Am 23. Februar 2025 findet die Bundestagswahl statt – früher als gewohnt, da die Ampelregierung zerbrochen ist. Während die SPD in aktuellen Umfragen viele Prozentpunkte im Vergleich zur letzten Bundestagswahl verloren hat und auch die FDP um den Einzug in den Bundestag bangen muss, haben die Grünen kaum Einbrüche zu verzeichnen. Laut einer Insa-Umfrage vom 15. Februar liegen die Grünen bei 13%, bei der letzten Bundestagswahl bekamen sie 14,8%. Die Grünen, die in der vergangenen Legislaturperiode Regierungsverantwortung trugen, präsentieren ihr Regierungsprogramm nun mit dem Ziel, ihre politische Agenda fortzusetzen. Doch was genau versprechen sie ihren Wähler:innen?

Wirtschaft
Innovation und soziale Gerechtigkeit verknüpft in einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik: Das ist das markante Merkmal der grünen Pläne. Ein wichtiges Instrument in diesem Zusammenhang ist der „Deutschlandfonds“, mit dessen Hilfe beispielsweise die Infrastruktur, die Digitalisierung und der Klimaschutz finanziert werden soll. Um langfristige Zukunftsinvestitionen zu sichern, fordert die Partei zudem eine Reform der Schuldenbremse.
Zentrales Ziel der Grünen ist die klimaneutrale Modernisierung der Industrie. Die Unternehmen sollen dabei durch gezielte Förderung und staatliche Unterstützung auf dem Weg hin zu umweltfreundlicher Produktion begleitet werden. Das betrifft auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die durch Bürokratieabbau und die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen entlastet werden sollen. Zudem ist eine Investitionsprämie Teil des Programms zur Abfederung wirtschaftlicher Einbrüche, die den Unternehmen die umweltfreundliche Produktion erleichtern soll. Doch nicht nur Unternehmen sollen vom Bürokratieabbau profitieren – mit der geplanten „Deutschland-App“ sollen außerdem Behördengänge wie etwa Passbeantragungen oder Wohnungsanmeldungen künftig digital möglich sein.
Soziale Gerechtigkeit
Die Grünen setzen laut Wahlprogramm auf eine Gesellschaft, in der alle Menschen gleichberechtigt teilhaben können. Dazu sollen gute Löhne, bezahlbares Wohnen und ein gerechtes Steuersystem beitragen. Ein Kernthema der sozialen Gerechtigkeit ist nach Auffassung der Grünen die Bildung. Sie haben dafür ein „Zukunftsinvestitionsprogramm Bildung“ ausgearbeitet, dessen zentrale Säule die bessere Ausstattung von Schulen und Universitäten ist. Dazu gehören beispielsweise der Ausbau der Digitalisierung sowie die Sanierung von Schulgebäuden. Auch das BAföG soll erhöht und digitalisiert sowie das Aufstiegs-BAföG verbessert werden. Darüber hinaus sollen Familien durch eine Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags entlastet werden. Ähnlich wie bereits das Kulturgeld für 18-Jährige ist auch eine „Engagementkarte“ vorgesehen, die das freiwillige Engagement in Vereinen, sozialen Projekten oder Umweltinitiativen honorieren soll. Damit will man noch mehr Menschen dazu ermutigen, sich in Gesellschaft und Staat aktiv einzubringen. Die Karte bietet dann Vergünstigungen, zum Beispiel beim Besuch von Kultureinrichtungen oder im öffentlichen Nahverkehr.
Die Engagementkarte eine Maßnahme, um die Mobilität sozial gerechter zu gestalten. Des weiteren setzen die Grünen zum Beispiel auf finanzielle Unterstützung für Auszubildende beim Erwerb des Führerscheins. Zudem soll der Ausbau von E-Mobilität weiter vorangetrieben werden – so soll es ab 2035 nur noch klimafreundliche Antriebe bei neu zugelassenen Fahrzeugen geben.
Ein weiteres Thema, das den Grünen am Herzen liegt, ist das Schaffen fairer Löhne. Der Mindestlohn soll auf 15 Euro pro Stunde aufgestockt werden, und zwar nicht erst ab dem 18. Lebensjahr. Steuerentlastungen für Gering- und Normalverdienende sind geplant, jedoch fordert die Partei eine stärkere Beteiligung von Vermögenden an der Finanzierung des Gemeinwohls.
