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Midnight Madness die Sechste – Oder: “I have a Dream”

Bild: Pixabay

18:29 Uhr. Ungewöhnlich früh für meine Verhältnisse. Im Winter wäre es schon stockdunkel draußen und doch noch lange keine Bettzeit. Noch lange nicht Zeit, ins Schlummerland abzutauchen. Und trotzdem Zeit zu träumen. Denn träumen kann man immer. Tag-Träumen. Alb-Träumen. Trüb-Träumen oder Klar-Träumen. Träume sind der Schlüssel zum Unterbewusstsein. Der Spiegel zur Seele. 

Für mich gibt es zwei grundlegende Arten von Träumen. Beide können lähmen oder beflügeln – und das ganz ohne RedBull. Die eine Sorte ist Frühaufsteher und that girl (GenZ-Begriff, alle Boomer bitte nachschlagen), mit ausgewogener Work-Life-Balance und beeindruckender Vita. Die andere ist Langschläfer und kreativer Kopf hinter dem Hirngespinst Unterbewusstsein. Nummer eins ist relativ knapp zusammenzufassen: eine Art Tagtraum, der letztendlich deine Wunschvorstellung der Zukunft reflektiert. 

Kategorie zwei ist meines Erachtens interessanter. Sie erwacht dann, wenn ich einschlafe. Wird kreativ, wenn die Leistungsfähigkeit meines Gehirns völlig erschöpft ist und meine Ideen ausgebrannt sind. Heimat der Trübträume, der luziden Träume und auch der Albträume. 

Wenn du morgens (oder mittags) aufwachst und dich an einen fahrradfahrenden Affen erinnerst, der mit dir und deinem besten Freund, wie jeden Tag, beim Mittagessen im 5-Sterne-Restaurant sitzt, während die Kellnerin dem Weihnachtsmann beim Verteilen der Geschenke hilft, dann wirst du das vermutlich als verrückten, und gleichzeitig unbedeutenden Traum abstempeln. Versuchst du zu begreifen, was passiert ist, vergisst du dabei schon wieder alle Einzelheiten. Während du träumst, ist dir das nicht bewusst. Oder vielleicht doch? 

Weißt du, dass du träumst, wenn du träumst? Kannst du aktiv Entscheidungen treffen, die deine Traumwelt, dein ganz persönliches Schlummerland beeinflussen? Dann darf ich dir hiermit mitteilen, dass Hogwarts auf dich wartet. Wir treffen uns am Gleis 9 ¾. Spaß beiseite, aber das Ganze nennt sich luzides Träumen, oder Klarträumen, und ist wirklich cool. Du schreibst deine eigene Geschichte, während du sie erlebst. Wahnsinn, oder? Klingt fast wie ein echtes Leben. In etwa so fühlt es sich auch an. Du steuerst aktiv den Verlauf deines Traumes, denkst dir wortwörtlich im Schlaf neue Wendungen aus und realisierst bewusst, was du da ganz unterbewusst machst. Wenn du Glück hast, kannst du so auch Albträumen eine positive Wendung geben. Möglicherweise kannst du dann tatsächlich auch wegrennen, wenn du das Bedürfnis danach hast, oder schreien, wenn es die Situation erfordert. 

Zu verstehen, dass die Geschichten, die ich mir vor dem Einschlafen schon als Kind ausgedacht habe, in meinen Träumen weitergelaufen sind, weil ich das so wollte, und dass das offenbar nicht bei jedem ganz automatisch so funktioniert, war ehrlich gesagt ziemlich aufregend. Diese kreativen Ströme so zu steuern, ist nicht nur faszinierend, sondern macht auch unfassbar Spaß. Luzides Träumen bietet außerdem ungeahnte Möglichkeiten, einmal selbst Superheld zu sein, zu fliegen, zu zaubern oder die Party deines Lebens zu feiern – ganz ohne Project X-artige Konsequenzen. Traumwelten bieten Raum zur kreativen Selbstentfaltung, wenn man weiß, wie man sie nutzt. Fernab von Alltagsstress und Demotivation, geprägt von Selbstbewusstsein und Übernatürlichem. 

Es ist 19:37 Uhr, und ich freue mich schon darauf, heute wie gestern ins Schlummerland abzutauchen. Das kannst du übrigens auch auf Netflix (kleiner Filmtipp für alle verträumten-ein-bisschen-Fantasy-Fans), denn Hollywood hat das große Potenzial von Träumereien schon lange erkannt. Wenn du jetzt an Inception mit Leonardo DiCaprio denkst, muss ich dich aber leider enttäuschen. Die gezielte Beeinflussung der Träume Anderer gehört (bislang) noch nicht zu den Fähigkeiten luzider Träumer. Vielleicht aber bald. 

Bis dahin – viel Spaß beim Schäfchen zählen, Superheld spielen oder Albtraum-Tintenfisch verjagen. Träum schön. Gute Nacht. 

Autorin: Madelaine Wilma