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Album der Woche KW 11: Madeline Juno – Besser kann ich es nicht erklären

Über die eigenen Gefühle sprechen fällt vielen Menschen schwer. Oft bleibt es dabei, dass man die guten Dinge in die Welt schreien und die schlechten Gefühle eher im Verborgenen halten will. Madeline Juno hingegen möchte mit ihrem neuen Album „Besser kann ich es nicht erklären“ genau das: Den eigenen Gefühlen einen Raum bieten, um sie auszusprechen und anderen zeigen, dass sie damit nicht allein sind.

Bild: Embassy of Music

Auch wenn die Pandemie für Unsicherheiten sorgt und einige Künstler:innen in ihrer Musik der letzten Jahre eher melancholisch wurden, ist „Besser kann ich es nicht erklären“ tatsächlich kein Pandemie-Produkt. Viel mehr erzählt das Album die letzten 2,5 Jahre in Madelines Leben nach und beschäftigt sich dabei allgemein mit den Monstern in uns selbst. Das rührt daher, dass Madeline selbst schon seit ihrem 13./14. Lebensjahr an Depressionen leidet. Sie machte zudem eine heftige Essstörung durch und hatte immer wieder mit Panikattacken zu kämpfen. Heute weiß sie, wie wichtig es ist, nach Hilfe zu fragen und geht regelmäßig zur Therapie. Zudem verarbeitet sie ihre Gedanken und Gefühle in ihrer Musik und versucht dadurch einen offenen Umgang mit psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft zu schaffen. In einem Interview sagte sie mal:

Niemand muss sich von einer Krankheit definieren oder schwächen lassen – das ist keine Schwäche. Sich selbst stumm zu machen – das ist eine Schwäche.

Madeline ist mit ihrem Album „Besser kann ich es nicht erklären“ aber auf keiner Mission, sondern man kann das Ganze besser als ‚Selbstzweck mit Benefits‘ bezeichnen.

Die 15 Songs des Albums nehmen die Hörer:innen also mit auf Madelines persönliche Reise. Dabei sind ca. 2/3 des Albums geprägt von der Verarbeitung einer schlimmen Trennung nach einer sehr toxisch klingenden Liebesbeziehung und verdeutlichen somit auch die Hochs und Tiefs, die damit einhergehen. Die Songs „OBSOLET“, „ÜBER DICH“, „LASS MICH LOS“ und „NEUKÖLLN“ beschäftigen sich zum Beispiel mit dem Schock, der Trauer und den Selbstzweifel nach dem Break-Up. Wer genau wissen will, was passiert ist und wie schwer es ist, über das alles hinwegzukommen, erfährt das dann in den Songs „TU WAS DU WILLST“, „NOVEMBER“ und „JEDES MAL“.

Einen weiteren Teil des Albums nutzt Madeline, um allgemein über Depressionen, Ängste und Mental Health zu sprechen. Hier spricht sie etwa über FOMO (= fear of missing out), über Ängste, aber auch über Suizidgedanken wie in „99 PROBLEME“. Die anderen Songs aus der Kategorie wie „SOMMER, SONNE, DEPRESSION“, „DU FÄNDEST ES SCHÖN“ oder „NORMAL FÜHLEN“ sind da vom Text her etwas seichter als „99 PROBLEME“. Hier liegt auch eine Besonderheit des Albums: Madeline Juno schafft es, teils sehr schwere Gedankenzüge auch ein wenig humorvoll aufzubereiten. Schließlich sagt sie selbst, sie möchte in ihrem Album „offen und möglichst unverkrampft über das Thema Mental Health […] sprechen“.

Aus musikalischer Sicht sind die meisten Songs recht ähnlich aufgebaut. Das Album ist geprägt von einem angenehmen Beat, der nicht unfassbar viele Abweichungen zeigt. Dazu kommen eingängige Melodien mit Ohrwurm-Charakter und Refrains, die man sehr schnell mitsingen kann. Die Texte und Madelines fantastische Stimme kompensieren diese fehlende Variation aber allemal. Trotzdem gibt es da auch ein paar Ausreißer, die sich vom Rest des Albums abheben. Bei dem sehr kraftvollen Song „NOVEMBER“ verspüre ich zum Beispiel einen leicht rockigen, Avril Lavigne-ähnlichen Vibe und mein absolutes Lieblingslied von dem Album ist „NUR KURZ GLÜCKLICH“, das Madeline zusammen mit ihrem guten Freund Max Giesinger aufgenommen hat. Der Song ist sehr ruhig, nachdenklich und mit Max Giesinger als zweite Stimme erhält das Ganze eine unfassbar schöne Tiefe. Da bekommt man beim Hören eine Gänsehaut.

Ich habe das Album rauf und runter gehört und schon mehrfach weiterempfohlen, weil es teils einfach komplett aus der Seele spricht. Außerdem ist es wirklich toll, dass Madeline Juno ihren Gefühlen freien Lauf gelassen hat, auch mal all den Schmerz mit lauten, kräftigen Passagen rausgelassen hat, dann aber auch wieder diese ruhige und nachdenkliche Seite zeigt. Außerdem verdeutlichen Songs wie „ES HAT SICH GELOHNT“, „PLOT TWIST“ oder „VERMISSE GAR NICHTS, dass auch jemand, der immer wieder mit seinen Ängsten ringt, nicht immer traurig ist und dass das Leben auch sehr viele schöne Seiten zu bieten hat.

Autorin: Michaela Raab