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Album der Woche KW 47: AJR – The Maybe Man

„Who am I to tell me who I am?“ Tiefgründige rhetorische Fragen wie diese dominieren das neue Album der Band AJR. 

Bild: ajrbrothers.com
Was gibt es über die Band AJR zu sagen? 

Von Spotify werden sie bezeichnet als „Revolutionäre des Pop“ und wenn man auf verrückte Texte und experimentelle Beats steht, könnte man diese Beschreibung glatt unterschreiben. Die drei Brüder Adam, Jack und Ryan – kurz AJR – haben im November ihr fünftes Album veröffentlicht. Bekannt geworden sind die Musiker vor allem durch Hits wie „World’s Smallest Violin“, der 2021 die sozialen Medien im Sturm eroberten. 

Doch auch abseits der Top-Hits findet sich einiges sehr Hörenswertes von AJR. Dies beweist auch das aktuelle Album The Maybe Man wieder. Schon Anfang des Jahres hat die Band angekündigt, dass mit TMM ein Album herauskommen wird, das sich von ihrer vorherigen Musik stark unterscheidet. Als AJR-Kenner lässt sich diese Ankündigung allerdings nicht unbedingt bestätigen. The Maybe Man startet wie die Alben zuvor mit einer Ouvertüre, also einer Zusammenstellung verschiedener musikalischer und textlicher Elemente, die in den Songs des Albums vorkommen. Im ersten Song „Maybe Man“ wird neben der musikalischen Einleitung auch das Thema des Albums präsentiert: Wer bin ich jetzt und wer will ich in Zukunft sein? 

„Who am I to tell me who I am?“

So kreativ AJR dieses Thema in den 12 Songs auch verarbeitet, sonderlich neu ist das Motiv im Hinblick auf ihre Diskographie nicht. Doch obwohl sich die Ankündigung nicht bewahrheitet hat, macht das neue Album wieder jede Menge Spaß. Selbstironische Songs wie „Steve’s Going to London“ bringen einen zum Schmunzeln.

Steve’s going to London

Dan peed in the pool

Tom fell for his best friend’s mom

But what the hell you gonna do?

Steve’s Going to London – AJR

Energiegeladene Pop-Hits wie „I Won‘t“ reißen mit ihrer guten Stimmung mit. Und wer es musikalisch experimentell mag, wird auch nicht enttäuscht sein. Synthesizer und Violinenspiele werden zusammengebracht und ergeben wunderbare Kunstwerke wie den Song „DJ is Crying for Help“. Wie bereits auf dem letzten Album OK Orchestra werden die Brüder in manchen Songs aber auch sehr leise und ehrlich tiefgründig. Alle Selbstironie fällt in den letzten zwei Songs weg, die von ihrem kranken Vater und ihrer Sorge vor der Zukunft auf diesem Planeten handeln. Und man merkt auch hier wieder einmal: Hinter den größten Komikern stecken manchmal doch sehr traurige Personen. 

God is really real

When you really, really need him

Life’s fuckin‘ long til it stops

And God’s fuckin‘ fake til he’s not

God is Really Real – AJR

Auf der Bühne merkt man davon übrigens nichts. Aktuell sind die Brüder mit ihrem Album auf Tour durch die USA und Europa. Im September waren sie auch in Berlin zu hören. Mit viel Witz und musikalischem Können sowie einer 1A-Bühnenshow reißen die Drei mit guter Laune ab und lassen die stillen, nachdenklichen Songs auf ihren Alben ruhen.  

Alles in allem haben Fans von AJR mit The Maybe Man ein weiteres hervorragendes Album bekommen, das dem musikalischen und inhaltlichen Stil (wider Erwartung und Ankündigung) sehr treu bleibt. Und wieso sollte man auch etwas vollkommen verändern, das gut bei den Fans ankommt und der Band offenkundig Spaß macht. 

Autorin: Lisa-Marie Guja