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Rezension: Arielle, die Meerjungfrau (2023)

Es ist wohl einer der kontroversesten Filme des Jahres – das Realfilm-Remake von Disneys 1989 erschienenem Zeichentrickfilm Arielle, die Meerjungfrau (The Little Mermaid). Bereits im Vorfeld gab es viel Kritik: Das CGI sei zu unrealistisch, ein Remake grundsätzlich ein unnötiger Cashgrab und die Hauptrolle fehlbesetzt. Zu Recht? Unsere Redakteurin Cassandra hat sich den Film angeschaut – und kommt zu einem eindeutigen Urteil.

Bild: Walt Disney

Zugegeben: Es ist eine Weile her, dass ich das Original von 1989 gesehen habe – genauer gesagt fast 20 Jahre. Als Kind liebte ich Schwimmen und generell alles, was mit Wasser zu tun hat – also natürlich auch Meerjungfrauen. Trotzdem erinnere ich mich, von dem Film damals nicht allzu begeistert gewesen zu sein.

Als die ersten Trailer für das Live-Action-Remake herauskamen, hatte ich den Film aus diesem Grund überhaupt nicht auf meinem Radar. Wirklich mitbekommen habe ich von seiner Existenz eigentlich nur durch diverse Online-Debatten, die sich vor allem um die Besetzung der Hauptrolle drehten. Denn Disney hat die Hauptrolle Arielle im Realfilm-Remake mit Halle Bailey, einer Afroamerikanerin, besetzt – und das passte Vielen überhaupt nicht.

Ich möchte mich in diesem Review bewusst nicht zu lange mit diesem leidigen Thema aufhalten. Spannend fand ich persönlich allerdings, dass Women of Color, die zumindest theoretisch von der neuen Arielle repräsentiert werden sollen, das Thema nicht unkritisch sehen – beispielsweise die Meinungsbloggerinen Patience Xina oder Amala Ekpunobi. Beide sprechen in ihren Videos an, dass ethnische Neuinterpretationen existierender Figuren im Grunde eine faule Abkürzung zu Diversität sind. Ich persönlich habe prinzipiell nichts dagegen, würde mich aber auch freuen, mehr neue Charakterkreationen, die Minderheiten angehören, zu sehen, nicht immer nur Charakterrecycling. Aber damit zum eigentlichen Film.

Eine wunderschöne, fantastische Unterwasserwelt

Obwohl es sich hier um ein Live-Action-Remake handelt, setzt Arielle 2023 nicht auf einen hyperrealistischen Look – und das ist auch gut so. Der Film ist ein wahres Farbfeuerwerk, egal ob unter Wasser oder an Land. Die Szenen muten eher fantastisch als realistisch an – wie aus einem Märchen eben. Und gerade in den Unterwasserszenen nimmt man es mit der Physik nicht allzu genau – so sind die Haare der Meerleute zum Beispiel erkennbar trocken. Das sieht erst einmal seltsam aus, wenn man es in einem einzelnen Frame aus dem Film sieht, funktioniert aber im Fluss des Films tatsächlich. Generell würde ich den Look des Films als einen schön anzusehenden Surrealismus bezeichnen, der viel Spielraum für Stilisierung erlaubt, in sich stimmig ist und somit gut funktioniert.

Gerade ästhetisch funktioniert der Film für mich besser als das Original. Die 2D-Animation als Medium konnte für mich nie den Facettenreichtum und die (wortwörtlichen) Tiefen einer Unterwasserwelt glaubwürdig abbilden. Durch den farbenfrohen Surrealismus wirkt das Remake trotzdem fantastisch und die sprechenden Tiere nicht fehl am Platz.

Eine bekannte Geschichte mit liebevoll ergänzten Details

Viele von euch werden die Geschichte wahrscheinlich schon kennen, aber für alle, die mit dem Original nicht vertraut sind oder es schon lange nicht mehr gesehen haben: Die Geschichte dreht sich um Arielle, eine neugierige Meerjungfrau, die sich für die verbotene Welt der Menschen an Land interessiert und bei einem Schiffsuntergang einem Prinzen das Leben rettet. Nach einem Streit mit ihrem Vater schließt sie einen Deal mit der Seehexe Ursula ab: Sie tauscht für drei Tage ihre Stimme gegen ein Paar Beine, die sie nur behalten kann, wenn sie bis zum Sonnenuntergang des dritten Tages einen Kuss der wahren Liebe erhält.

