audio funklust Rezension web

Rezension: Barbie

Once upon a time in Barbieland…
Bild: Barbie The Movie

Es war einmal ein fröhliches, pink-glitzendes Reich, voll von Mattel-gebrandeten Barbies und beiseitegeschobenen Kens, die sich nun zum ersten Mal mit der Realität auseinandersetzen müssen.

In etwa so lässt sich der Plot des neuen Barbie-Films in einem Satz zusammenfassen. Klingt vielleicht auf den ersten Blick etwas flach. Doch ganz im Gegenteil: Die Simplizität und der Humor, mit dem Warner Bros. Mattel auf die Schippe nimmt und gleichzeitig ein riesiges Thema der heutigen Gesellschaft anspricht, machen den Hype nachvollziehbar und real und sorgen dafür, dass unsere Kindheitsheldin neue Relevanz erlangt.

Wir, oder besser gesagt die stereotype Barbie (Margot Robbie) startet in den perfekten Tag. Duschen ohne Wasserverschwendung. Zähneputzen, um gegen den nicht-vorhandenen Mundgeruch vorzugehen. Ein Sprung vom Dach, der in ein elegantes Schweben bis hin zum pinken Flitzer auf dem Boden übergeht. Genau wie in unserer Kindheit. Ein Date mit Ken (Ryan Gosling) am Strand, der wie immer „Beach“ macht und der später bei ihr übernachten will, einfach, weil sie „Freund und Freundin sind.“ Abends geht es auf die – wie immer – perfekte Glitzerparty, mit Astronauten-Barbie, Präsidenten-Barbie und Anwalt-Barbie. Ihr hört richtig: Barbies statt Männer, oder Kens, in Führungspositionen.

Ein Kleinmädchentraum, den Barbie (neben standardisierten, unerreichbaren Schönheitsidealen) schon immer verkörpert hat. Das Patriarchat ist umgekehrt, die Kens haben nichts zu sagen und sind nur nettes Accessoire.

Doch alles verändert sich, als die stereotype Barbie plötzlich Todesgedanken hegt und – viel schlimmer noch – Cellulite an ihren Beinen feststellt. In Barbie-Topia unvorstellbar! Um das Gleichgewicht wiederherzustellen, muss Margot Robbie einen rasanten, von absichtlich-billigen Zeichentrick-Momenten geprägten Weg auf sich nehmen – in die echte Welt.

Der Film wird politisch und bricht mit der Erwartungshaltung einer seicht-pinken Plastik-Utopiewelt. Plakativ und eindeutig. Unterstrichen von Regisseurin und Drehbuchautorin Greta Gerwig, die der hübschen Barbie nicht nur neues Leben, sondern auch Feminismus einhaucht. Auch die Wahl der Schauspielerinnen spricht dafür: Die Barbies sind divers.

Wer jetzt einen ausgeklügelten, bahnbrechenden Blockbuster erwartet, der alles bisher Bekannte auf den Kopf stellt, den muss ich leider enttäuschen. Vielmehr zeigt Barbie das auf, was schon lange Problem in der Welt junger Frauen ist. Sie stellt Fragen wie „Was kann ich?“, „Wer bin ich?“, „Wo liegt mein Wert?“, und das auf verspielte, witzige Art, die ein so schwieriges Thema etwas verdaulicher macht.

Der Humor, mit dem das Skript geschrieben ist, ist schlicht, einfach, leicht zu verstehen. Flache Jokes, die den Spielzeug-Charakter hervorheben. Doch haben sie denselben Effekt, wie wenn wir uns eine alte Kinderserie anschauen und manche Witze erst als Erwachsene verstehen. Leichte Sprache zu Beginn, die den Kontrast zu intellektuelleren Formulierungen hervorhebt. Fast so, als würden Kinder mit den Puppen spielen und sich ihre Gespräche ausdenken.

Barbieland sprüht nicht nur von Vorurteilen, ausgefallenen Outfits, Plastik und Glitzer, sondern auch von Nostalgie – genau darin liegt das Erfolgsgeheimnis. Doch schon lange bevor der Film tatsächlich in die Kinos kam, war es um mich (und vermutlich um uns alle) geschehen: Barbie-Modekollektionen, eine Kooperation mit Airbnb oder Burger King, Margot Robbie in Barbie-angelehnten Outfits, und, und, und… Selbst wenn man es gewollt hätte, dem pinken Zuckerwatte-Wahn konnte niemand entfliehen.

In diesem Zusammenhang habe ich viele Videos und Artikel rund um genau dieses Thema gesehen: Ist der Barbie-Film eigentlich nur eine einzige große Schleichwerbung? Rennt ein jeder nach Verlassen des Kinos in den nächsten Schuhladen und kauft alles, was bei drei nicht rosa funkelt? Und falls ja, sollte uns das stören? Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Ich sage nein. Das Leben ist ernst genug, ein wenig Glitzer schadet da niemandem.

Das Erlebnis, mit den Freundinnen in pinke Outfits zu schlüpfen und auf der Leinwand unser früheres Lieblingsspielzeug live in action zu sehen, ist schon ein Highlight, das ich jedem nur empfehlen kann. Auch für die Schauspieler:innen allein lohnt es sich. Der auf einer Ebene schlichte Film mit tiefergehendem Thema verläuft zwar anders als zuvor gedacht, sorgt aber nicht weniger für Lacher und nostalgische Momente, die ich persönlich sehr genossen habe. Jetzt hole ich meine alte Barbie-Kiste aus dem Keller.

Und wenn Barbie nicht gestorben ist, dann seht den Film noch heute.

Autorin: Madelaine Wilma