Während sich die meisten Parteien aus dem Bundestag auf mögliche Regierungsarbeit vorbereiten, stellt sich „Die Linke“ ganz offen als Oppositionspartei dar. Der Wahlslogan „Alle wollen regieren. Wir wollen verändern. Reichtum teilen. Preise senken. Füreinander.“ gibt bereits einen klaren Blick auf eines der Kernthemen der Partei linksaußen: Die Umverteilung des Vermögens von oben nach unten.

Die Linke tritt mit ihren Spitzenkandidat:innen Heidi Reichinnek (Co-Vorsitzende im Bundestag) und Jan van Aken (Co-Parteichef) an. Sollte die Partei unter 5% fallen, soll durch die „Mission Silberlocke“ der Einzug in den Bundestag gesichert werden – mit Dietmar Bartsch (Wahlkreis Rostock), Bodo Ramelow (Wahlkreis Erfurt) und Gregor Gysi (Wahlkreis Berlin-Treptow-Köpenick) treten bei der Bundestagswahl etwas uncharakteristisch für die Linke drei ältere Männer an, und zwar mit dem Ziel, die nötigen Direktmandate zu erhalten. Jede Partei mit mindestens drei Direktmandaten darf in den Bundestag einziehen, selbst wenn die Fünf-Prozent-Hürde nicht erreicht wird.
Steuer und Schuldenbremse
Beim Thema Steuer und Schuldenbremse fällt Die Linke durch ihre Forderungen, hohe Vermögen drastisch zu besteuern, auf. In diesem Punkt unterscheidet sie sich stark von vielen anderen Parteien.
Mit ihren Forderungen möchte Die Linke den Regierungsparteien aus der Opposition heraus Druck für eine Umverteilung des Vermögens machen. Damit soll der Mittelstand gestärkt und Armut reduziert werden. Eine große Rolle spielen dabei umfassende Steuerreformen. Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Hygieneartikel sowie Bus und Bahn soll abgeschafft werden. Damit kein Anreiz für ungerechtfertigte Preiserhöhungen gegeben wird, spricht sich Die Linke für eine Übergewinnsteuer aus. Dadurch werden außergewöhnlich hohe Gewinne zu Krisenzeiten enorm besteuert.
Bleibt eine Person unter dem festgelegten Existenzminimum von 16.800€ im Jahr, soll sie auf ihr Einkommen keine Steuern zahlen. Dadurch werden einkommensschwache Haushalte entlastet. Hohe Einkommen sollen dagegen stärker besteuert werden. Ab 70.000€ zu versteuerndem Jahreseinkommen soll ein Steuersatz von 53% gelten. Der aktuelle Spitzensteuersatz wird ab einem zu versteuerndem Jahreseinkommen von 68.480 erreicht und beträgt 42%. Auch für eine Reichensteuer spricht sich Die Linke explizit aus. Personen, die mehr als 260.000€ im Jahr verdienen, sollen laut Wahlprogramm einen erhöhten Steuersatz zahlen. Je höher das Einkommen ist, desto höher soll auch der zu zahlende Abschlag sein – und für Milliardäre fordert die Linke noch stärker verschärfte Maßnahmen. Zudem soll die Erbschaftssteuer für Superreiche erhöht werden. Der Spitzensteuersatz der Erbschaftssteuer würde dabei 60% betragen und ab einem Betrag von 3 Milliarden Euro gelten. Begleitet werden diese Reformen von dem Slogan: „Milliardäre abschaffen!“
Das Mehreinkommen durch all diese Steuerreformen (geschätzt auf 108 Milliarden Euro jährlich) soll zusammen mit der Abschaffung der Schuldenbremse massive Investitionen in Soziales, öffentlichen Wohnungsbau, Bildung, Gesundheit und den klimagerechten Umbau ermöglichen.
Klima und Umwelt
Die Linke erkennt die Klimakrise als zukunftsbedrohende Gefahr an und nimmt diese ernst. Das Potenzial zum besseren Schutz des Klimas sieht sie vermehrt bei großen Konzernen. Diese sollen zur Verantwortung gezogen werden, während die einzelnen Haushalte unterstützt werden sollen.
Um Anreize zum Energiesparen zu geben, spricht sich Die Linke für sozial gestaffelte Energiepreise aus – ganz nach dem Motto: “Wer mehr verbraucht, zahlt mehr.” Obwohl das Konzept des Klimageldes – eine jährliche Rückzahlung von Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Bürger:innen – im Koalitionsvertrag der Ampel stand, wurde es nie beschlossen. Diesen Missstand möchte Die Linke durch ein an die CO2-Preise gekoppeltes Klimageld korrigieren. Um ungerechtfertigte Energiepreiserhöhungen zu unterbinden, sollen Energieanbieter die Notwendigkeit ihrer Preiserhöhungen nachweisen müssen.
