Nicht nur die deutschlandweit großen und etablierten Parteien treten zur vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar an. Auch die Freien Wähler werfen politisch den Hut in den Ring, denn sie wollen “Verantwortung für Deutschland” übernehmen – so überschreibt es deren Wahlprogramm. Doch es ist ruhiger geworden um die Partei – vorbei die Zeiten, als man mit der Flugblatt-Affäre bundesweit Schlagzeilen machte. Auch die Demokratie muss diesmal nicht zurückgeholt werden – zumindest nicht medial wahrnehmbar. Man scheint zu klein, zu weit abgeschlagen in den Umfragen zu sein, um wirklich eine Chance auf den Einzug in den Bundestag zu haben.

Um ihre kommunal-bürgerliche Politik dennoch an den Mann oder die Frau und vor allem ins Parlament zu bringen, haben sich die Freien Wähler einen Trick bei der Linkspartei abgeschaut. Diese ist bekanntlich zur letzten Bundestagswahl 2021 durch den Gewinn dreier Direktmandate in den Bundestag eingezogen. Genauso wollen es die Freien Wähler nun auch versuchen und schicken den Bundesvorsitzenden und stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger selbst in den Kampf um ein Direktmandat. Daneben treten in mehreren Wahlkreisen immerhin Landräte und Bürgermeister für die Direktkandidatur an – ein nicht unbedingt alltäglicher Vorgang. Ob das jedoch für den Einzug in den Bundestag reicht, ist eher ungewiss. Sollte es aber klappen, verrät ein Blick in das Bundestagswahlprogramm, was die Freien Wähler umsetzen wollen, so sie denn können.
Wirtschaft und Steuern
Die Freien Wähler rücken in ihrem Wahlprogramm die wirtschaftlichen Bedingungen am Standort Deutschland in den Mittelpunkt. Sie fordern unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen und wollen dafür Kosten sowie Steuern senken und Bürokratie abbauen.
Es soll monatlich einen steuerlichen Freibetrag von 2000€ geben, um Angestellte und auch Rentner zu entlasten. Dies sei ein Anreiz, damit sich “Leistung wieder lohnt”. Aufhorchen lässt auch eine weitere Forderung der Freien Wähler: Die Erbschafts- und Schenkungssteuer soll komplett abgeschafft werden. Begründet wird dies mit deren existenzbedrohender Wirkung auf mittelständische Unternehmen – Sparen über Generationen hinweg solle hingegen gefördert werden. Daneben gibt es programmatische Klassiker wie die Digitalisierung und den Infrastrukturausbau, die sich allerdings bei den meisten Parteien finden. Eine Konkretisierung hingegen, wie die sehr teuren Vorhaben vollständig finanziert werden sollen, fehlt im Wahlprogramm.
Beim Thema Wohnen setzt die Partei ganz nach ihrer kommunalen Tradition auf das Einbeziehen des Umlandes um große Ballungszentren und auf die Förderung von selbstgenutztem Wohneigentum durch eine Senkung der Grunderwerbsteuer. Einen Mietendeckel jedoch lehnen die Freien Wähler als schädlich für den Wohnungsbau ab.
Innere Sicherheit und Migration
Neben der Wirtschaft setzen die Freien Wähler in ihrem Wahlprogramm einen Schwerpunkt bei der inneren Sicherheit. Dafür wollen sie die Polizeipräsenz erhöhen und die Mittel für Ermittlungsbehörden aufstocken. Damit solle das “Vertrauen in den Rechtsstaat” gefördert werden.
Die Zuwanderung wollen die Freien Wähler begrenzen und Gefährder sowie „wiederholt straffällig” gewordene Flüchtlinge sofort abschieben oder in Haft nehmen. Auch in den anderen Absätzen zur Migration trägt das Programm eine klar rechtskonservative Handschrift: Sicherung der Außengrenzen, Aufbau eines leistungsfähigen Grenzschutzes, Beenden von Asylmissbrauch und Extremismusbekämpfung lauten hier die Schlagworte.
Arbeit & Soziales
Wie die ihnen nahestehenden Unionsparteien wollen die Freien Wähler das Bürgergeld reformieren. Dafür soll dessen Name geändert werden, damit nicht der Eindruck entstehe, die Zahlung stehe leistungslos jedem zu. Menschen, die eine zumutbare Arbeit ablehnen, hätten entsprechend keinen Anspruch mehr auf den vollständigen Betrag. Damit sollen die “Arbeitsfähigen gezielter zur Arbeit” aufgefordert werden. Die Freien Wähler wollen außerdem wieder das Ansehen von Unternehmern aufwerten, da diese “die entscheidende Rolle in der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes” spielen.
Sowohl der Renteneintritt als auch die Arbeitszeit sollen flexibilisiert werden. Letztere soll sich an einer wöchentlichen statt an einer täglichen Höchstarbeitszeit orientieren. Im Wahlprogramm steht zudem die Einführung eines Gesellschaftsjahrs für alle. Damit soll ein ehemaliges “gesellschaftliches Bindeglied” wieder etabliert werden. Dabei gäbe es die Wahlfreiheit zwischen dem Dienst beim Bund, im sozialen Bereich oder bei Hilfsorganisationen und der Feuerwehr.
Umwelt- und Energiepolitik
Das Thema Umweltschutz halten die Freien Wähler im Programm knapper. Dabei soll auf Innovationskraft und technischen Fortschritt gesetzt werden. Daneben will die Partei durch mehr Rückhaltebecken den Grundwasserschutz verbessern. Außerdem will das Wahlprogramm eine Erhöhung der Recyclingquote, um Müll zu vermeiden.
Die Energieversorgung soll vor allem dezentral gestaltet werden, um auch lokale Wertschöpfung zu erreichen. Große Hoffnungen setzt die Partei auf grünen Wasserstoff, um sowohl Umweltschutz als auch sichere Energiepolitik zu vereinen.
Fazit
Die wertkonservative Haltung der Freien Wähler spiegelt sich klar im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025 wider. Immer wieder klingen mit kommunalen Bezügen auch die Wurzeln der Partei an. Gerade hier muss allerdings klar sein, dass die einzelnen Landesverbände durchaus mehr Unterschiede aufweisen als bei anderen Parteien. So nahm man bei allzu derben Forderungen aus Bayern in der Vergangenheit auch vorsichtiges Kopfschütteln aus anderen Landesverbänden wahr. Ebenfalls scheinen die Positionen zu Themen wie der Cannabislegalisierung oder der queeren Community nicht abschließend bestimmt zu sein. Falls der Einzug über die bayerischen Direktmandate jedoch gelingt, darf zu erwarten sein, dass der konservative Landesverband auch in Berlin den Ton maßgeblich mit angeben wird.
Autor: wahlarena-Redaktion