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Rezension: John Wick – Kapitel 4

Keanu Reeves schlachtet sich mal wieder gnadenlos durch Bösewichte. Kapitel Vier wirft die Zuschauer:innen und die titelgebende Figur direkt zurück in die  beste Rache- und Action-Reihe der letzten Jahre.

Bild: johnwick.movie

John Wick – der Mann, der Mythos, die Legende. Der Killer, der so furchteinflößend ist, dass er eigentlich vielmehr als der Bösewicht durchgehen könnte. Eine Person, die eben losgeschickt wird, um andere zu erledigen, die nicht erledigt werden können.

Nachdem sich der Auftragskiller vor Beginn der Reihe zur Ruhe gesetzt und ein ruhiges Leben führen wollte, wurde er zurück in die Welt geworfen, die er eigentlich hinter sich gelassen hatte. In Teil Zwei musste er seine Ehrenschulden einlösen und in Teil Drei die Folgen seiner Handlungen ausbaden. Jetzt geht er in die Offensive über, um sich und die Menschen zu retten, die ihm am nächsten stehen. Wie in den Vorgängern werden wir in die Welt der Killer, der Continentals – die Hotels, die die Aufträge verwalten – und des Tischs, der für Ordnung und Regeln sorgt, entführt. Hauptfigur John Wick sorgt hier seit drei Filmen für Chaos und Unordnung und ist deswegen ein Dorn in den Augen derer, die am Tisch sitzen. 

Kapitel 4 knüpft mit der Handlung direkt an das Ende des vorherigen Teils an. Wirklich viel lässt sich zur Story dann auch nicht mehr sagen, ohne zu spoilern. Außerdem waren die Teile noch nie bekannt für ihre ausführliche Handlung – was nicht heißt, dass die Geschichte schlecht erzählt ist. Der Charm der Reihe zeichnet sich nur anderweitig aus. Der Film lohnt sich dementsprechend nur für die, die Teil Eins bis Drei bereits gesehen und genossen haben. Teil Vier hat ein ähnliches Erzähltempo und erzählt genauso wenig Vorgeschichten. Die Action knüpft direkt an das Ende des Vorgängers an, es wird nicht erklärt, solange es nicht absolut wichtig für die Personen im Film ist und alles andere wird einfach vorausgesetzt. Die Laufzeit fühlt sich dabei nicht zu lang an und zum Schluss ist eigentlich alles erzählt, was innerhalb dieses Films erzählt werden musste. 

Was macht Kapitel 4 jetzt also besonders? Oder handelt es sich einfach um einen Klon der vorherigen Teile?

Teil Zwei und Drei waren in ihrem Sinne etwas generisch. Sie knüpfen an die jeweilige Erfolgsformel an und präsentieren neue Seiten der Welt rund um John Wick. Kapitel 4 setzt das auf seine eigene Weise fort und setzt dabei nochmal einen drauf. Alles, was vorher gut war und funktioniert hat, tut das hier ebenfalls. Schauspieler:innen, Szenerie, Action, Sound, Musik. 

Die Schauspieler:innen liefern alle eine solide Performance ab. Vor allem Lob gilt hier wie immer den Stunt-Performer:innen. Die Charaktere haben alle ihre Daseinsberechtigung und ihre Einzigartigkeit. Es existiert hier noch einmal mehr kein klares Gut und Böse. In einer Welt voller Auftragsmörder und Mobster ist das auch mehr als realistisch. Zwischen der ganzen Action kommen aber die Emotionen auch nicht zu kurz. Besonders dem verstorbenen Schauspieler Lance Reddick wird hier die letzte Ehre erwiesen, was an mehreren Stellen zu sehr rührenden Momenten führt.

Die Szenerie ist hier noch einmal beeindruckender als in den Vorgängern. Städte wie Paris, Berlin und New York werden hier wundervoll in Szene gesetzt und visuell aufgepumpt. Besonders Paris hat hier viel Screentime für den finalen Kampf bekommen. Optisch wirkt alles ein bisschen überdreht, was allerdings wiederum sehr gut zum Stil der Film-Reihe passt. Hier wird auch ein wenig mit der Kameraführung experimentiert, was einen sehr interessanten Effekt erzeugt. 

Bis jetzt wirkten die John Wick-Filme sehr wie Videospiele. Das wird hier auf die Spitze getrieben. Nie endende Mengen an Henchmen, durch die sich der Protagonist schlachtet. Zwischendrin kommen ein paar Bosskämpfe vor, die sogar Stagewechsel beinhalten. John erhält zwischendrin auch immer mal wieder ein Waffenupgrade, was zu Abwechslung im Kampfstil führt. Zusätzlich steckt er unglaublich viel Schaden ein und scheint sich ohne weiteres nach einem Kampf von seinen Verletzungen zu erholen. Als wäre das nicht Beweis genug dafür, dass es sich hier um die perfekte Videospielverfilmung ohne Vorlage handelt, wurde eine Top-Down-Kampfszene eingebaut, die sehr stark an Hotline Miami oder alte Grand Theft Auto-Teile erinnert. Neben den generischen Actionfilmen der letzten Jahren (besonders aus dem Hause Marvel, wo die Action beinahe totgeschnitten wird) wirkt die atemberaubende Action hier schon beinahe unwirklich. Die Kamera hält ohne Cuts drauf. Die Brutalität ist gnadenlos. Aber im Gegensatz zu Teil Drei wirkt keine der Szenen zu lang. Genau in den richtigen Momenten kommt ein Szenen- oder ein Kampfstil-Wechsel.

Das Ganze wird mit einem beeindruckenden Sound untermalt. Der Ton der Action ist wie immer on point, wirkt dabei aber erstaunlicherweise nie zu laut im Vergleich zu den wenigen Stellen, an denen ein Dialog geführt wird. Abgerundet wird das Ganze mit einem Score, der mittlerweile ikonisch geworden ist, und einem Soundtrack, der seinesgleichen sucht. 

Der Film ist perfekt für Action-Fans. Die Reihe hat das Genre der Action-Filme nicht nur auf ein neues Level gehoben, sondern hat sich dabei auch in Teil Vier neu erfunden. Teil Eins hat als das Original natürlich seinen eigenen Status in der Reihe. Kapitel 4 steht dem jedoch kaum in etwas nach und bringt genau dieses Feeling zurück. Alle Kritikpunkte, die an Teil Zwei und Drei noch angebracht waren, sind hier verbessert worden. Wer Teil Eins bis Drei aber nicht mochte, braucht mit Teil Vier nicht weitermachen. Wer Gewalt und Blut nicht sehen kann, sollte generell einen Bogen um die Reihe machen. Alle Fans der John Wick-Filme werden allerdings mehr als glücklich sein. Der Film erhält daher 9,5 von 10 Punkten und es bleibt spannend, wo die Reise und Entwicklung der Action-Filme hingehen.

Autor: Moritz Meckl