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Moritz‘ Metal des Monats – Mai 2024

Das Jahr 2024 startete für Metal-Fans sehr stark. Daher habe ich, funklust-eigener Metalhead Moritz, mal meine Highlights aus den letzten Monaten zusammengetragen und stelle sie euch hier vor.

Bild: funklust e.V.

Nach einem aus meiner Sicht etwas ernüchternden Album-Jahr 2023 startete dieses Jahr sehr stark für Metal-Fans. Ich hab hier mal meine Highlights rausgepickt, da sollte für alle was dabei sein, die zumindest ein bisschen was mit härterer Musik anfangen können.

Amaranthe – The Catalyst

Ganze vier Jahre haben Fans von Amaranthe auf dieses Album warten müssen, was den Umbruch der Band widerspiegelt. 2022 kündigte der Growler der Band, Henrik Englund Wilhelmson, besser bekannt unter dem Alias “GG6”, seinen Rückzug aus der Band an. Für ihn sei Touren und Musikproduzieren kein Hobby mehr, sondern eine Aufgabe, die es zu bewältigen gelte. Daher habe er sich entschieden, sich anderen Dingen in seinem Leben zu widmen und mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Bereits an ihrer letzten Tour Ende 2022 nahm er nicht mehr teil und Anfang 2023 ist dann Mikael Sehlin der Band beigetreten. Dem generellen Klang des neuen Albums The Catalyst merkt man das aber nur bedingt an. Nicht weil der gutturale Gesang austauschbar wäre, sondern weil die Band es geschafft hat, ihn perfekt neu zu besetzen. Wer sich jetzt unter gutturalem Gesang nichts vorstellen kann: Das nennt man auch Growling und es bezeichnet die tieferen Gegenstücke zum Screaming (oder Geschrei, für alle Kunstbanausen da draußen). In The Catalyst ist die Präsenz des Growlings allerdings nicht mehr so stark wie vorher. Die Frontsänger:innen Elize Ryd und Nils Molin zeigen auf The Catalyst hauptsächlich ihre Harmonie in Duetten und ihre Stimmgewalt. Dabei drängt sich allerdings niemand in den Vordergrund und es ist am Ende wie gewohnt eine gelungene Abwechslung aller Stimmlagen. Ansonsten handelt es sich um ein typisches Symphonic-/Power-Metal-Album.

Besonders bemerkenswert an The Catalyst ist, dass die Qualität durchgehend hoch ist. Grundsätzlich wirkt die Produktion sehr hochwertig, besonders da keine Lückenfüller existieren. Die vorherigen Alben hatten manchmal das Problem, dass sehr viele Songs nicht so richtig für sich existiert haben, sondern nur im Kontext des Albums. Das ist hier nicht mehr der Fall. Bravo an Amaranthe für dieses Album. Besonders die Singleauskopplung Damnation Flame zeigt hier die Power der Band und ist mein persönliches Highlight des Albums.

New Years Day – Half Black Heart

New Years Day hat ganze fünf Jahre mit einem neuen Album auf sich warten lassen. Verantwortlich dafür war vor allem die Corona-Pandemie. Der Klang der Band hat sich hier definitiv gefestigt. Während ihre früheren Alben Victim to Villain und Malevolence noch etwas jugendlich klingen, wirkt der neue Release Half Black Heart wie eine erwachsene Fortsetzung des 2019 erschienenen Album Unbreakable. Besonders bemerkbar macht sich die stimmliche Präsenz der Frontsängerin Ashley Costello, was vor allem daran liegen dürfte, dass sie das einzig übriggebliebene Gründungsmitglied ist. Gutturaler Gesang ist zwar vorhanden, wird aber hauptsächlich im Hintergrund verwendet. Dass die Band immer noch in einer Findungsphase steckt, lässt sich trotz halbwegs neuem Lineup nur schwer behaupten. Vor allem die Gitarrenriffs haben einen sehr eigenen, wiedererkennbaren Klang. Das Album ist ein Mix aus postapokalyptischen Songs und horror-anmutenden Hymnen, die so klingen, als würde die Band versuchen, einen Dämon zu beschwören oder zu exorzieren – so ganz sicher bin ich mir da ehrlicherweise nicht. Eine Auswahl zu treffen, welche Songs Half Black Heart am besten repräsentieren, fällt mir wirklich schwer. Fast jeder Song hat seine eigene Besonderheit – sei es der generelle Klang, die Gitarre, die sich durch ihre einzigartigen (oder eigenartigen) Variationen bemerkbar macht, oder einfach die Stimme der Sängerin Ash. 

Blind Channel – Exit Emotions

Mit ihren vorherigen Alben wirkte Blind Channel ein wenig wie eine Pop-Boygroup, die versucht, Metal zu machen. Die Songs klingen schön catchy und haben immer einen poppigen Beat. 

Und bevor mir jetzt jemand sagen will, dass das meine subjektive Meinung ist: Das Album von 2020 heißt literally Violent Pop. Ich sehe das auch überhaupt nicht negativ. Metalfication von Popsongs ist immer gut. Exit Emotions klingt allerdings deutlich mehr wie Metal-Metal. Nach erfolgreichen Support-Touren von Größen wie I Prevail oder Electric Callboy hört man den ein oder anderen Einfluss der Postcore-Szene gut heraus. 

