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„In Bayern lebt es sich einfach besser“ – Das Wahlprogramm der CSU

Am 08. Oktober 2023 wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Mit der Botschaft “In Bayern lebt es sich einfach besser” wirbt die CSU in ihrem Wahlprogramm dafür. Schließlich sei das nicht ohne Grund der Fall. Da davon auszugehen ist, dass die CSU auch in der nächsten Wahlperiode die Regierung mit stellen wird, lohnt sich ein Blick ins Wahlprogramm. 

Logo: Christlich-Soziale Union (CSU)

Disclaimer: Unser Blick auf die umfangreichen Wahlprogramme der Parteien ist bewusst studentisch gewählt und behandelt dementsprechend drei Schwerpunktthemen, die wir als relevant für diese Zielgruppe identifiziert haben: Infrastruktur und Klima, Bildung und Wissenschaft sowie Gesellschaft und Demokratie.

Mit insgesamt 15 Themenschwerpunkten auf nur 22 Seiten wirbt die CSU in einem kompakten Wahlprogramm für sich. Bei der letzten Landtagswahl erzielte die CSU ein Ergebnis von 37,2% (-10,4% zu 2018), womit sie nicht mehr die absolute Mehrheit im Landtag besaß und deshalb eine Koalition mit den Freien Wählern einging. Auch in diesem Jahr liegt die CSU laut Wahlprognosen bei einem ähnlichen Prozentwert. Ausgehend davon kann mit hoher Sicherheit angenommen werden, dass die CSU weiterhin regieren wird. Zudem hat sich der Spitzenkandidat und Ministerpräsident Markus Söder erneut klar gegen eine Koalition mit den Grünen ausgesprochen und sich auf eine Koalition mit den Freien Wählern festgelegt. Das langjährige Regieren der CSU in Bayern spiegelt sich auch in ihrem Wahlprogramm wider. Es wird zentral auf Kontinuität und die Fortführung bestehender Pläne gesetzt.

Energie, Klima und Mobiliät

„Heimatnetze gehören in Heimathand“ – damit wirbt die CSU dafür, so viel Energie wie möglich in Bayern zu produzieren. Die Kapazität an erneuerbarer Energie soll dabei mit Hilfe des Ausbaus von Speichern und Netzen bis zum Jahr 2030 verdoppelt werden. Ziel ist es, Preisstabilität und Energiesicherheit zu schaffen. Es werden zudem unterschiedliche Energieformen gelistet und konkrete Zahlen genannt. Photovoltaik soll unter anderem durch den Ausbau auf staatlichen Gebäuden gefördert werden.
Durch die Reform der 10H-Regel – eine Regelung, die aktuell vorschreibt, dass Windräder einen Mindestabstand vom Zehnfachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden haben müssen – sowie durch zusätzliches Personal sollen bis 2030 1.000 neue Windräder in Betrieb genommen werden. Eine kürzliche Anfrage der Grünen im Landtag zeigte jedoch, dass die Reform bisher wenig Wirkung zeigt und der Windkraftausbau in Bayern weiterhin schleppend vorangeht. Die CSU setzt zudem auf Bioenergie, Geothermie, Wasserstoff und Kernenergie. Auch der Plan, bayerische Kernkraftwerke weiterhin zu betreiben („notfalls in eigener Zuständigkeit“) und die Forschung an Kerntechnologie und Kernfusion zu fördern, wird im Wahlprogramm festgehalten. Eng verbunden hiermit ist der Bereich der Mobilität. Die drei wichtigsten Themen – Radfahren, Auto und Schienenverkehr – werden einzeln thematisiert. Der Radverkehr soll gestärkt werden, nämlich durch den Ausbau von Fahrradwegen, den Aufbau eines landesweit durchgängigen Radverbindungsnetzes, die Ermöglichung der Fahrradmitnahme im ÖPNV für 1€ und durch ein Dienstrad-Leasing-Modell. Den Autoverkehr und die Automobilindustrie thematisiert die CSU als zentralen Bestandteil Bayerns: „Wir sagen „Ja“ zur Ansiedlung neuer Werke und wir sagen „Ja“ zum Verbrenner. Wir wollen kein generelles Verbrenner-Verbot der EU ab 2035.“ Parallel soll das Netzwerk für E-Auto-Ladestationen ausgebaut und weitere Forschung für klimaneutrale Verbrenner, vor allem im Bereich Wasserstoffmobilität, vorangetrieben werden.
In Bezug auf den Schienenverkehr spricht die CSU zentral vom Standort München. Unter dem Punkt „Öffentlichen Nah- und Fernverkehr attraktiver machen“ thematisieren sie lediglich das vergünstigte Deutschlandticket für Schüler:innen, Studierende und Auszubildende sowie die Stärkung klimaneutraler Innovationen.