Damit Deutschland bis 2040 klimaneutral wird, spricht sich Die Linke gegen fossile Brennstoffe, Atomkraft sowie Fracking aus. Zudem fordert sie eine massive Erhöhung der finanziellen Unterstützung bei Klimaschutz und Förderung von erneuerbaren Energien. Deutschland soll bis 2030 aus der Kohlekraft ausgestiegen sein – zusätzlich dazu plant Die Linke den Ausstieg aus dem Erdgas.
Soziale Gerechtigkeit
In ihrem Kernthema der sozialen Gerechtigkeit führt die Linke in ihrem Wahlprogramm einige konkrete Maßnahmen an. Dazu zählen unter anderem die Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets (kostenlos für Schüler:innen, Azubis, Studierende und Senior:innen) sowie eine Anhebung des Mindestlohns auf 15€. Die Spekulation mit Lebensmitteln soll verboten werden, genauso wie Spekulationen mit Wohnraum und Bauland.
Das Thema “Bezahlbares Wohnen” nimmt im Wahlprogramm der Linken mehrere Seiten ein. Die erste Forderung der Linkspartei ist ein bundesweiter Mietendeckel. Diese Maßnahme soll dazu führen, dass die explosionsartige Preisentwicklung der Mieten gebremst und bestenfalls sogar rückgängig gemacht wird. Eine Mieterhöhung soll für die nächsten sechs Jahre ausgeschlossen werden. Eine Ausnahme bilden hierbei gemeinnützige Vermieter:innen, die bisher sehr niedrige Mieten angesetzt hatten. Im Sinne der Kostendeckung sollen sie ihre Mieten geringfügig erhöhen dürfen. Staffelmieten und Indexmieten sollen verboten werden. Um zu verhindern, das Vermieter:innen das Mietverhältnis mit dem Hintergrundgedanken, bei der Neuvermietung höhere Mieten zu nehmen, kündigen, fordert Die Linke Dauermietverträge für alle und eine Beschränkung des Eigenbedarfs auf Verwandte ersten Grades. Die Grundsteuer soll nicht mehr als Teil der Betriebskosten auf Mietende umgelegt werden dürfen. Um den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau zu fördern, möchte Die Linke diesen mit 20 Milliarden Euro jährlich bezuschussen. Große Immobilienkonzerne mit mehr als 3000 Wohnungen sollten enteignet und unter Entschädigung der Kleinaktionäre in demokratische Verwaltung überführt werden. Eine “Leerstandsabgabe” von 10€ pro Quadratmeter soll den Leerstand unrentabel machen. Bei der Bekämpfung der Obdachlosigkeit nimmt sich Die Linke ein Beispiel am erprobten finnischen “Housing First”-Konzept. Demnach soll Wohnungslosen zuerst eine Wohnung angeboten werden, bevor sie weitere Hilfsangebote erhalten. Durch diese Maßnahme konnte Finnland die Obdachlosigkeit seit 2008 mehr als halbieren. Das Recht auf eine eigene Wohnung soll im Grundgesetz klar verankert werden.
Auch den Sport möchte Die Linke fördern. Dabei soll darauf geachtet werden, dass die Zugangsbedingungen unabhängig vom Einkommen und sozialen Status sind. Die Linke macht sich dafür stark, Verbraucher:innen besser zu schützen. Sie fordert mehr Transparenz und klare Regeln für Konzerne. Durchsetzen möchte sie diese Forderungen durch strengere Transparenzstandards, eine kostenfreie Schuldnerberatung sowie Abschaffung der “Inkasso-Abzocke”. Die Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) soll durch eine unabhängige öffentliche Einrichtung ersetzt werden. Des Weiteren fordert Die Linke, dass Strom-, Wasser- und Gasnetze in die öffentliche Hand übergehen.
Gleichberechtigung
Auch bei den Themen Gleichberechtigung und Selbstbestimmung strebt Die Linke einige Veränderungen an. Allen voran steht die vollständige Streichung des § 218 – demnach ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich strafbar, wird aber unter bestimmten Bedingungen (bis zur 12. Schwangerschaftswoche und nach Beratung) straffrei gestellt. Eine Streichung der Regelung würde bedeuten, dass sich eine betroffene Person mit einem Schwangerschaftsabbruch nicht mehr grundsätzlich strafbar macht, wenn sie diesen vor der 12. Woche vornehmen lässt. Damit wäre auch den behandelnden Ärzt:innen ein sicherer Rechtsrahmen gegeben, der ihnen Straffreiheit garantiert, wenn sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Der Schwangerschaftsabbruch soll als medizinischer Eingriff gelten, der zur gesundheitlichen Versorgung dazugehört.
