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“Mehr für Dich. Besser für Deutschland.” – Das Wahlprogramm der SPD

Eines ist sicher: Die Bundestagswahl am 23. Februar wird eine spannende Wahl. Zum einen hat die zerbrochene Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP zur ersten vorgezogenen Wahl in Deutschland seit fast 20 Jahren geführt. Zum anderen sorgte das aktuelle Zeitgeschehen mit der Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump, dem andauernden Krieg in der Ukraine und dem Israel-Gaza-Konflikt sowie der zunehmend schwächelnden Wirtschaft in Deutschland für eine Fülle von heißen Themen. Neben den üblichen Wahlkampfthemen wie Wirtschafts- und Finanzpolitik, Migration und Klimaschutz steht daher auch die Außen- und Sicherheitspolitik bei dieser Wahl im Fokus.

Logo: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die SPD stellt derzeit mit Olaf Scholz den Bundeskanzler und hofft im Wahlkampf darauf, dass die Wähler:innen ihr auch weiterhin vertrauen. Sie möchte zeigen, dass sie als Regierungspartei in der Lage ist, die angespannte Situation erfolgreich zu bewältigen. Doch was verspricht die SPD ihren Wähler:innen genau? Werfen wir dazu einen Blick in das Wahlprogramm.

Arbeit und Soziales

Ein Kernthema der SPD bleibt die soziale Gerechtigkeit in Deutschland. Der gesetzliche Mindestlohn soll sich an der europäischen Richtlinie orientieren und damit 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland betragen. Demnach soll der Mindestlohn spätestens ab 2026 bei 15 Euro liegen. Auch die Verbindlichkeit von Tarifverträgen soll erhöht werden. Durch ein sogenanntes “Bundestarifgesetz” sollen nur jene Unternehmen öffentliche Aufträge erhalten, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Das Streikrecht der Beschäftigten hierzu soll außerdem weiterhin geschützt bleiben.

Darüber hinaus soll der Ungerechtigkeit beim Verdienst zwischen Männern und Frauen weiter entgegengewirkt werden. Hierzu soll die EU-Entgelttransparenzrichtlinie bis 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Die SPD will außerdem etwa 95 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen entlasten. Spitzeneinkommen und -vermögen hingegen sollen stärker an der Finanzierung des Gemeinwohls und der Modernisierung beteiligt werden. Steuerbürokratie soll zudem abgebaut werden, und zwar mit einer vorausgefüllten Einkommenssteuererklärung, die als Standard dienen soll.

In Hinsicht auf die steigenden Lebensmittelpreise soll der Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel von sieben auf fünf Prozent gesenkt werden. Das Ziel hiervon ist, dass Händler:innen diese Senkung an Verbraucher:innen weitergeben, wodurch die Preise sinken könnten. Außerdem sollen Behörden gestärkt werden, die die Marktmacht der wenigen großen Lebensmittelhändler beobachten, um zu prüfen, ob es dort zu wettbewerbsrechtlichen Verstößen kommt.

Um die Stabilisierung der Rente zu sichern, fordert die SPD ein Niveau von mindestens 48 Prozent bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Unter dem Rentenniveau versteht man das Verhältnis einer durchschnittlichen gesetzlichen Rente zu dem durchschnittlichen Einkommen vor der Rente. Ein abschlagsfreier Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren soll laut SPD auch weiterhin 2 Jahre früher möglich sein. Eine Anhebung der Regelaltersgrenze soll dagegen verhindert werden. Darüber hinaus steht die SPD für einige weitere soziale Aspekte ein. Die Gesamtzahl der Elterngeldmonate soll von 14 auf 18 Monate erhöht werden. Allen Bildungseinrichtungen soll eine gute und kostenfreie Verpflegung ermöglicht werden. Das aktive Wahlalter soll auf 16 Jahre gesenkt werden und es sollen strengere Regulierungen, Werbebeschränkungen und Altersgrenzen für Energy Drinks, Alkohol, Einweg-Zigaretten und neuartige Nikotinprodukte eingeführt werden.