Blind Channel hat den eigenen Pop-Sound genommen und verhärtet. Aber es findet sich mit Die Another Day sogar eine Ballade auf dem Album wieder. Generell schwankt die Qualität aber zwischen Highlights und etwas austauschbaren Albumfüllern. Die Songs sind nicht schlecht, aber da geht noch mehr. Highlights finden sich in den Singleauskopplungen Deadzone und Flatline wieder. Letzterer bringt ein bisschen EDM-Feeling auf. Nachdem der größere Erfolg der Band aber noch recht jung ist, ist da auf jeden Fall eine spannende Entwicklung in den nächsten Jahren möglich.

Das größte Highlight ist ein bisschen die größte Schwachstelle des Albums. XOXO feat. From Ashes to New ist ein absoluter Banger und läuft bei mir gerade rauf und runter. Allerdings klingt der Song hauptsächlich nicht nach Blind Channel, sondern eben nach dem Feature-Gast. Letztendlich ist das aber Meckern auf hohem Niveau. Exit Emotions ist aus meiner Sicht das beste Blind Channel-Album bis jetzt und macht Laune auf die Zukunft der Band.

Harper – I Hope You Choke

Neben den ganzen Alben, die in den letzten Monaten erschienen sind, gab es auch ein paar Single-Veröffentlichungen, die es in sich hatten. Allen voran der neue Song der Sängerin Harper. In Deutschland eher unbekannt, hatte die mittlerweile 12-Jährige vor drei Jahren bei America’s Got Talent Wellen geschlagen, als sie die Jury mit ihrer Performance des Songs Holy Roller von Spiritbox von sich überzeugte. Seitdem folgten ihre ersten eigenen Singles, unter anderem mit einem Feature von We Came As Romans und Brand of Sacrifice. Ihr neuer Song I Hope You Choke adressiert dabei ihre Hater und ihren Frust, den sie durch all die Bevormundung bekommt. Besonders beeindruckend ist der Refrain, in dem sie zum ersten Mal neben ihrem Talent zum Screaming auch Clear Vocals einsetzt und diese mit ihren eigenen Screams doubelt. Spätestens jetzt sollten alle Hater sich das nochmal ganz genau überlegen, wenn sie ihr vorwerfen, die Musik nicht richtig zu machen. 

So ein Talent muss behütet bleiben! Daher freut es mich umso mehr, dass ihre Eltern scheinbar eine große Stütze bei ihrer Musik sind und sie eben nicht unter Druck setzen. Wie auch immer es weitergeht, ich bleibe sehr gespannt und freue mich über jede weitere Single und irgendwann eventuell auch über ein Album. Bis dahin läuft bei mir I Hope You Choke aber einfach weiter in Dauerschleife.

Exit Eden – Femmes Fatales

Nach dem Erfolg des Albums Rhapsody in Black arbeiteten die drei Frontsängerinnen in den letzten Jahren ergiebig an ihrem nächsten Projekt. Diesmal mit dem Ziel, auch eigene Songs zu kreieren. Bemerkenswert ist an der Stelle vor allem, dass alle drei weiterhin auch in ihren eigenen Bands aktiv sind. Gesungen wird dabei sowohl auf Englisch als auch auf Französisch, was vor allem durch Clémentine Delauney kommt. Die französische Sängerin dürfte einigen vielleicht durch ihr Gastspiel bei Sernetie oder als Frontfrau der Band Vision of Atlantis bekannt sein.

Das Album Femmes Fatales enthält insgesamt 12 Songs. Sechs davon sind Coverversionen von bekannten Popsongs, wie beispielsweise Poison, It’s A Sin oder Separate Ways. Die anderen sechs sind eigens für dieses Album produzierte Tracks. 

Jede der drei Sängerinnen erhält dabei ihren eigenen größeren Anteil, in dem sie jeweils ihre Stärken ausspielen kann. Alle Songs sind dabei kraftvoll und episch aufgezogen, wie es sich für Symphonic Metal eben gehört. Ich persönlich mag die Coverversionen sehr, bin aber viel größerer Fan der eigenen Interpretationen und freue mich vor allem, mehr von Marina La Torraca zu hören. Die Sängerin von Phantom Elite zeigt auch hier, was für eine bemerkenswerte Range sie mit ihrer Stimme besitzt. Ebenfalls zeigt dieses Album (beziehungsweise Bandprojekt), wie verwoben die Musikwelt und besonders die Metalszene in Deutschland eigentlich ist. Nicht nur sind die drei Sängerinnen bei oder mit diversen anderen Bands schon untergekommen und aufgetreten, sondern auch die im Hintergrund an der Produktion beteiligten Personen sind überall zu finden. Allen voran Simone Simons von Epica. Das finale Ergebnis kann sich auf jeden Fall sehen lassen und erhält in Zukunft hoffentlich noch mehr Aufmerksamkeit.

Nachdem 2024 schon so stark anfängt, muss ich sagen, dass ich sehr viel Bock auf das weitere Jahr habe. Die Ankündigungen für das restliche Jahr hypen mich jetzt schon. Worauf ich mich genau freue, erfahrt ihr dann beim nächsten Mal. Bis dahin höre ich die aktuellen Alben in Dauerschleife und tanze headbangend durch die Wohnung.

Autor: Moritz Meckl