Bildung und Wissenschaft

Der Bereich Bildung fällt mit sieben Abschnitten vergleichsweise kurz aus. Die CSU lehnt hierbei jede Einmischung des Bundes ab. Sie fordern zudem einem Sprachfeststellungstest bei Vorschulkindern, um deren Deutschkenntnisse zur Einschulung zu garantieren. Es sollen 8.000 neue Stellen für Lehrer:innen und mehr Studienmöglichkeiten geschaffen werden. Aber auch für andere Bereiche hält das Wahlprogramm der CSU explizite Steigerungen des Studienangebotes fest, vor allem im Bereich Hightech, Medizinausbildung sowie generelle Steigerungen im ländlichen Raum. Insbesondere in MINT-Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Luft- und Raumfahrt und Quantencomputing sollen Förderungen stattfinden. Die CSU plant ein eigenständiges Luft- und Raumfahrtprogramm für Bayern. Zudem möchte die CSU in jedem Landkreis sogenannte „Technologietransferzentren“, die dem Mittelstand Forschungsergebnisse der Hochschulen leichter zugänglich machen sollen.

Gesellschaft und Demokratie

Das Wahlprogramm der CSU enthält viele gesellschaftliche und soziale Themenpunkte. Wohlstand schützen – durch einen gezielten Abbau von Bürokratie und einer Klage am Amtsgericht Karlsruhe gegen den Länderfinanzausgleich. Migration und Integration – „Bayern integriert in Arbeit und nicht in die Sozialsysteme.“ Familien unterstützen – durch Familiengeld, den Ausbau von Kita- und Hortplätzen und Förderung von Home-Office und mobilem Arbeiten. Bezahlbarer Wohnraum – die CSU bezieht sich hier vor allem auf das Eigenheim. Zusätzlich will sie in neue Wohnungen investieren – unter anderem durch den Zusammenschluss der bayerischen Wohnungsbaugesellschaften. Bayerische Identität und Kultur – „Sprechen wie man will, essen was man mag, lieben wen man liebt, leben und glücklich werden nach seiner Façon.“ Dieses Zitat kann als Kritik an der – wie es Markus Söder nennt – „Wokeness, Cancel Culture und Genderpflicht“ der Regierung in Berlin verstanden werden. Stattdessen sollen das Ehrenamt gefördert, die Rundfunkgebühren stabil gehalten und die bayerische Kultur – von Museen über die Vielfalt der Dialekte bis hin zu christlichen Feiertagen – erhalten werden. Das soll den Zusammenhalt und die bayerische Identität stärken.

“Die CSU ist die Stimme Bayerns in Berlin”

Mit diesem Satz wirbt die CSU für sich und macht auf ihre Bedeutung auf Bundesebene aufmerksam. Das spiegelt sich auch im Wahlprogramm wider. Es wird klar formuliert, welche Neuerungen und Vorschläge der Ampelregierung die CSU ablehnt. Die CSU spricht sich gegen das Bürgergeld sowie die Pläne der Bundesregierung zum Heizungsgesetz aus. Modernes Heizen soll gemeinsam mit Kommunen, Stadtwerken und Bürger:innen gestaltet werden. In Bezug auf den Tourismus wird sich gegen die Bettensteuer ausgesprochen, und in Bezug auf Wohnbau wird von einem “Gegenmodell” zum Bund gesprochen – die CSU will mehr Eigenheime statt Plattenbauten, heißt es im Wahlprogramm. Auch die Legalisierung von Cannabis will sie zumindest in Bayern verhindern. Zusammengefasst findet sich viel Kritik am Bund im Wahlprogramm wieder, dessen Entscheidungen die CSU entgegentreten will.

Ein interessanter Punkt im Wahlprogramm ist der Absatz zum Thema “Miteinander der Generationen stärken”, in welchem der Fokus jedoch ausschließlich auf der älteren Generation liegt. Die Rede ist hier von der Förderung der Teilhabe älterer Personen, nicht aber der Förderung der politischen Mitgestaltung jüngerer Menschen. Die CSU thematisiert in diesem Absatz die Förderung von seniorengerechtem Wohnen und Mehrgenerationenhäusern, was sie mit dem Hintergrund der Vereinsamung älterer Menschen kontextualisieren. 

Insgesamt zeigt sich die CSU mit vielen konkreten Plänen und Vorsätzen. Diese werden sie mit hoher Wahrscheinlichkeit mit den Freien Wählern in einem Koalitionsvertrag abstimmen. Welche Punkte die gemeinsame Regierung in den letzten fünf Jahren erledigt hat, kann man in einer Beitragsreihe zur Koalitionbilanz von BR24 nachlesen. Die zentrale Gemeinsamkeit der beiden Regierungsparteien ist die Stärkung des ländlichen Raums und die Förderung regionaler Produkte (beispielsweise durch die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer). Beide Parteien sind gegen einen Zwang zum Gendern und sprechen sich für eine strengere Bestrafung von Klimaaktivist:innen aus. Einer der wenigen Punkte, die in der Koalitionsverhandlung diskutiert werden müssen, ist die 10H-Regel für Windkrafträder. Hier sprechen sich die Freien Wähler im Vergleich zur CSU für eine Abschaffung aus. In Hinblick auf die aktuelle Flugblatt-Affäre von Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger lässt sich abschließend noch erwähnen, dass sich die CSU in ihrem Wahlprogramm gegen Antisemitismus und für neue Formen und Formate der Erinnerungsarbeit ausspricht.

Autorin: Elisabeth Orlov