Die Grundzüge der Geschichte bleiben im Wesentlichen unverändert. Dennoch gibt es Unterschiede zum Original, die die Story meiner Meinung nach verbessern. So ist Eric in diesem Film ein eigenständiger Charakter statt lediglich ein Plot Device, und Arielles gesamte Persönlichkeit wird nicht vergessen, sobald er die Bildfläche betritt.

Apropos Eric und Arielle: Die Liebesgeschichte ist meiner Meinung nach sehr ansprechend. Mit ihrer Sammel-Leidenschaft und dem Faible für das Entdecken des Unbekannten haben die beiden gemeinsame Interessen, was einen organischen Verlauf ihrer Beziehung erlaubt. Als ich im Kino saß, habe ich richtig mit den beiden mitgefiebert – und das, obwohl ich das Ende der Geschichte bereits kannte.

Zu guter Letzt bleibt noch zu erwähnen, dass Arielle gerade im dritten Akt des Films weniger hilflos zuschaut und stattdessen selbst die Initiative ergreift, was mir ebenfalls gut gefallen hat – schließlich heißt der Film Arielle, die Meerjungfrau und nicht Eric und die Meerjungfrau.

Wer haucht der kleinen Meerjungfrau und allen anderen Leben ein?

Der Film ist meiner Meinung nach durchweg gut besetzt – dabei habe ich besonders drei Highlights.

Mit Halle Bailey hätte man keine bessere Wahl für die Rolle der Arielle treffen können. Die neugierige, etwas tollpatschige Meerjungfrau, die im Verlauf ihres Abenteuers selbstbewusster wird, verkörpert sie authentisch und auf eine Weise, mit der ich mich gut identifizieren konnte. Es macht Spaß, ihrem Schauspiel zuzusehen, gerade wenn sie im zweiten Akt des Films komplett stumm spielt. Wenn sie ihre Stimme dann für Gesangseinlagen nutzt, wird klar, dass sie auch das kann.

Jonah Hauer-King verkörpert Prinz Eric, und auch seine schauspielerische Leistung ist für mich ein Highlight des Films. Egal ob er in jugendlicher Unbeschwertheit auf seinem Schiff herumklettert, beinahe ertrinkt, weil seine Figur einen Hund retten will, am Strand eine Ballade schmettert, Arielle das Königreich an Land zeigt oder vor wichtigen Entscheidungen zögert – es entsteht ein stimmiger, durchweg sympathischer Charakter, mit dem ich genauso sehr mitgefiebert habe wie mit Halle Baileys Arielle.

Ursula ist mit Melissa McCarthy meiner Meinung nach perfekt besetzt. Ihr dramatisches, stellenweise fast übertriebenes Schauspiel passt gut zur Rolle und das Timing ihres Texts ist perfekt, woran sicherlich auch Drehbuchautor:innen und Cutter:innen ihren Anteil hatten. Man kann mit ihrer Ursula durchaus lachen, und dennoch bleibt sie eine ernstzunehmende Gegenspielerin – ein schwieriger Balanceakt, den McCarthy meistert.

Fazit

Ist Arielle, die Meerjungfrau (2023) ein Cashgrab? Mit etwa 260 Millionen Dollar war das Budget für den Film vergleichbar oder sogar höher als das anderer Realfilm-Blockbuster, eingeschlossen von Disney. Vom finanziellen Aufwand her kann man diese Frage also durchaus mit ‘nein’ beantworten. Dennoch: Ich persönlich hätte mich über einen komplett neuen Film im gleichen Stil sicherlich etwas mehr gefreut als über die Neuauflage eines noch gar nicht mal so alten Klassikers. Trotzdem ist Arielle, die Meerjungfrau (2023) ein wunderschöner, spaßiger Film, den ich mir gerne angeschaut habe.

Bewertung: 4 von 5 funklust-Logos

Autor:in: Cassandra Haas