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Play or Nay: Dorfromantik – oder doch eher Dorfhass?

Dorfromantik ist ein friedliches Aufbauspiel, bei dem du hexagonale Kärtchen platzierst, um eine stetig wachsende Dorflandschaft zu erschaffen…“ – na, das klingt doch wirklich romantisch… oder?

Bild: Toukana Interactive

Eines trüben Wintertages saß ich so vor meinem PC, hatte Lust, was zu zocken und stolperte im Steam-Sale über einen interessanten Titel: Dorfromantik. „Bestes Game Design“ und „Bestes Debüt“ laut dem deutschen Computerspielpreis, sowie „Bestes Spiel“ laut dem deutschen Entwicklerpreis – ich erwartete Großes. Das Game aus dem Hause Toukana Interactive hält auch definitiv das, was es verspricht – jedoch wurde mir leider verschwiegen, dass das Spiel so überhaupt nichts für absolut ungeduldige und viel zu perfektionistische Menschen ist. 

Aber fangen wir doch nochmal von vorne an: Was ist Dorfromantik denn jetzt genau?

Dorfromantik ist ein entspanntes Aufbaustrategie- und Puzzlespiel im Singleplayer, bei dem wir nach und nach idyllische Dorflandschaften aus Kärtchen aufbauen. Um dabei den Highscore zu knacken, ist vorausschauendes und strategisches Platzieren nötig, denn in jeder Runde startet man mit einem Stapel von zufällig generierten Landschaftskärtchen, zieht Zug für Zug die oberste Karte und platziert sie mit gewünschter Rotation auf einem der möglichen angrenzenden Felder. So entstehen Gruppen und Kombinationen von Landschaften wie Wälder, Dörfer oder Gewässer und wir werden mit Punkten belohnt, je nachdem, wie gut das Kärtchen passt. Auf einigen Kärtchen erscheinen dabei besondere Objekte, die uns eine Aufgabe stellen: So will die Windmühle beispielsweise an 6 Getreidefelder angrenzen, die Lok will mit 10 Schienen verbunden sein oder das Reh will einen Wald mit mindestens 50 Bäumen bewohnen. Die Partie endet, wenn der Stapel an zu platzierenden Kärtchen aufgebraucht ist. 

Ein Einblick in die Welt von Dorfromantik.
Bild: funklust e.V.
Hört sich in der Theorie doch absolut super an, oder nicht?

Ja allemal, keine Frage! Dorfromantik bietet einem wirklich alles, was man von einem cozy Indie-Aufbau-Puzzle-Strategiespiel erwartet. Eine außergewöhnliche Optik im malerischen Brettspiel-Vibe, eine entspannende musikalische Untermalung, viele freischaltbare Spieleobjekte, Biome sowie sogar Spielmodi. Demensprechend besitzt es auch einen sehr hohen Wiederspielwert. 

Okay, und worin genau liegt dann das „Problem“ für dich?

Aaalso, ich persönlich hab jetzt erstmal kein großes Problem mit diesem absolut wunderschön gestalteten Spiel mit seinem einzigartigen Mix aus Strategie- und Puzzlemechaniken, aber mein innerer Monk – bitte sagt mir, dass ihr diesen Zwangsneurotiker aus der gleichnamigen Serie von 2002 noch kennt und ich kein Boomer bin – behauptet da was anderes. Denn der ist leider unglaublich ungeduldig und ihn treibt dieses Spiel wirklich auf die Palme. Erst einmal ist er total überfordert damit, dass man die Kärtchen ja überall in jeder möglichen Rotation platzieren kann, dann stresst es ihn auch noch extrem, zu wissen, dass man die bereits platzierten Felder nicht wieder zurücknehmen kann, und zu guter Letzt dreht er dann regelrecht vor Ungeduld durch, weil eine Runde bis zu 30 Minuten dauern kann. Bei alledem hilft ihm die wunderschön komponierte und ruhige Hintergrundmusik leider auch nicht weiter. 

Oh, hm… ja gut… für wen genau wäre denn dann Dorfromantik überhaupt was und für wen eher nicht? 

Ganz einfach. Wer genug Geduld, gutes räumliches Vorstellungsvermögen und keinen übermäßigen Perfektionismus besitzt und einfach Lust darauf hat, sich bei ein bisschen Aufbau-Action (also ich meine natürlich: -Entspannung) zurückzulehnen, der sollte das Game auf jeden Fall einmal ausprobieren. In Steam kostet es auch lediglich um die 12€, und das für ein Puzzle, welches man unzählige Male neu und verschieden aufbauen kann – dafür ist dieser Preis wirklich unschlagbar. 

Wer jedoch – so wie ich – eher wenig Geduld mitbringt, absolut gar kein räumliches Vorstellungsvermögen besitzt und schnell sauer darüber wird, wenn man eine Kachel aus Versehen (oder halt weil man es nicht besser hinbekommen hat, lol) total falsch platziert, dann würde ich die 12€ lieber in ein klassisches 100-Stück-Brettspiel-Puzzle aus Pappkarton investieren –  wenn hier mal etwas nicht zu 100% passen sollte, wie man sich das vorstellt, gibt es ja noch die gute alte Schere und dann werden die Dinge eben passend gemacht.

Autorin: Maren Wicher