Auch geschlechtliche und sexuelle Diversität ist der Linken wichtig. Um gegen queerfeindliche Gewalt und Diskriminierung vorzugehen, möchte Die Linke das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz reformieren. Damit eine partnerschaftliche Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen den Elternteilen gefördert wird, fordert die Linkspartei 28 Tage Elternschutz (ab Geburt des Kindes) für den zweiten Elternteil. Um die Steuerpolitik gerechter zu gestalten, plant Die Linke außerdem eine Reform des Ehegattensplittings hin zur Individualbesteuerung.
Außenpolitik
Außenpolitisch möchte Die Linke die Bundeswehr aus sämtlichen Auslandseinsätzen abziehen. Im Jahr 2024 exportierte Deutschland Waffen im Wert von knapp 13 Milliarden Euro ins Ausland. Stärkster Abnehmer mit etwas über 8 Milliarden Euro war die Ukraine. Obwohl Die Linke den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine verurteilt, fordert sie, keine weiteren Waffen zu liefern und mit Hilfe von Brasilien und China durch diplomatischen Druck einen nachhaltigen Friedensprozess zwischen den beiden Konfliktparteien in die Wege zu leiten.
Auch Israel ist mit 161 Millionen Euro unter den Top 10 der Kunden. Hier verurteilt Die Linke den menschenverachtenden Terror der Hamas, jedoch kritisiert sie ebenfalls die Völkerrechtsverbrechen der israelischen Armee in Gaza und im Libanon. Daher fordert die Linkspartei eine Einstellung der Waffenexporte in den Nahen Osten nach Israel. Einer Wiedereinführung der Wehrpflicht stellt sich die Linke ebenfalls entgegen. Auch Werbung für die Bundeswehr soll an Schulen und Universitäten untersagt werden, und darüber hinaus sollen die Zivilklauseln (selbst auferlegte, explizite Verantwortung) gegen militärische Forschung verteidigt und ausgebaut werden. Das Ziel der NATO, 2% des Bruttoinlandsproduktes in die Rüstung zu investieren, soll ignoriert und die Militärausgaben sollen reduziert werden. Insgesamt will die Linke die Bundeswehr zu einer strukturell nicht angriffsfähigen Verteidigungsarmee machen.
Migration und Asyl
In Bezug auf Migration und Asyl beabsichtigt die Linke, die Situation von Asylsuchenden zu verbessern. Asylrechtsverschärfungen werden nicht unterstützt. Die Linke fordert bestehende Strukturen, die das Erreichen der europäischen Grenzen erschweren, abzubauen. In Deutschland geborene Kinder und Jugendliche sollen die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Wichtig ist außerdem, dass die Mehrstaatlichkeit weiterhin gewährleistet werden soll. Zudem soll es nach 5 Jahren Aufenthalt einen allgemeinen Rechtsanspruch auf Einbürgerung geben. Der hierzulande herrschende Fachkräftemangel soll durch bessere Integration der Zugewanderten bekämpft werden. Die Linke fordert, dass alle Geflüchteten ab dem Tag ihrer Ankunft in Deutschland eine uneingeschränkte Arbeitserlaubnis erhalten. Zudem setzt sie sich dafür ein, dass Qualifikationen und Abschlüsse von Nicht-EU-Bürger:innen schneller anerkannt werden. Abschiebungen, insbesondere in Krieg, Verfolgung und Elend oder als Form der Doppelbestrafung, lehnt Die Linke ab. Stattdessen wird eine Verurteilung und Bestrafung nach deutschem Recht angestrebt.
Fazit
Sollte der Linken ein Einzug in den Bundestag gelingen, wird sie sich voraussichtlich für viele soziale Investitionen einsetzen, die vor allem einkommensschwachen und mittelständischen Haushalten zugutekommen. Zudem ist Die Linke darauf bedacht, den klimapolitischen Standpunkt Deutschlands zu stärken und auch dort viele Investitionen zu fördern. Um die Investitionen zu ermöglichen, soll die Steuer reformiert werden, sodass Reiche und Superreiche mehr Abgaben zahlen müssen. Deutschland soll als asylfreundliches Land wahrgenommen werden, das sich um eine gute Integration der Migrant:innen bemüht. Waffenlieferungen in Kriegsgebiete und die Aufrüstung der Bundeswehr sollen wieder zurückgefahren bzw. eingestellt werden.
In den letzten Wochen vor der Wahl konnte Die Linke einen erheblichen Zuwachs an Zustimmung in der Bevölkerung verzeichnen, sodass ein Einzug in den Bundestag mittlerweile als wahrscheinlich angenommen werden kann. Dennoch fällt die Wahrscheinlichkeit einer Regierungsbeteiligung der Linken gering aus. Daher bleibt die Frage bestehen, wie viele der Forderungen einer eher kleinen Oppositionspartei von den Regierungsparteien umgesetzt werden.
Autor: Jacob Donath