Am 8. Oktober wird ein neuer Landtag in Bayern gewählt. Auch DIE LINKE ist überaus präsent im Wahlkampf und präsentiert sich dabei als die Opposition, die Bayern braucht. Auf knapp 100 Seiten Wahlprogramm erklärt DIE LINKE ihre Standpunkte. Besonderer Fokus liegt dabei auf Infrastruktur (Wohnen, Energie, Mobilität) und sozialen Themen wie Pflege und Bildung.
Disclaimer: Unser Blick auf die umfangreichen Wahlprogramme der Parteien ist bewusst studentisch gewählt und behandelt dementsprechend drei Schwerpunktthemen, die wir als relevant für diese Zielgruppe identifiziert haben: Infrastruktur und Klima, Bildung und Wissenschaft sowie Gesellschaft und Demokratie.
Im Wahlkampf zur bayerischen Landtagswahl steht der aktuellen, eher konservativen Regierung, bestehend aus CSU und Freien Wählern, auch DIE LINKE gegenüber. Die bayerische Landesvorsitzende der Linken, Adelheid Rupp, wird für die Partei als Spitzenkandidatin ins Rennen gehen. Die Partei schneidet laut aktuellen Umfragewerten zwar nur mit unter 2% ab und wird demnach auch nach dieser Landtagswahl voraussichtlich nicht in den Landtag einziehen. Dennoch ist die Partei besonders unter Studierenden beliebt und präsent.
Energie, Klima und Mobilität
DIE LINKE setzt in vielen Punkten ihres Wahlprogramms auf Verstaatlichung und damit auch auf den Abbau des Kapitalismus. Sowohl Energieversorgung als auch Hochschulen und Wohnraum sollen aus ihrer Perspektive in öffentliche Hand gegeben werden, um so unabhängig von Marktinteressen agieren zu können. So soll, laut der LINKEN, ein sozial gerechterer und auch nachhaltigerer Umgang mit den jeweiligen Ressourcen erreicht werden. Verantwortung soll von den einzelnen Personen hin zur öffentlichen Verwaltung und Politik gegeben werden. In diesem Zusammenhang wird an einigen Stellen auch gefordert, Unternehmen wie Immobilien-Riese Dawonia zu enteignen oder große Unternehmen stärker in die Verantwortung zu ziehen, die Pariser Klimaziele und andere Ziele dieser Art zu erreichen.
Großer Fokus im Wahlprogramm liegt auf den Themen Öffentlicher Personennahverkehr und Wohnen. Besonders die sozialen Komponenten stehen dabei im Fokus des Wahlprogramms. So fordert DIE LINKE den Ausbau von sozialem Wohnraum für Studierende mit mindestens 3.000 neuen Wohnheimplätzen pro Jahr in Bayern. Für eine gute Ausbildung seien laut der Partei auch entsprechend gute Lebensumstände für Studierende notwendig. Darum wird zum einen ein preislich angepasstes ÖPNV-Angebot für Personen in Ausbildung und Studium sowie eine ausreichende und dauerhafte Finanzierung der Studierendenwerke durch das Land gefordert.
Bildung und Wissenschaft
Beim Thema Bildung übt DIE LINKE Kritik an dem in Bayern vorherrschenden dreigliedrigen Schulsystem. Besonders der Wettbewerbsgedanke, der mit dem Schulsystem zusammenhängt, scheint der LINKEN aufzustoßen. Darum möchte sie das mehrgliedrige Schulsystem hin zu einer “Schule für alle”, die von der ersten bis zur zehnten Klasse geht, reformieren. Zudem kritisiert DIE LINKE, dass Bildungsthemen aktuell nur auf Landesebene entschieden werden. Sie fordern, Bildung zu einer gemeinsamen Aufgabe von Bund und Ländern zu machen.
Über Schulen und Hochschulen hinaus will DIE LINKE das Recht auf Bildung weiter ausbauen. Sie fordern den Rechtsanspruch auf Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen inklusive Bildungsurlaub, wie es ihn bereits in anderen Bundesländern gibt. Auch das Angebot an Teilzeit-Studiengängen an bayerischen Hochschulen soll gefördert und ausgebaut werden. Aber nicht nur für Bildung von Nicht-Akademiker:innen macht sich DIE LINKE stark. Auch für Absolvent:innen sollen die Schwellen für So sollen zum Beispiel Zulassungsbeschränkungen für Master-Studiengänge bayernweit an Hochschulen aufgehoben werden.
