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Album der Woche KW31: Billie Eilish – Happier Than Ever

Billie Eilish´s „Happier Than Ever” klingt erwachsener und reflektierter. Sie setzt sich mit Depressionen, Machtmissbrauch und ihren persönlichen Grenzen auseinander und das alles im ganz neuen Style.

Bild: Kelia Anne MacCluskey

Billie Eilish hat am 30.07.2021 ihr zweites Studioalbum „Happier Than Ever“ veröffentlicht. Das von den Fans heiß ersehnte Album wurde schon vor Monaten mit der ersten Single „Therefore I Am“ angekündigt. Darin setzt sich Billie mit dem Grundsatz „Ich denke, also bin ich.“ des Philosophen Rene Descartes auseinander und nutzt es, um ihren Kritikern zu sagen, dass sie selbst entscheidet nach ihren eigenen Gedanken und Maßstäben. Insgesamt reflektiert das Album Billies steilen Aufstieg in den internationalen Pop-Olymp und das Erwachsenwerden eines fast normalen Teenagers. 

Mit 19 Jahren bereits alle wichtigen Grammys gewonnen, Millionen Clicks auf YouTube, mehrere Nummer-Eins-Hits in Ländern Rund um den Globus und zwei erfolgreiche Album veröffentlich zu haben ist nicht ganz so alltäglich. Depressionen, Probleme den eigenen Körper anzunehmen, Selbstvertrauen zu gewinnen, sich mit Machtbeziehungen auseinander setzen zu müssen, zu daten, zuhause auszuziehen ist wieder sehr normal. Insofern bewegt sich Billies neues Album zwischen zwei Extremen und schafft doch irgendwie den Spagat. Die 16 Tracks haben teils die gewohnt eingängigen Beats und Billies gehauchte Texte, teils kann man sie eher als „Dreamy Jazz“ bezeichnen und erinnern and die Musik großer Ikonen aus den 1960er Jahren. Dazu passt auch Billies neuer Look mit Platinblonden Haaren und Korsett, mit dem sie sich schon vorab, wie in alten Pin-Up Aufnahmen in der britischen Vogue inszenieren ließ. Mancher Fan kritisiert, dass Billie, bislang mit ihren weiten Klamotten selbst eine Ikone gegen die Sexualisierung von jungen Frauen im Musikgeschäft, dem nun total in den Rücken fällt. Andererseits ist auch Billie selbst älter und mit 19 Jahren auch ein bisschen selbstsicherer geworden als es ihr 16-jähriges Ich war, auch in Bezug auf ihren Körper. Insofern sei es ihr gestattet sich auch als Musikerin mit femininerem und körper-betontem Look auszuprobieren. Und am Ende des Tages sollte es um die Musik gehen und nicht nur um den Look. Und die ist ein bisschen ruhiger als bisher aber auch reflektierter, erwachsener und vor allem genau nach Billies kreativen Vorstellungen. 

Das Album hat sie wie schon das letzte zusammen mit ihrem Bruder Finneas produziert. Diesmal aber nicht im Kinderzimmer bei den Eltern, sondern im nagelneuen Studio in Finneas eigenem Haus. Damit war sie auch Pandemie-bedingt gut aufgestellt und konnte das Jahr 2020 nutzen, um ganz viel neue Musik zu produzieren. Trotzdem soll das Album kein „Corona-Album“ sein, auch wenn Billie selbst sagt, dass es ohne Lockdown das Album nicht in dieser Form gäbe.

Ein wichtiges Thema für Billie ist mentale Gesundheit und persönliche Grenzen zu setzen. Sowohl in „Your Power“ als auch in „Lost Cause“ besingt sie schlechte Beziehungen, sei es im Arbeitsumfeld oder im privaten, steckt persönliche Grenzen ab und zieht ein eigenes Fazit. In „Getting Older“ setzt sie sich damit auseinander, dass sich ihre Prioritäten verschieben und sie das Trauma überwinden konnte, um an einem Ort zu sein an dem sie „Happier Than Ever“ ist. Insofern ist Billie Eilishs neues Album trotz allem thematisch sehr nah dran an den Themen mit denen sich Teenager und Twenty-somethings auseinandersetzen. Und auch musikalisch kann man sowohl zuhause träumen oder tanzen, als ob die Clubs wieder offen wären.

Autorin: Antje Schönherr