Insgesamt setzt die SPD im Bereich Arbeit und Soziales darauf, akuten finanziellen Sorgen der Bürger:innen entgegenzuwirken und besonders sozial benachteiligte Haushalte zu unterstützen.

Klimaschutz

Unter dem Motto „Klimaschutz, den sich jeder leisten kann“ verfolgt die SPD Forderungen mit dem Ziel, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Sie bekennt sich dabei im Allgemeinen zu den bisher beschlossenen Klimazielen für Deutschland und die EU. Außerdem unterstützt die SPD den europäischen Green Deal, wodurch Europa der erste klimaneutrale Kontinent werden soll. Dabei sollen alle Menschen unabhängig von Einkommen, Vermögen oder Wohnort klimaneutral am öffentlichen Leben teilhaben können. Mit der kommunalen Wärmeplanung soll klimafreundliche und klug geplante Energieversorgung auf kommunaler Ebene sichergestellt und gefördert werden. Aufgrund der Wichtigkeit von Fernwärme in städtischen Räumen soll es außerdem eine Preisaufsicht für Fernwärme geben.

Beim Thema öffentlicher Verkehr, besonders in Bezug auf den Bahnverkehr, soll es weiter zu großen Investitionen kommen. Für eine pünktliche Bahn ist für die SPD die fortwährende Investition in ein funktionierendes Schienennetz notwendig. Die Deutsche Bahn soll dabei als integrierter Konzern im öffentlichen Eigentum erhalten bleiben. Auch das Deutschlandticket soll erhalten bleiben und, zusammen mit automatischen Erstattungen, besser in Bahnbuchungen integriert werden. Abgesehen davon soll auch der Umstieg auf das E-Auto durch flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur attraktiv gemacht werden. Zusätzlich will die SPD ein Tempolimit von 130 km/h auf Bundesautobahnen einführen.

Migration

Der SPD zufolge ist Deutschland als alternde Gesellschaft auf Zuwanderung angewiesen. Vielfalt sei eine Bereicherung, Integration muss besser und schneller funktionieren. Nicht nur deswegen, so räumt die SPD ein, stelle die Zuwanderung nach Deutschland aus Asyl- und Fluchtgründen das Land vor große Herausforderungen. Für die SPD ist klar: Diesen Herausforderungen muss verantwortungsvoll mit Humanität und Ordnung begegnet werden. Sie betonen jedoch auch: “Wer sich nicht an die Regeln hält, muss wieder gehen.”

 Schutzbedürftigen soll jedoch Schutz gewährt werden. Geflüchteten, die nicht schutzbedürftig sind, soll dennoch die Einwanderung als Fachkräfte ermöglicht werden, sofern eine straffreie Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft bewältigt wurde. Um die Integration zu verbessern, sollen unter anderem Integrationskurse ausgebaut sowie ein “Partizipationsgesetz” auf den Weg gebracht werden, das eine gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen ermöglichen soll – von Bildung und Arbeit bis zu politischer Mitbestimmung. Des Weiteren sollen durch ein “Fachkräfteeinwanderungsgesetz” qualifizierte Arbeitskräfte einfacher und schneller nach Deutschland kommen können.

Auch der Schutz vor Diskriminierung, Rassismus und Ausgrenzung soll laut SPD weiter gestärkt werden. Dafür soll das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ausgeweitet und die Stelle der Anti-Rassismus-Beauftragten dauerhaft verankert werden. Außerdem im Fokus steht eine Beschleunigung der Asylverfahren – sowohl beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als auch bei den verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Diese Beschleunigung soll mithilfe von umfassender Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung erreicht werden, sodass Asylentscheidungen innerhalb von sechs Monaten getroffen werden können. Weiterhin soll auch die Familienzusammenführung für subsidiär Schutzbedürftige möglich bleiben. Subsidiär Schutzbedürftige sind Personen, die zwar keinen Anspruch auf Asyl oder Flüchtlingsschutz haben, aber dennoch Schutz vor Abschiebung erhalten, weil ihnen in ihrem Herkunftsland ernsthafter Schaden droht.