Gesellschaft und Demokratie
Der Fokus des Wahlprogramms führt bei jedem thematischen Teilaspekt auf einen Punkt zurück: Soziale Gerechtigkeit. Egal, ob es um Energieversorgung, Bildung, Wirtschaft oder Wohnen geht, der Bogen wird immer dahin geschlagen, durch gezielte politische Veränderungen die soziale Gerechtigkeit wiederherzustellen. Dass es gerade keine oder nur dürftige soziale Gerechtigkeit gibt, wird auch unverblümt formuliert und auf die vorherrschende “verfehlte Politik” zurückgeführt.
DIE LINKE möchte dagegenwirken, dass Minderheiten gesellschaftlich ausgegrenzt werden. Dafür soll unter anderem ein Aktionsplan gegen Transphobie und Homophobie entwickelt werden. Auch mit der Bewegung “Queerer Aktionsplan Bayern jetzt” sympathisiert DIE LINKE offen. Es soll überdies mehr direkte Demokratie, sowohl an Hochschulen und in Unternehmen (Arbeitgeber-Arbeitnehmer:innen-Verhältnissen) als auch in der gesamten Bevölkerung, geben. Dafür unterstützt die LINKE Konzepte wie Bürger:innenräte, also Gruppen aus zufällig gewählten Bürger:innen, die als Repräsentant:innen der Bevölkerung Lösungen für politische Problematiken finden sollen.
Sprachliche Besonderheiten des Wahlprogramms
Bei der Lektüre des Wahlprogramms fallen besonders einige Formulierungen auf. Natürlich ist es im Wahlkampf ein verbreitetes und auch gerechtfertigtes Stilmittel, die eigenen Forderungen an den aktuell regierenden Parteien zu messen und sich davon positiv abzugrenzen. DIE LINKE formuliert teilweise jedoch drastische Kritik gegenüber der aktuellen Regierung und stellt sich im Vergleich zu anderen Parteien als Ausnahme dar. Das zeigen beispielsweise Zitate wie:
“Als einzige Partei ist DIE LINKE bereit, sich mit den Interessen der Konzerne und Aktionär:innen anzulegen und die Interessen der Mehrheit in das Zentrum der Wirtschaft zu rücken.”
Oder:
“Für uns als Partei ist aber klar: Die anderen Parteien haben kein Interesse daran, die echten Verursacher:innen der Klimakatastrophe anzugreifen: die Superreichen und den Kapitalismus.”
In diesen Formulierungen schwingt nicht nur Kritik an der Regierung und den anderen Parteien mit, sondern ein Vorwurf, dass per se keine Lösungen von den anderen Parteien gefunden werden wollen. Hier kann ein “Wir gegen die anderen”-Narrativ interpretiert werden. Die “Interessen der Mehrheit” zu vertreten und zu kennen ist auch eine Aussage, die einer detaillierten Einordnung zugrunde liegen sollte. Zumal im Programm daraufhin nicht exakt erklärt wird, welche Interessen dies sind und vor allem, wer mit dieser Mehrheit gemeint ist, scheint hier eine Formulierung gewählt zu werden, die an Populismus grenzt und an Äußerungen erinnert, die in ähnlicher Form beispielsweise im Wahlprogramm der AfD vorkommen. Es wird in diesem Zitat zudem suggeriert, dass aktuell von der Politik nicht die Interessen der Mehrheit in der Wirtschaft vertreten werden. Auch um diesen Vorwurf nachvollziehen zu können, würde eine genauere Darstellung des Ist-Zustands der vertretenen Interessen helfen, die Authentizität der parteilichen Aussage zu stärken.
Die Opposition, die Bayern braucht?
Im Wahlprogramm wird die Linie der LINKEN klar ersichtlich. Sie wollen Verstaatlichungen und dennoch mehr direkte Demokratie. Ob dies per se ein Widerspruch ist, kann hinterfragt werden. DIE LINKE steht in jedem Fall für soziale Gerechtigkeit und eine offene Gesellschaft, in der den sozial Schwächeren geholfen wird. Dabei gleichen sie sich an SPD und Grüne an, agieren in ihren Forderungen jedoch immer etwas drastischer. Sie formulieren besonders bei großen Themen wie Bildung und Wohnen Veränderungswünsche, die zum Teil nachvollziehbar und detailliert ausgeführt sind, zum Teil aber auch vermuten lassen, dass manche wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen nicht vollends mitgedacht wurden. Doch möglicherweise sind es genau solche teils etwas hoch gegriffenen Lösungsvorschläge aus dem linken Spektrum, die im Zusammenspiel mit den konservativen Parteien wie der CSU zu realen Lösungen führen könnten, die sich in der politischen Mitte treffen. Ob DIE LINKE jedoch wirklich die Opposition ist, die Bayern braucht, bleibt den Wähler:innen überlassen.
Autorin: Lisa-Marie Guja