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Der Abschiedssong von James Gunn – Guardians of the Galaxy Vol. 3

Nach Peyton Reed (Ant-Man) und Jon Watts (Spider-Man) kann Filmemacher James Gunn sich mit dem 32. MCU-Film freuen, dass er jetzt auch eine Trilogie vorweisen kann. Ist das dritte Weltraum-Abenteuer unserer Space-Buddys ein gelungener Abschluss oder einfach nur ein weiteres Beispiel dafür, dass die schlechte Qualität in Phase 5 weiter ihren Lauf nimmt?

Bild: Marvel

Als Fan schmerzt es schon, dass man sich nicht mehr auf jeden Film oder jede Serie freuen kann. Innerlich zu wissen, dass die Hochphase des MCU nicht mehr da ist. Geschweige denn, dass sie überhaupt wiederkehrt. Wird man zu alt? Hat man zu viele Superheldenfilme gesehen? Denn seien es „The Eternals“, in dem Regisseurin Chloe Zhao lieber ihre Sonnenuntergänge in den Fokus setzt, oder die twerkende She-Hulk in ihrer eigenen Serie – das Feeling ist nicht mehr da, die Liebe zu den Figuren nicht mehr gegeben. Bewundernswert ist es dann, wenn der „Slither“-Regisseur James Gunn genau das tut. Die Charaktere im Vordergrund, die typische Slow-Motion-Scene, in der die Guardians auf die Kamera zulaufen, im Hintergrund. Eine coole Untermalung der Szenerie mit großartigen 70er- und 80er-Songs, dazu eine Menge Spaß: Das dritte und finale Abenteuer der altbekannten Guardians kann beginnen.

Nachdem Thanos besiegt und das Universum gerettet wurde, haben sich die Held:innen der Galaxis auf Knowhere niedergelassen. Sie bekämpfen zwar weiterhin die Probleme der anderen, haben gleichzeitig aber auch ihre eigenen. Peter „Star-Lord“ Quill (Chris Pratt) trauert immer noch über den Verlust seiner geliebten Gamora. Eines Tages attackiert Adam Warlock (Will Poulter) ihre neue Heimat. Dabei wird Rocket verletzt. Um ihn zu retten, müssen die Guardians in die traurige Vergangenheit des Waschbären reisen. Und was hat der nach Perfektion strebende High Evolutionary (Chukwudi Iwuji) damit zu tun?

Volume 3 ist nicht nur ein Film mit Rocket, sondern über Rocket. Ich war überaus erfreut, dass endlich die Vergangenheit von Rocket aufgerollt wurde. Denn der sprechende Waschbär entspricht einem Rollenprofil, dem ich sehr viel abgewinnen kann. Zuerst glaubt man, er sei von Natur aus ein taktloser Egoist. Am Ende wird er die Figur, die man am meisten liebt. Somit verspürt man in den Rückblenden Freude und Spaß, wenn er seine Freund:innen Lylla, Teefs und Floor das erste Mal zu Gesicht bekommt. Diese müssen eine gemeinsame schlimme Zeit durchleben. Demnach verspürt man Hass und Wut, wenn Gunn das Thema Tierquälerei aufgreift. Chukwudi Iwuji (Peacemaker), der durch Experimente an Tieren eine bessere Spezies erschaffen möchte, spielt interessant und fies. Seine Verbindung mit Rocket drängt sich in das Bewusstsein ein, doch die Tatsache, dass er ohne erkennbares Motiv physisches Leben zerstört, erschwert seine Greifbarkeit. 

Natürlich muss man als Fan keine Angst haben, dass die anderen Held:innen gar keine Screentime mehr bekommen – nur nicht vertieft, aber man kommt schlussendlich für alle auf ein rundes Finale. Auch wenn die Beziehung zwischen Peter und Gamora oder das neue Geschwister-Duo Star-Lord und Mantis (ja, man muss dafür leider das Holiday Special auf Disney+ schauen) überhaupt nicht richtig zur Geltung kommt. Enttäuschend war Neuankömmling Will Poulter (Wir sind die Millers) als Adam Warlock. Dieser ist einfach nur da und verblasst somit sehr schnell. Er hat eine ähnliche Funktion wie Riri Williams in „Black Panther: Wakanda Forever“ – eine kurze Hintergrundgeschichte, hier ein schlechter One-Liner, da ein Kampf und doch recht belanglos für die Story. Bedeutsam ist er nur für die Fans, um zu wissen: „Ah ja, er kommt wieder.“

Musik spielt bei James Gunn immer eine wichtige Rolle – sei es die Anfangs-Tanzszene von Baby Groot zu dem Song „Mr. Blue Sky“ im zweiten Teil oder Rockets Kampf gegen die Schergen von Taserface mit dem Song „Southern Nights“ von Glen Campbell. Lobenswert war es immer, dass die Songs nicht einfach zur Unterhaltung abgespielt werden, sondern dass die Songs die Geschichte ergänzen. Und dazu auch den Tonfall formen. Im dritten Teil macht die Band Radiohead mit „Creep“ den Anfang, der stimmlich zeigen soll, dass das finale Abenteuer nicht nur aus Fröhlichkeit und buntem Color Grading besteht. Neben dem dritten Mixtape haben wir den Filmkomponisten John Murphy (The Suicide Squad), der somit den Part von Tyler Bates übernimmt und seinen eigenen Stil mit reinbringt. Emotional und doch dynamisch, laut und ruhig, dunkel und harmonisch – er experimentiert mit Instrumenten wie einer Zungentrommel (die wie ein Xylophon aussehen soll – für die Musikinteressierten da draußen), was tiefer und trauriger klingt. Es berührt in jeder Klangminute. 

Was mich im MCU fast nie berührt, sind die Action-Sequenzen. Klar erleben wir mit „Shang-Shi“ durch die Kung-Fu-Technik eine Erfrischung oder staunen über die Choreographie in „Captain America – The Winter Soldier“, dennoch denkt sich der Cutter im Schneideraum, dass zerschnittene Action sich meistens besser anbietet. Vol. 3 führt dies zwar weiter, doch eine Sequenz gab es, die auch für mich ansprechend war. Gemeint ist die Korridor-Szene im dritten Akt, die teilweise auch schon im Trailer zu sehen war. Die Guardians kämpfen gegen die Bösen; nicht einzeln, sondern zusammen. Als Freund:innen, als Kamerad:innen, als eine Familie. 

James Gunn verlässt nun die Familie und versucht mit Produzent Peter Safran, Konkurrent und Sorgenkind DC zu einer Renaissance zu verhelfen. Wenn man mich fragen würde, was das für das MCU bedeutet: Es könnte der letzte starke Film sein. 

Autor: Pascal Dietrich