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Rezension: „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“

Über zwei Jahre haben treue Mittelerde-Fans auf das Spektakel gewartet, als es endlich so weit ist: Im September 2022 erscheint die neue Fantasy-Serie „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ auf Amazon Prime.

Bild: Matt Grace/Prime Video

Von Jeff Bezos mit 500 Millionen USD unterstützt, wurden hohe Erwartungen an die Serie „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ gestellt, im Vorfeld enorm spekuliert und im Nachhinein diskutiert. Doch wie kam es dazu, dass ein Milliardenunternehmen wie Amazon es sich zur Aufgabe gemacht hat, Tolkien-Fans eine Serie zu schenken? Der Startschuss fiel im November 2017, als Amazon die Fernsehrechte von „Der Herr der Ringe“ von den Tolkien Estates für rund 250 Millionen USD kaufte. Im Zuge dessen wurde angekündigt, dass eine Serie mit fünf Staffeln geplant sei, die am Ende über eine Milliarde USD kosten wird. Das würde „Die Ringe der Macht“ zur teuersten Serie jemals machen. 

Die erste Staffel wurde im Zeitraum vom 2. September 2022 bis zum 14. Oktober 2022 ausgestrahlt und umfasst acht Episoden. Um die Serie in das Mittelerde-Universum einordnen zu können, ist erstmal wichtig, dass es sich nicht um eine Fortsetzung der beiden Trilogien „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ handelt, sondern die Geschichte der anderen Ringe erzählt. Es geht also um eine Vorgeschichte, die auf das zweite Zeitalter datiert ist. In der ersten Staffel dreht sich daher alles um die drei Ringe der Elben – oder wie Tolkien sagen würde: „Drei Ringe den Elbenkönigen hoch im Licht.“

Als Protagonistin erscheint Galadriel. Gespielt wird sie von Morfydd Clark, die eine jüngere Version von Cate Blanchett sein könnte, die Galadriel in der Trilogie „Der Herr der Ringe“ spielt. Neben ihr erscheinen den Zuschauer:innen Folge für Folge bekannte Charaktere wie Elrond, Durin oder Celeborn. Man erfährt Neues, fühlt sich aber wie zu Hause, wenn der junge Elrond mit seinem Zwergenfreund Durin scherzt. Ein weiterer Grund, warum die erste Staffel so aufregend ist, ist die Darstellung von Orten und Figuren, die man bislang nur in den Sagen der Filme erfahren konnte. Die Zuschauer:innen dürfen die Insel Númenor betrachten, sowie Elendil als Vater und Isildur als jungen Mann, der seinen rechten Platz im Leben sucht. Wir erfahren zwar vieles, beispielsweise wie Mordor entstand und, dass die Hobbits ursprünglich Nomad:innen waren, aber eben bei weitem nicht alles.

Besonders erstaunlich ist, mit wie viel Liebe einige Charaktere designed wurden. So gibt es unter den Hobbits, in der Serie „Haarfußens“ genannt, Figuren, die aus einem Kinderbuch stammen könnten, gepaart mit dem biederen Witz der Hobbits, der auch in der Trilogie mit Schauspieler Martin Freeman zu sehen ist. Ihr Haarschmuck besteht aus Eicheln, Moos, Blättern und Ästen und lädt zum Träumen ein. Die Orks sind nicht länger animiert wie in der Hobbit-Trilogie, sondern werden ganz im Stil von „Der Herr der Ringe“ von Schauspieler:innen mit aufwändigem Make-up verkörpert. Die Visagist:innen haben sich dabei selbst übertroffen und mit solcher Präzision und Detail gearbeitet, wie Fans es sich nur hätten erträumen können. Die Nasen- und Mundpartie der Orks ist rosafarben, die Haut grau und noch nicht vernarbt, was darauf hinweisen soll, dass diese erst seit kurzem existieren. So bestätigen die Experten Jamie Wilson, der Chef der Maske ist und Lindsey Weber, Executive Producer, in einem Interview mit IGN, dass sich die Orks im zweiten Zeitalter auch noch nicht in Armeen organisiert haben und sich klar von den Armeen Saurons unterscheiden.  Solche Beobachtungen lassen sich die gesamte erste Staffel über machen und sorgen unter den Fans für Gesprächsbedarf.

Das wohl politischste Thema, das die Serie umgibt, dreht sich um die BIPoC-Darsteller:innen, die in den Tolkien-Trilogien „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ als durchaus unterbesetzt, wenn nicht sogar vergessen scheinen. In der Serie wurden nun aber Charaktere verschiedenster Ethnien geschaffen, scheinbar inspiriert von zahlreichen Kulturen weltweit. Einigen Zuschauer:innen missfällt dieses Vorhaben enorm und es kommt immer wieder zu rassistischen Äußerungen auf Social-Media Plattformen wie Facebook. Dort schreibt eine Nutzerin: „Weil es Fantasy-Figuren sind, unterliegen sie nun einmal Rassen, Klassen und dementsprechend Aussehen, sonst sind es Mischwesen.“  Der Vorwurf ist, dass „Die Ringe der Macht“ zu divers sei. Jedoch macht die Serie, trotz solcher Kommentare, einen Schritt in die richtige Richtung: Weg von dem Gedanken, Fantasy sei „weiß“ oder gar europäisch, hin in Richtung Repräsentanz und Diversität. Amazon Prime verurteilt die Kritik, erklärt sich solidarisch mit den Darsteller:innen und schreibt auf dem offiziellen Twitteraccount der Serie: „Fantasy war noch nie ganz weiß, Mittelerde ist nicht ganz weiß.“ Nach diesem Statement kommt es dennoch zu einem regelrechten Review-Bombing auf der Review-Seite IMDb, wobei es weniger um den Inhalt der Serie, als mehr um politische Statements geht. Laut Nadine Schobert von inFranken.de werden daher viele Kommentare von Amazon entfernt, um den rassistischen Shitstorm zu stoppen.

Meiner Meinung nach war die erste Staffel trotz einiger Kritikpunkte ein voller Erfolg, da nun endlich wieder Neues aus Mittelerde gezeigt wird. Mit „Der Herr der Ringe“ sollte man die Serie jedoch nicht vergleichen. Solche Meilensteine im Fantasy-Bereich sind selten und es ist für nachfolgende Serien und Filme schwer, ihnen das Wasser zu reichen. In meinen Augen sollte die Serie als eigenes Werk betrachtet und nicht mit ihren großen Vorgängern verglichen werden – besonders aus dem Grund, dass sich „Die Ringe der Macht“ nicht an einem bereits geschriebenen Buch orientieren, sondern etwas ganz Neues schaffen. Es bleiben nach der ersten Staffel unendlich viele Fragen, die das Warten umso schwieriger gestalten, da man diesmal nicht schnell im Roman nachblättern kann. 

Ein weiterer Grund sich auf die zweite Staffel zu freuen und bis dahin mit anderen Fans zu spekulieren.

Autorin: Theresa Winkovich