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Album der Woche KW 45: Beyoncé – Renaissance

Renaissance ist Beyoncé’s siebtes Studioalbum – ein tanzbares Album, ein Bruch mit ihrer Veröffentlichungsstrategie, aber vor allem Tribut an schwarze, queere Kultur und die Ursprünge des Hip Hops.

Bild: Sony Music/Columbia International

Beyoncé hat im Sommer ihr siebtes Studioalbum Renaissance veröffentlicht. Bei den letzten Alben hat sie jegliche Promotion des Albums abgelehnt und Lemonade 2016 sogar völlig überraschend ohne jegliche Ankündigung gedroppt. Da wirkt Renaissance geradezu Mainstream-konform. Das Album wurde nicht nur 6 Wochen vorher angekündigt, Beyoncé veröffentlichte die Single “BREAK MY SOUL” sogar vorab. Ein völliger Bruch mit ihrer bisherigen Veröffentlichungsstrategie. 2013 sagt sie noch in ihrer Dokumentation “Life is But a Dream”:

“People don’t make albums anymore … they just try to sell a bunch of little quick singles, and they burn out, and they put out a new one, and they burn out, and they put out a new one. People don’t even listen to a body of work anymore.”

Kann man den Release als Bruch mit ihren Überzeugungen werten? 

Eher scheint es, als schlüge Beyoncé ein neues Kapitel auf in ihrer Karriere als Musikerin und Künstlerin. Sie gibt zwar der britischen Vogue ein Interview (eine absolute Rarität) und lässt sich für eine futuristische Fashion-Vision in der Juli-Ausgabe fotografieren, jedoch ist sie seit der Veröffentlichung des Albums quasi nicht mehr in Erscheinung getreten. Eines von Beyoncés Markenzeichen sind ihre oft expliziten Musikvideos (man erinnert sich an Partition) und ihre Feature-Filme, mit denen sie Meilensteine ihrer Karriere für ihre Fanbase begleitet. Bislang wurde jedoch kein Musikvideo veröffentlicht. Für „BREAK MY SOUL“ gibt es zwar ein Musikvideo, das in Klammern mit “Cliquebait” betitelt wird. Darin sieht man Beyoncè genau 38 Sekunden lang leicht bekleidet tanzen und auf einem gläsernen Pferd sitzen. Dann wird der Bildschirm schwarz und in weißer Serifenschrift erscheinen die Lyrics des Songs. Im gleichen Look gibt es Lyric-Videos für alle anderen Songs des Albums. Stets vorab versehen mit einer leicht ironischen Triggerwarnung vor blitzenden Lichtern im Video. 

In Renaissance scheint Beyoncé back to the roots zu gehen. Zurück in eine Zeit, in der Musik mehr Hör- als Seherlebnis war. Das hört man auch am Sound. Das Album hat ziemlich 90er Jahre-Anleihen, ein bisschen Post-70er-Jahre-Disco, bisschen House, bisschen Electro, bisschen Hip-Hop. Es ist super tanzbar. Sogar Michelle Obama hat in einem Interview gesagt, dass sie gar nicht anders kann, als dazu zu tanzen. 

Die Hommage an die Ursprünge der schwarzen House- und Hip-Hop-Kultur zeigen sich auch beim Sampling. Beyoncé arbeitet auf Renaissance mit einem ganzen kreativen Team an etablierten, aber auch jungen, aufstrebenden Musiker:innen und Künstler:innen zusammen. Ganz besonders mit Menschen, die als queere Ikonen der schwarzen Musik- und Tanzszene gelten. Teilweise hat sie Songs dieser Künstler:innen gesampelt oder sie als Co-Writer oder Musiker:innen mit am Album beteiligt. Während in der Hip-Hop-Kultur viele Künstler:innen gesampelte Songwriter:innen erst nach der Veröffentlichung des Songs auf Aufforderung mit Songwriting-Credits versehen, tut Beyoncé dies unaufgefordert von selbst. Das führt dazu, dass der Track “Alien Superstar” die Rekordzahl von 24 Songwriter:innen nennt. Als die Songwriterin Diane Warren sich auf Twitter wundert, wie das sein kann, bekommt sie erstmal einen Shitstorm vom “Beyhive” – der Fanbase von Beyoncé. Natürlich geht es hier um die Rechte an geistigem Eigentum und die Credits bereits bei der Veröffentlichung beweisen Beyoncés Respekt vor der Arbeit anderer Künstler:innen. Zudem sind die drei gesampelten Songs in “Alien Superstar” ein klarer Verweis auf die kulturellen Einflüsse und musikalischen Vorbilder in der Musik und eine Celebration von schwarzer, queerer Kultur. Damit zementiert Beyoncé ihren Status als Superstar der Branche und ernstzunehmender Künstlerin, die selbst Trends und neue Meilensteine setzt.

Autorin: Antje Schönherr