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Album der Woche KW 11: Die Drift – Conny Frischauf

Spontane Wortneuschöpfungen und eiernde Synthie-Sounds. Das ist das grandiose Debüt-Album der Wiener Künstlerin Conny Frischauf. In “Die Drift” kommt sie vom konventionellen Sprachgebrauch ab und schlittert zielgerichtet auf eine neue versponnene Art der Popmusik zu. 

Das Album wirkt beim ersten Hören mit seinen sonderbaren Liedtexten wie eine Art Buchstabensuppe – eine auf das Gramm perfekt gewürzte Buchstabensuppe. Der wortkarge Charme zieht sich durch das gesamte Album. Im luftig dahin flirrenden Song “Parapiri” begrüßt Conny Frischauf auf ihre ganz eigene Art den Frühling: “Parapiri, Parapiri, PaPaPa”. Seit den Hunger-Games-Filmen gab es keine elegantere Nachahmung von zwitschernden Vögeln. Wie sie auf diese Nachbildung durch jauchzende Laute kam weiß die Künstlerin selbst nicht. “Das Wort war plötzlich einfach da.” 

Nach den beiden EPs “Effekt & Emotion” und “Affekt & Tradition” startet die Wienerin in ihrem Debütalbum mit einem vergnügten Umgang mit Sprache so richtig durch. In ihren Songs setzt sie ihre Stimme als zentrales Medium ein. Sie benutzt die Sprache als Laut, als sich verfremdendes Material. Es entstehen so Texte, die nicht nur erzählen, sondern zudem Perspektiven und Verwirrungen ermöglichen. Gezielt und leichtfüßig geht sie so der Frage nach “was wenn Sprache an ihre Grenzen stößt und die Kommunikation scheitert? In “Freundschaft” bspw. singt sie “Was sind schon Worte / Was sind schon Sätze”.

Diese Ungewissheit verpackt sie in ein atemberaubendes 10-Minuten-Brett voller Up & Downs. Gegen Ende wandelt sich die provokante Frage, was wir denn durch Sprache vermitteln können, zu einer Art sinnbildlichen Krise, ob wir denn überhaupt etwas durch Sprache ausdrücken können: “Was sollen all die Wörter?” Eine Freundschaft wird doch schließlich vom wortlosen Verständnis beider Menschen getragen. 

Klanglich ist Conny Frischauf immer auf die Suche nach dem Ursprung des Hörbaren und experimentiert sehr viel mit repetitiven Synthesizer-Melodien. Das erinnert stellenweise an Elemente des legendären Kraut-Rocks oder obskuren 80s Jazz-Pop. Dieses umfangreiche Instrumentarium verleiht den Stücken einen wippenden Farbenreichtum, der sich bei aller Verspieltheit nie überlädt. Tiefenentspannt performt sie den verstörend wirkenden Mix aus kaleidoskopartigen Wort-Echoschleifen und fröhlich progressiven Elektro-Beats beim c/o pop xoxo Festival 2020.

Autor: Sebastian Schroth