Am 23. Februar 2025 ist in Deutschland Bundestagswahl. Laut einer Umfrage vom 12. Februar 2025 liegt die Union mit ca. 29 % derzeit vorne. Es ist also durchaus wahrscheinlich, dass die Partei bald nicht mehr wie in den letzten drei Jahren die Rolle der Opposition innehat, sondern an der Regierungsbildung beteiligt ist. Aus diesem Grund lohnt es sich, sich inhaltlich mit dem Wahlprogramm auseinanderzusetzen, um einen Eindruck zu gewinnen, wie sich die Union den politischen Diskurs der nächsten Jahre vorstellt.

Wirtschaft
Im Bereich Wirtschaft möchte die CDU/CSU Deutschland wieder stabilisieren und für mehr Wohlstand sorgen. Um dies zu erreichen, sollen wirtschaftliche Akteur:innen einerseits entlastet und gleichzeitig der faire Wettbewerb gefördert werden. Außerdem möchte die Union finanzielle Anreize für Bürger:innen schaffen, um mehr zu arbeiten. Die Pläne der Partei basieren dabei auf dem Grundgedanken: “Wer mehr leistet, muss sich mehr leisten können”. Leistung soll sich laut der Union lohnen. Deshalb sollen unter anderem Geringverdiener:innen finanziell entlastet werden. Um das umzusetzen, möchte die Union weniger Steuern erheben. Unklar bleibt, wie dieses finanzielle Konzept dann aussehen soll, wenn gleichzeitig die Schuldenbremse eingehalten werden soll.
Des Weiteren sollen wirtschaftliche Unternehmen durch einen Bürokratieabbau entlastet werden. Das bedeutet konkret, dass die Union unter anderem das Lieferkettengesetz abschaffen möchte, das die Ampel nach Vorgabe der EU eingeführt hatte. Dieses Gesetz hat den primären Zweck, Umweltverschmutzung sowie Kinderarbeit oder menschenrechtsverletzende Arbeitsbedingungen einzudämmen.
Energie
Energiepolitik sollte laut der Union „ideologiefrei und technologieoffen“ betrieben werden. Als ideologiegetrieben bezeichnet die Union unter anderem das Heizungsgesetz der Ampel, das laut Wahlprogramm zurückgenommen werden soll.
Unter diesem Grundsatz verspricht das Wahlprogramm einen Ausbau der erneuerbaren Energien und stellt sich hinter den vereinbarten Kohleausstieg – allerdings unter der Bedingung, dass keine Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden dürfen, solange keine nachhaltige Alternative gebaut ist. Unter den Begriff „technologieoffen“ fällt für die Union auch die Wiederinstandsetzung der Kernkraftwerke und die Forschung zur Kernenergie. Offen bleibt im Wahlprogramm jedoch sowohl die Frage nach der Endlagerung des Atommülls sowie die zeitliche Planung des Vorhabens. Wissenschaftler:innen zufolge sei die entsprechende Forschung noch Jahre von einer Einsatzfähigkeit entfernt und der Ausbau der Kernenergie blockiere derzeit den Ausbau anderer erneuerbaren Energiequellen, die im Gegensatz zur Atomenergie mit beinahe sofortiger Wirkung einsetzbar seien. Mehr Informationen hierzu findet ihr hier.
Klimaschutz
Seit den frühen 2000ern sind sich alle demokratischen Parteien in Deutschland einig, dass es die Folgen des menschengemachten Klimawandels einzudämmen gilt. Auch im Wahlprogramm der CDU/CSU nimmt dieses Thema fast drei Seiten ein.
Generell bekennt sich die Partei zu den Pariser Klimazielen. Die Klimaneutralität bis 2045 habe sie „fest im Blick“. Durch diese etwas vage Formulierung bleibt allerdings offen, in welchem Maß sich die Union diesem Ziel tatsächlich verpflichtet fühlt.
Da der Klimawandel ein globales Problem sei, verspricht die Partei, andere Länder bei Maßnahmen zum Klimaschutz durch „Wissens- und Technologietransfer“ zu unterstützen. Den Emissionshandel sieht die Union als zentrales Instrument im Kampf gegen den Klimawandel, deshalb wollen sie diesen international stärken. Da der Klimawandel in der Zukunft außerdem vermehrt zu Extremwetterereignissen führen wird, fordert die Union eine flächendeckende Pflichtversicherung für Schäden durch solche Katastrophen.
Soziales
Wie beim Thema Wirtschaft setzt die Union auch im sozialen Bereich auf ein Belohnen von Leistung, indem sie das von der Ampel initiierte Bürgergeld abschaffen möchte. An dessen Stelle soll eine „Neue Grundsicherung“ eingeführt werden, zu der auch das Wiedereinführen des Vermittlungsvorrangs gehört. Dieser besagt, dass Arbeitslose verpflichtet sind, jede zumutbare Arbeit anzunehmen, die das Jobcenter ihnen vorschlägt. Wie diese neue Grundsicherung genau aussehen soll, wird im Wahlprogramm jedoch nicht weiter konkretisiert.
Im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung setzt die Union auf eine „Null-Toleranz-Strategie“. Dabei hat der Schutz von Frauen und Kindern, die Opfer häuslicher Gewalt sind, für die Union “Priorität”. Für eine konsequente Strafverfolgung soll zum Beispiel die elektronische Fußfessel vermehrt eingesetzt werden. Die Prävention von Straftaten soll unter anderem durch den Ausbau von Videoschutz und Gesichtserkennungssoftwares im öffentlichen Raum gelingen. Generell sollen den Sicherheitsbehörden im Bereich von Überwachungstechnologien und Datenschutz mehr Rechte zuteilwerden.
