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Album der Woche KW 27: Kelvin Jones – This Too Shall Last

Herzschmerz, Vermissen und tiefe Emotionen. All das verarbeitet Kelvin Jones am liebsten mit Musik. In seinem neuen Album „This Too Shall Last“ blickt er zudem nicht nur textlich, sondern auch musikalisch zurück, während er gleichzeitig einen neuen Musikstil für sich findet.

Bild: Philipp Gladsome

Manch eine:r könnte sich fragen, warum Kelvin Jones nach seinem ersten Studioalbum “Stop The Moment” aus dem Jahr 2015 ganze 7 Jahre für den Release seines zweiten Albums gebraucht hat. Ja, es ist einige Zeit vergangen, dennoch muss man dazu sagen, dass Kelvin in der Zwischenzeit trotzdem nicht faul auf dem Sofa gesessen hat: Er hat Konzerte gespielt, mehrere Singles veröffentlicht und war bei der aktuellen Staffel der TV-Show „Sing meinen Song“, wo er sogar mal auf Deutsch singt. Außerdem hat er sich – vermutlich inspiriert durch gemeinsame Songs mit bekannten DJs wie Alle Farben – auch in eine etwas andere musikalische Richtung weiterentwickelt.

In seinem neuen Album “This Too Shall Last” blickt der Singer-Songwriter nun nicht nur textlich, sondern auch musikalisch auf die letzten Jahre zurück. Von den zehn Tracks des Albums sind nämlich gerade einmal vier komplett neu: Den Anfang macht der sehr persönliche Song „Carry You“. Wer Kelvin Jones nicht kennt, sollte sich hier unbedingt auch das das Musikvideo zu “Carry You” anschauen, statt nur den Song zu hören, denn dieser erste Song des neuen Albums gibt einen kleinen aber feinen Input zur Person Kelvin Jones (bzw. Tinashe Mupani, wie er richtig heißt). Ursprünglich kommt Kelvin nämlich aus Simbabwe im Süd-Osten Afrikas. Kelvin ist dort geboren und aufgewachsen und das Musikvideo zu “Carry You” ist eben dort in seiner Heimat Simbabwe entstanden. So schaut er also als Auftakt für sein Album erst einmal auf seine Wurzeln zurück und drückt durch einen kräftigen Dance-Pop mit House-Elementen seine eigene Lebensfreude aus.

Weitere Neuheiten sind der Titel “Jasmine” (ein eher ruhigerer Song mit viel Gitarre, Klavier und ein bisschen Chor, der beim Hören vom Vibe her sehr an “Afterglow” von Ed Sheeran erinnert und den man musikalisch genauso auch auf dem ersten Album hätte finden können.) Dann der Song “Last Day”, der mit leichtem Beat und Gitarre anfängt, sich dann aber immer weiter steigert und in einer Dance-Pop-Richtung endet. Last but not least: Der Song “Ghost”, der mit einer Mischung aus Dance-Pop und Deep-House schon sehr zum Tanzen animiert, während Kelvin davon singt, wie er die alten Zeiten vermisst, als er mit seiner Partnerin gemeinsam auf dem Küchentisch getanzt hat.  

Die restlichen sechs Tracks sind bereits im Zeitraum 2018-2021 veröffentlicht worden. Als alte Kamellen sollte man diese trotzdem nicht bezeichnen. Stattdessen sieht man dadurch sehr gut, welchen musikalischen Wandel Kelvin Jones über die Jahre hingelegt hat. Textlich ist er immer ungefähr im ähnlichen Bereich geblieben: Bei ihm geht es meist um Herzschmerz oder ums Vermissen. Das kann eine Person oder ein Gefühl sein. Das ist nicht verwunderlich, schließlich sagt der Sänger selbst, dass er nicht so gut über seine tiefen Gefühle sprechen kann und deswegen solche Dinge in seiner Musik zum Ausdruck bringt. Und dass das nicht nur mit Gitarre und Klavier geht, zeigt er eben genau hier: Die zwei Songs “Lights On” (2019) und “Cry A Little Less” (2021) sind eher ruhig mit Gitarre und Klavier und einem Chor im Refrain, so wie auch gefühlt 90% der Lieder in seinem ersten Album funktionieren. Das nächste Pärchen sind “Love to Go” (2020) und “Only Thing We Know” (2018): beides Feature-Songs mit DJs und generell Menschen aus dem House-Genre. Hier steht man als Zuhörer:in so richtig auf der Schwelle zwischen Kelvins altem Stil und seinem neuen Stil, der ja eher in den Dance-Pop-Bereich geht. Zuletzt dann noch die Songs “Pillow” (2021) und “Don’t Let Me Go” (2020): Die kann man dann schon sehr gut in die Richtung Dance-Pop/Deep-House einordnen. 

This Too Shall Last“ betont also den musikalischen Wandel von Kelvin Jones. Zudem ist es vermutlich gar nicht so unklug, Songs im alten, eher ruhigeren Stil mit neuen Dance-Pop/Deep-House-Nummern auf einem Album zu vereinen. Schließlich ist so für viel mehr Leute etwas dabei, als wenn sich der Singer-Songwriter auf einen einzigen Stil beschränkt hätte.

Autorin: Michaela Raab