funklust Kommentar web

Der nüchterne Feierrausch – oder warum ich auf Partys nichts trinke

Der liebe Alkohol ist das Rauschmittel schlechthin, wenn es ums Feiern geht. Er macht die Lichter bunter, das Tanzbein beschwingter und löst schüchterne Zungen. Besonders aus Clubs also nicht wegzudenken. Oder? Lisa schafft es im Club auch ganz nüchtern berauscht zu sein. Und vielleicht wäre das auch für den einen oder die andere eine bessere Wahl?

Bild: Kulturzentrum E-Werk Erlangen

Das T-Shirt klebt an deiner Haut, eigentlich klebt alles. Aber das ist egal, solange sich deine Füße vom Boden lösen können. Nach den durchtanzten Stunden merkst du nicht mehr, wie weh sie tun. Der Beat ist nicht mehr zu laut, seitdem er sich mit deinem Herzschlag synchronisiert hat. Der Geruch von warmen Körpern erfüllt den Raum bis unter die Decke. Geweitete Pupillen, die Lichter hypnotisieren dich. So erlebe ich Partys.

Aber die geweiteten Pupillen kommen nicht von Drogen und klebrig ist meine Haut tatsächlich nur vom Schweiß und nicht von einer Bier-Mische, die beim Tanzen aus meinem Becher läuft. Denn ich bleibe auf Partys lieber nüchtern. Das heißt nicht, dass ich nie trinke. Aber ich finde es besser, Alkohol- und Feierrausch zu trennen.

Was Alkoholrausch ist, muss ich vermutlich nicht weiter erklären. Doch ich schätze, die meisten würden diesen mit Feierrausch gleichsetzen. Meine Definition von Feierrausch lautet allerdings eher: eine nüchterne Euphorie.

Es macht mich süchtig, wie die Musik den Raum erfüllt, hunderte Körper sich dazu bewegen, mitsingen – obwohl keine einzige Stimme wirklich zu hören ist und alle die Arme in die Luft reißen, sobald es der Text des:der Sänger:in befiehlt. Diese Energie berauscht mich, berauscht mich mehr als jeder Cocktail. Und deswegen reicht es mir, nüchtern zu bleiben.

Wenn allerdings der Boden vor ausgeschütteten Bier-Mischen klebt, mir irgendwelche Typen stumpf auf die Brüste starren oder die Clubtoilette vollgekotzt ist, dann frage ich mich, ob es nicht mehr Leute mit meinem nüchternen Feierrausch versuchen sollten. Gar nicht, weil ich etwas gegen alkoholisierte Menschen per se habe. Das Setting, um sich volllaufen zu lassen, ist in einem Club nur denkbar schlecht. Sich in den Menschenmassen auf der Tanzfläche zu orientieren ist schon nüchtern eine Herausforderung, betrunken allerdings nur noch ein dumpfes Durchquetschen ohne Rücksicht auf Verluste. Und auch wenn manches Tanzbein durch das flüssige Glück erst ins Schwingen kommt, machen die Dance Moves in kontrolliertem Zustand auch echt Spaß, vor allem, weil du dann niemandem so leicht auf die Füße trittst.

Wenn ich auf einer Party Sneaker statt High Heels anhabe, ist dies das eindeutige Zeichen dafür, dass ich nur eins will: Tanzen. Besonders dann ist Alkohol mein größter Widersacher, und das nicht nur wegen des Kontrollverlustes. Denn man könnte denken, nach den drei Bechern Jacky Cola hätte man genug getrunken. Das stimmt allerdings nur bedingt. Denn alles, was man beim Tanzen ausgeschwitzt hat, muss auch wieder reinkommen. Und die 3,50€ für 250 ml Wasser tun auf Dauer wirklich weh. (Und glaubt mir, aus dem Wasserhahn der Clubtoilette zu trinken könntet ihr härter bereuen, als ihr es euch in dem Moment vorstellen könnt).

Dabei kann Alkohol auch echt Spaß machen – und das für alle Beteiligten. Zum Beispiel auf der kleinen Hausparty in der WG. Wenn man sich lachend im Badezimmerspiegel ansieht, weil die Welt sich plötzlich dreht und man, wenn alle bei den Backstreet Boys mitsingen, auch die schiefen Stimmen hört. Dann ist die gelöste Zunge für lustige Momente zu gebrauchen und durch deepe Gespräche werden Fremde zu den engsten Freunden. Solche Begegnungen sind bei der Lautstärke im Club eher unwahrscheinlich bis unmöglich.

Ich bleibe also dabei, Alkoholrausch ist klasse. Aber das richtige Setting macht ihn noch viel schöner. Und sollte man seinen Pegel dann doch mal übersteigen, bekommt wenigstens keine fremde Person auf der Tanzfläche deine Bier-Mische übergekippt.

Autorin: Lisa-Marie Guja