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Album der Woche KW48: Shirin David – Bitches brauchen Rap

Viele kennen Shirin David noch von YouTube, doch die Deutschrap-Barbie macht schon seit 2019 hauptsächlich Musik. Kürzlich hat sie ein neues Album veröffentlicht, denn Bitches brauchen nun mal Rap.

Bild: www.shirizzleshop.com 

Meine Mutter versteht kein Englisch  – Was sind Bad Bitches? Sag‘ ihr: Sowas wie ’ne Existenz, die selbstbestimmt ist.

Schlechtes Vorbild

Barbara Schirin Davidavicius, wie Shirin David mit bürgerlichem Namen heißt, ist aktuell der Inbegriff von Frauenpower am Deutschrap-Himmel. Sie selbst betitelt sich immer wieder als Bad Bitch und liefert nun auf der vierten Single ihres neuen Albums „Bitches brauchen Rap“ eine Erklärung für eben dieses Phänomen, sodass der abstrakte Anglizismus einen gesellschaftskritischen Unterton bekommt. 

Eine Bad Bitch  zu sein hat weniger damit zu tun, Regeln zu brechen, sondern mehr damit, wie Frauen mit ihrem Stellenwert in der Gesellschaft umgehen. Verallgemeinernde Ansprüche an Feminität müssen gebrochen werden, denn eine Bad Bitch setzt sich durch und lebt nicht danach, wie es ihr von außen vorgeschrieben wird. Shirin selbst wird immer wieder dafür kritisiert, ein schlechtes Vorbild für junge Menschen zu sein, und mit ihrem Erscheinungsbild falsche Werte zu vermitteln. Doch dabei ist die Motivation der 26-Jährigen eine ganz andere, von der Optik losgelöste. Betrachtet man die Lyrics ihrer Songs, in welchen sie sich offensiv und direkt mit Kritik und Hate auseinandersetzt, wird diese deutlich: Selbstbestimmtheit. Die Message zielt nicht darauf ab, ein optisches Ideal zu verkörpern. Es geht darum, eine Frau Herr ihrer Entscheidungen sein zu lassen, unabhängig davon, welche Maße sie hat.

Shirin deckt Missstände in der Gesellschaft und in der Rap-Industrie auf und kritisiert sie provokant. Babsi rappt über feministische Themen, über Sexismus und Frauenpower, und das auf eine sowohl selbstbewusste, als auch super sympathische Art. Die Tracks, wie zum Beispiel „Ich darf das“, „Be a hoe/ break a hoe“ feat. Kitty Kat und „Man’s World“ behandeln allesamt aktuelle, sowie extrem weit verbreitete Themen, die besonders das mythologisch-behaftet angeblich schwächere Geschlecht betreffen. Nicht nur wegen der starken Message hört man die vorab releasten Ohrwurm-Songs des Albums schon seit Monaten aus Millionen von Autos dröhnen, während sich im Innenraum das Selbstbewusstsein der Fahrerin mitsamt ihres Convoys vermutlich bis ins Unendliche steigert. Denn das ist genau das, was die Deutschrap-Barbie erreichen will. Ihre Musik ist durchweg mächtig, stark und empowering. 

Das Album ist eine Ansage. Der Rhythmus unterstreicht den Text, geht nach vorn und ist direkt, ebenso Shirins Betonung und Aussprache. Sie ist sicher und in sich ruhend, trotz der aggressiven Botschaft. Die Lyrics treffen exakt den wunden Punkt und sind dazu noch unglaublich eloquent, lyrisch und metaphorisch. In „Bramfeld Storys“, dem mit Abstand längsten Track auf „Bitches brauchen Rap“ (knapp neun Minuten), spricht David sehr persönlich über ihre eigenen Erfahrungen – from the bottom to the top – sowohl in der Musik-Industrie, als auch in ihrem Privatleben.

Auch wenn ihr die Stärke in mir nur als Arroganz seht. Lass nie mehr zu, dass ein Mann mir gegenüber seine Hand hebt.

Bitches brauchen Rap

Dieser Satz allein ist eine deutliche Aussage, kraftvoll und mutig, und eindeutig aus der Feder einer Frau geschrieben, ebenso wie ihr Image. Egal ob der Titel ruhig und sanft oder laut und konfrontativ ist, Shirin David beherrscht einen unfassbar starken Flow, der auch in vollen neun Minuten nicht nachlässt.

Die Features auf „BBR“ werden von zwei Deutschrap-Ikonen getragen, der Rap-Mommy Kitty Kat, und dem Papi Pap Shindy, bei dem Babsi schon 2019 auf „Affalterbach“ zu hören war. Betrachtet man Shirin Davids Karrieresprung aus dieser Zeit, hin zu ihrem aktuell jüngsten Projekt, ist auch aus musikalischer Sicht ein wahnsinniger Fortschritt zu erkennen. Die Rapperin lebt für ihre Message und verkörpert diese auf unvergleichbare Weise und mit beispiellosem Talent.

Autorin: Madelaine Wilma