Dennoch sollen die Außengrenzen der EU stärker geschützt und kontrolliert werden, wobei jedoch zu jeder Zeit alle rechtsstaatlichen und humanen Bedingungen zu gewährleistet sein sollen. Die Arbeit der EU-Grenzschutzagentur Frontex soll durch unabhängiges Monitoring und eine Stärkung der Kontrollrechte des Europäischen Parlaments überwacht und rechtsstaatlich gestärkt werden. Rückführungen sollen demnach human und konsequent erfolgen, eine freiwillige Ausreise wird jedoch grundsätzlich bevorzugt. Insgesamt steht die SPD dafür ein, dass Schutzsuchende Zugang zu fairen und rechtsstaatlichen Verfahren in der EU erhalten müssen. Außerdem wird klargestellt: Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden.

Außenpolitik und Sicherheit

Bei der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik strebt die SPD nach mehr Verantwortung beim Schutz Europas. Nachdem Deutschland seine Verteidigungsausgaben auf mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöht hat, setzt sich die Partei auch zukünftig für eine nachhaltige Verteidigungsfinanzierung von mindestens zwei Prozent des BIP ein. Im Fokus steht dabei die nachhaltige Modernisierung der Bundeswehr und das Ziel, die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiv zu machen. Darunter fällt auch, die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit zu verbessern sowie weitere berufliche Perspektiven im öffentlichen Dienst zu schaffen.

Im aktuellen außenpolitischen Geschehen bekennt sich die SPD klar zur diplomatischen, militärischen, finanziellen und humanitären Unterstützung der Ukraine. Der Angriffskrieg durch Russland wird als völkerrechtswidrige Aggression angesehen. Die Ukraine soll Verhandlungen mit Russland auf Augenhöhe führen können, da ein Frieden, dessen Bedingungen nur von Russland ausgehen, nicht akzeptabel sei. Dabei ist es der SPD wichtig, dass die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine gewahrt bleiben. Die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte sowie die notwendige Lieferung von Waffen und Ausrüstung werden demnach ausdrücklich unterstützt. Deutschland und die NATO sollen hierbei jedoch nicht als Kriegspartei auftreten. Daher wird unter anderem an der Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz festgehalten, den Marschflugkörper Taurus aus den Beständen der Bundeswehr nicht an die Ukraine zu liefern.

Hinsichtlich der internationalen Beziehungen setzt die SPD auf eine Vertiefung von Deutschlands traditionellen Allianzen und Kooperationen, besonders innerhalb der EU. Außerhalb der EU hingegen stellt die USA den engsten Partner Deutschlands dar. Diese enge transatlantische Kooperation soll zwar fortgesetzt werden, dennoch ist es der SPD wichtig, Europa sicherheitspolitisch selbstständiger aufzustellen. Im Hinblick auf Präsident Trumps angedrohte Zölle soll Deutschland verhindern, dass Handelshindernisse aufgebaut werden und Länder sich gegenseitig mit Subventionen überbieten.

Bei der Volksrepublik China hingegen setzt die SPD auf eine europäisch abgestimmte China-Politik. China wird hierbei sowohl als Partner als auch als Wettbewerber und Systemrivale gewertet. Als eine führende Gestaltungsmacht seien globale Herausforderungen ohne Chinas Mitwirkung nicht zu lösen. Dennoch ist Chinas selbstbewusstes und auch aggressives Auftreten kritisch zu betrachten, besonders hinsichtlich seiner Machtansprüche in seiner Nachbarschaft oder der mangelnden Distanzierung zum russischen Angriffskrieg. Daher soll die EU wirtschaftlich unabhängiger werden und geopolitisch mehr für ihre Interessen einstehen.

Fazit

Abschließend kann man aus dem Wahlprogramm schließen, dass die SPD versucht, eine weite Spannbreite an Personen anzusprechen. Besonders im Fokus liegen diejenigen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind – junge Menschen, Senior:innen, Famlien, Frauen und queere Personen. Auch wenn die Art der benötigten Hilfe vielfältig sein kann, betont die SPD, stets eine soziale Lösung finden zu wollen.

Autor: Roman Hucke