Des Weiteren will sich die Union dafür einsetzen, dass im öffentlichen Raum (dazu zählen Schulen, Universitäten und der Rundfunk) auf das Gendern verzichtet wird. Der sogenannte „Gender-Zwang“ würde laut ihnen Barrieren errichten und Menschen ausgrenzen. Kritiker:innen weisen darauf hin, dass es derzeit keinerlei gesetzliche Vorschrift gibt, gendern zu müssen. Mehrere wissenschaftliche Studien haben außerdem gezeigt, dass eine gendergerechte Sprache einen inklusiven Effekt auf das gesellschaftliche Rollendenken hat und somit die Gleichberechtigung aller Geschlechter begünstigt. Weitere Informationen zu diesen Erkenntnissen findet ihr hier. Die Union möchte sich für mehr Barrierefreiheit im öffentlichen Raum einsetzen. Dazu gehört ein Ausbau der Barrierefreiheit in Bus und Bahn. Menschen mit Behinderung soll der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert und ihre Inklusion somit gefördert werden.
In der Debatte um legale Schwangerschaftsabbrüche stellt sich die Union hinter den § 218 StGB. Demnach ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich strafbar, wird aber unter bestimmten Bedingungen (bis zur 12. Schwangerschaftsswoche und nach Beratung) straffrei gestellt. Kritiker:innen des Paragrafen setzen sich dafür ein, Schwangerschaftsabbrüche zu entkriminalisieren, was bedeuten würde, dass sich eine betroffene Person mit einem Schwangerschaftsabbruch nicht mehr grundsätzlich strafbar macht, wenn sie diesen vor der 12. Woche vornehmen lässt. Damit wäre auch den behandelnden Ärzt:innen ein sicherer Rechtsrahmen gegeben, der ihnen Straffreiheit garantiert, wenn sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Das soll unter anderem zu einer Verbesserung der Versorgungslage für betroffene Personen führen. Eine unabhängige Expert:innenkommission hatte sich im Frühjahr 2024 für eine Entkriminalisierung ausgesprochen. Mehr Infos zu diesem Thema findet ihr unter anderem hier.
Außerdem möchte die Union das von der Ampel eingeführte Selbstbestimmungsgesetz zurücknehmen, das die Hürden für transgeschlechtliche und nicht-binäre Personen verringert, ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Die Union behauptet, dass dies Kinder und Jugendliche schützen würde, da ausgeschlossen werden müsse, dass “Persönlichkeitszweifeln mit einem leichtfertigen Geschlechtswechsel begegnet wird”. Erwähnenswert an dieser Stelle ist, dass mehrere Studien ergeben haben, dass das Verwehren von gender-affirmativen Angeboten einen signifikant schädlichen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden von Trans*-Personen hat. Mehr Informationen zum Thema psychische Gesundheit und Trans*-Identität findet ihr hier.
Migrations- und Außenpolitik
In der Migrationspolitik setzt die Union laut Wahlprogramm auf Verschärfung und plant ein härteres Vorgehen gegen alle Formen von Terrorismus. Die Union möchte „illegale Migration“ begrenzen, indem Grenzkontrollen verschärft und mit sofortigen Zurückweisungen verbunden werden. Auch für bereits angekommene Flüchtlinge sollen sich die Regeln verschärfen. So möchte die Union den Familiennachzug aussetzen, Geldleistungen für Flüchtlinge deutlich minimieren und stattdessen Bezahlkarten in allen Bundesländern einsetzen. Sozialleistungen für ausreisepflichtige Personen sollen, wenn möglich, komplett unterlassen werden. Damit Ukrainer:innen schnell einen Arbeitsplatz bekommen, soll das Verfahren zur Berufsanerkennung vereinfacht werden. Generell setzt die Union bei der Integration von geflüchteten Personen unter anderem auf ein größeres Angebot an Deutsch- und Integrationskursen. Außerdem gilt für die Union: Wer nach Deutschland immigriert, soll sich verpflichtend zu einer Leitkultur, die die Werte Deutschlands vereinen soll, aussprechen. Zudem ist die Partei für eine Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, denn der deutsche Pass solle das Ziel einer erfolgreichen Integration bilden. Von solch einer Regelung wären etwa 2,9 Millionen Menschen betroffen. Die Ukraine soll außerdem mit allen erforderlichen Mitteln unterstützt werden. Dazu gehören auch weitere Waffenlieferungen. Begründet wird dieses Vorgehen damit, dass die Ukraine auch unseren Frieden verteidige, indem sie sich Putin gegenüberstellt.
Fazit
Das Wahlprogramm der Union repräsentiert eine klar definierte Politikvorstellung der Partei. Dabei wird die Politik der vorangegangenen Ampelkoalition immer wieder scharf kritisiert, womit die Union das Vorgehen fortsetzt, das sie bereits in der Rolle der Opposition verfolgt hat. Dass die Union eine konservative und christlich geprägte Partei ist, wird bei ihren Ausführungen zu politischen Forderungen im sozialen Bereich besonders deutlich. Obwohl bei einzelnen Aspekten – wie dem Respektieren von gleichgeschlechtlichen Beziehungen – ein allgemeines Umdenken erkennbar ist, bleibt die Partei ihrer Position auf dem politischen Spektrum weitestgehend treu.
Generell ist auch im Wahlprogramm der Union die aktuelle politische Stimmung Deutschlands spürbar. So werden teils populistische Aussagen getroffen und beim Begründen mancher Vorgehensweisen entgegensprechende Fakten missachtet.
Autor:in: wahlarena-Redaktion