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Album der Woche KW 30: Trille – Kapuze

Klimakrise, Krieg, Inflation – beim aktuellen Weltgeschehen möchte man sich einfach nur verkriechen. Trille schafft auf seinem Debütalbum Kapuze einen Rückzugsort vor Weltschmerz. Zehn Songs, die man sich wie das wohlig warme Stück Stoff über die Ohren ziehen kann, wenn alles zu viel wird.

Bild: Lea Bräuer

Nach zwei EPs und einer breit gefächerten musikalischen Ausbildung hat der Berliner Musiker Trille nun sein Debüt auf Albumlänge gemacht. Aufgewachsen ist er mit klassischem Musikunterricht, der dann durch das Skaten und das Spielen in Rockbands abgelöst wurde. Die Musik hat ihn nie losgelassen, weshalb er sich dann für eine Ausbildung zum Tonmeister an der Berliner Universität der Künste entschieden und noch einen Master an der Popakademie Mannheim drangehängt hat – musikalischer Allrounder also.

Auch textlich hat Trille viel ausprobiert, bis er schließlich da gelandet ist, wo er mit Kapuze heute steht. Er hat erst auf Englisch geschrieben, bevor er schließlich seine Vorliebe für deutsche Texte entdeckt hat. Durch einige Experimente hat sich dann sein eigener Stil herauskristallisiert, den Trille selbst Indie-Trap nennt; das Album enthält aber auch viele Pop-, Rock- und Punk-Elemente.

Letzteres ergibt vor allem Sinn, wenn man den Inhalt der Songs betrachtet. Denn was macht man, wenn im Moment alles scheiße ist? Genau, in Erinnerungen schwelgen. Logisch, dass auf Kapuze vor allem zwei Themen immer wieder durchklingen: Erwachsenwerden und Nostalgie. Da wäre zum Beispiel „Golf“, in dem er über sein erstes Auto singt oder „Geil/Scheiße“, in dem er auf seine vom Pop-Punk geprägte Jugend zurückblickt. Der Trennungssong „Blink 182“ geht noch einen Schritt weiter und zitiert sämtliche Punk-Hymnen der frühen Zweitausender. Zum Ende der Platte kommt Trille nach dramatisch aufgebauschter Sehnsucht in „Garten Eden“ dann aber doch zu dem Schluss, dass es gut ist, wie es ist.

Es haben sich allerdings auch ein paar thematische Ausreißer auf dem Album versteckt. „Pro“ reflektiert zu entspanntem Groove über das allgemeine Dagegensein, während der Slow-Jam „Keine Lust“ das Tabu männlicher Unlust in diesem männerdominierten Genre bricht.

Trille sagt, er möchte mit seiner Musik etwas Positives in Menschen auslösen. Das gelingt ihm mit Kapuze definitiv. Er versteckt sich nicht zwischen vagen Metaphern, sondern bringt die Sachen auf den Punkt. Mal sentimental, mal kitschig, ironisch oder gesellschaftskritisch, verpackt in eine geschmackvolle Mischung zwischen Band, Beat, Sprechgesang und Autotune hat Trille mit Kapuze ein Debüt geschaffen, dass sich hören lassen kann.

Autorin: Kaja Lübeck