “Ein verheißenes Land”, im Original “A Promised Land”. 

“Ein verheißenes Land” ist am 17. November 2020 erschienen. Auf dem Buchcover ist Obama mit einem ansteckenden Grinsen zu sehen. Das Buch ist in sechs Abschnitte aufgeteilt und weist eine Länge von 1024 Seiten auf. 

Barack Hussein Obama ist ein US-amerikanischer Politiker der demokratischen Partei und war von 2009 bis 2017 der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Doch eigentlich ist eine Vorstellung gar unnötig, denn so gut wie jeder kennt ihn. Es gibt einige Fragen, die werden immer wieder gestellt und so gut wie nie beantwortet: Wie werde ich eigentlich US-Präsident? Was bedeutet Demokratie wirklich? Wie hart ist der Job eines US-Präsidenten? Was machen Präsidenten so in ihrer Freizeit? Wie bereiten sie sich auf ihre Reden vor? Werden sie die Welt verändern können? Was geht dem mächtigsten Mann der Welt eigentlich durch den Kopf wenn er abends zu Bett geht und am nächsten Tag wieder aufsteht? Wer solche und viele weitere Fragen hat, dem kann ich durchaus die Biographie vom ehemaligen US-Präsidenten empfehlen. 

Der zutiefst spannende und zugleich sehr persönliche Roman ist geprägt von Selbstkritik, Zweifeln, Mut und Erfolgen. Obama nimmt die Leser und Leserinnen mit auf eine lehrreiche Reise. Er erzählt den Lesenden von seiner Kindheit und Jugend, der Suche nach seiner Identität und der Liebe zu seiner Frau Michelle und seinen zwei Töchtern Malia und Sasha. Er berichtet uns von seinem Werdegang, von seinem Studium an der Harvard Law School, seinem Job als Community Organizer in Chicago, seinem Senatswahlkampf, seiner Kandidatur zum US Präsidenten und schließlich von seinen

Ereignissen in seiner ersten Amtszeit. Auf dieser turbulenten Reise stachen einige Erlebnisse besonders hervor: Für einen Gänsehautmoment sorgte der vierte November im Jahr 2008, als Obama neben seiner Schwiegermutter sitzt, plötzlich eine Aufnahme seines Gesichts auf dem Fernsehbildschirm eingeblendet wird und ABC News bekannt gibt, dass zum allerersten Mal in der Weltgeschichte ein Afroamerikaner das höchste Staatsamt antreten wird. Auch was es mit dem Buchtitel auf sich hat, verdeutlicht er nicht allzu selten. Mit welchen Worten kann man eine Wahlkampagne schließen, mit der Absicht die Herzen zahlreicher Bürger zu berühren?

“Und unter ihnen hier gibt es viele stille Heldinnen und Helden – Mütter und Väter, Großeltern, die hart gearbeitet und ihr ganzes Leben geopfert haben. Und was ist der Lohn dafür? Sie sehen, dass Ihre Kinder und vielleicht auch Ihre Enkelkinder und Urenkel ein besseres Leben führen als Sie selbst. Das ist das Versprechen Amerikas. Dafür kämpfen wir”.

Obama berichtet über Ereignisse im Oval Office, dem Situation Room, der Air Force One und erzählt wie das Leben im weißen Haus ihn und seine Familie geprägt hat. Er nimmt die Lesenden mit zum G20 Gipfel, berichtet uns unter anderem von seinen ersten Eindrücken unserer scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem ehemaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, dem türkischen Präsidenten, dem ehemaligen russischen Staatspräsidenten, Dmitri Medwedew und dem heutigen Wladimir Putin. 

Doch er scheut nicht, auch von seinen Enttäuschungen und Niederlagen zu berichten. Seine Zweifel zu den Entscheidungen, die er fällen musste, um die andauernde Weltwirtschaftskrise zu bewältigen und Millionen von Menschen vor Hunger und Armut so gut es geht zu schützen. Er beschreibt seine Reaktion auf den Friedensnobelpreis, die Hindernisse zur Verabschiedung einer Gesundheitsreform, die Reform der Wall Street, der Versuch den Irak und Afghanistankrieg zu einem Ende zu bringen und die hohe Niederlage für die Demokraten bei den der Midterm Wahlen im Jahr 2010. Auch die verheerende Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko, die durch den Blowout der Deepwater Horizon zustande kam, ist Thema der langen Reise. 

Auch die noch immer anhaltenden Spannungen zwischen den Demokraten und Republikanern werden von Obama genauer erläutert. Oftmals wird das politische System der USA in Frage gestellt. Wie konnte es soweit kommen, dass die Demokratische und Republikanische Partei keine Einheit zur Stärkung bilden, sondern ganz im Gegenteil auf Konkurrenzkampf und

Machtgewinn ausgerichtet sind? Obama verdeutlicht diesen Ansatz mit dem Beispiel der unterschiedlichen Mentalität im Hinblick auf die Chancengleichheit. Mit die schwierigste Aufgabe einer Regierung, könnte man meinen, ist das Vertrauen der Bürger zu gewinnen. Eine wirtschaftliche Krise kann dies noch schwieriger gestalten. So beschreibt Obama, dass die amerikanische Rezession in den siebziger Jahren für eine Zunahme der Missgunst der Menschen gegenüber der Regierung sorgte. Dies führte unter anderem zur Befürchtung, dass die amerikanische Regierung nicht gerecht sei und wurde dann zur Methode der modernen Republikanischen Partei. Dieser Gedanken kann hiermit zusammengefasst werden:

“Die Regierung nimmt hart arbeitenden, verdienstvollen Menschen wie uns Geld, Arbeitsplätze, Studienplätze und Ansehen weg und gibt alles stattdessen Menschen wie ihnen – denjenigen, die nicht unsere Werte teilen, die nicht so hart arbeiten wie wir, Leuten, die an ihren Problemen selbst schuld sind.”

Mit ihnen sind die Minderheit gemeint, die Armen, die Dunkelhäutigen und die Immigranten. 

Das Buch endet mit der Tötung Osama bin Ladens in Pakistan durch amerikanische Spezialkräfte und lässt an dieser Stelle weiterhin die Spannung offen, mit welchen Ereignissen Barack Obamas zweite Amtszeit zu kämpfen hatte. Auch der Klappentext findet ein passendes Schlusswort, vielmehr passende Schlusssätze: 

“Ein fesselnder Roman und zutiefst persönlicher Bericht darüber, wie Geschichte geschrieben wird – von dem US-Präsidenten, der uns inspirierte an die Kraft der Demokratie zu glauben.”

Der Roman ist sehr gut und in einer einfachen Sprache geschrieben, dennoch wird Spannung aufgebaut. Keine Abschnitte werden zu lange behandelt. Er gewährt uns Einblicke in die persönliche Lage von Obama. Hinzugefügt wurden zahlreiche Bilder, die für eine Abwechslung sorgen. Das Buch hat gezeigt, dass Erfolg mit vielen Niederlagen, Enttäuschungen und hoffnungslosen Tagen verbunden ist, uns gelehrt Kritik einzustecken und genau da weiter zu machen, wo man aufgehört hatte. Es hat uns auch gezeigt, dass Demokratie kein Geschenk des Himmels ist.

Autorin: Irem Orhan

Titel: Ein verheißenes Land
Autor: Barack Obama
Verlag Penguin Verlag, 2020
ISBN 3641230365, 9783641230364