Die Grünen geben in ihrem Wahlprogramm zu, dass sie in der letzten Legislaturperiode ihre Ziele im Wohnungsbau nicht erreicht haben. Deshalb soll die Mietpreisbremse, die ursprünglich bis Ende 2025 befristet war, verlängert werden. Darüber hinaus wollen die Grünen bestehende Gebäude verstärkt in Wohnraum umwandeln und mit einer Wohnungsbauprämie neue Bauprojekte anreizen.
Außenpolitik
Bei der Außenpolitik sehen die Grünen die EU als einen der wichtigsten Faktoren, mit denen man Frieden sichern kann. Um sich gegen Autokraten zu schützen, fordern die Grünen eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf 3,5% des Bruttoinlandsprodukts, was deutlich über dem europäischen Durchschnitt liegt. Eine Wehrpflicht fordern die Grünen nicht, wollen aber den freiwilligen Wehrdienst attraktiver machen. Sie sprechen sich für Sanktionen gegen Russland und sicherheitspolitische Maßnahmen zur Unterstützung der Ukraine aus, vermeiden jedoch eine direkte Erwähnung von Waffenlieferungen. Gleichzeitig setzen sie auf Abrüstungsinitiativen und Rüstungskontrollen, um den Einsatz von Atomwaffen zu verhindern. Hinzu kommt noch die Forderung eines „Demokratiefödergesetzes“, um die Demokratie zu schützen.
Migrationspolitik
Ein Thema, das diesen Wahlkampf maßgeblich bestimmt, ist die Migrationspolitik. Während andere Parteien hier viel ändern wollen, bleiben die Grünen eher der bisherigen Schiene treu: Sie verteidigen das Grundrecht auf Asyl, so wie es das europäische Recht vorsieht. Sie sagen aber auch, dass nicht jede:r in Deutschland bleiben kann und dass Personen, die kein Aufenthaltsrecht haben, möglichst schnell abgeschoben werden sollten. Große Änderungen sehen sie hier nicht vor, auch nicht in Bezug auf dauerhafte Grenzkontrollen.
Deutschland bleibt laut den Grünen ein Einwanderungsland. Die Partei will Fachkräfteeinwanderung erleichtern und die Anerkennung ausländischer Abschlüsse beschleunigen. Dazu soll eine “digitale Einwanderungsagentur” eingerichtet werden. Gleichzeitig sollen Geflüchtete schneller integriert werden, unter anderem durch Sprachkurse und den besseren Zugang zum Arbeitsmarkt. Außerdem soll die europäische Zusammenarbeit in der Migrationspolitik gestärkt werden, um faire und humane Lösungen für Flüchtlinge und Staaten zu finden.
Klimaschutz
Der Kampf gegen die Klimakrise ist eines der zentralen Themen des Programms. Dabei wollen die Grünen Hand in Hand mit der EU gehen und vor allem den “europäischen Green Deal” konsequent umsetzen und erweitern. Die Grünen setzen sich für eine schnelle Dekarbonisierung, also die vollständige Eliminierung von unseren CO2-Emissionen, ein und wollen erneuerbare Energien weiter ausbauen. Als Oberziel haben sie festgelegt, dass Deutschland im Jahre 2035 seinen gesamten Energiebedarf aus erneuerbaren Energien decken soll. Das bedeutet unter anderem eine Abrückung vom Kohleabbau spätestens 2030, während Investitionen in grünen Wasserstoff vorangetrieben werden sollen.
Für die Grünen steht dabei die sozial gerechte Ausgestaltung des Klimaschutzes im Vordergrund ihrer Klimapolitik. Daher planen sie, einkommensschwache Haushalte finanziell zu entlasten, u.a. durch eine Absenkung der Stromsteuer; für Mieter.innen wollen sie klimafreundliche Modernisierungen möglich machen, ohne einseitige (Kosten-)Abwälzung der entstehenden Kosten auf die Mieter:innen selbst. Die Grünen setzen auf eine CO2-Bepreisung, die durch ein „Klimageld“, also eine finanzielle Rückerstattung für alle Bürger:innen, sozial abgefedert werden soll. Diese Maßnahme ist bereits im aktuellen Koalitionsvertrag verankert. Ihr Ziel ist es, Klimaschutz einfacher und bezahlbarer zu gestalten.
Maßnahmen wie ein Tempolimit von 130 km/h, die Förderung von E-Autos, Fahrrädern und der Bahn sowie der Ausbau erneuerbarer Energien sollen den Verkehrssektor klimafreundlicher machen. Der Gebäudebereich soll mit verpflichtenden energetischen Standards ebenfalls weiterentwickelt werden. Das Gebäudeenergiegesetz soll bestehen bleiben und weiter angepasst werden, um klimafreundliches Wohnen zu fördern.
Fazit
Das Wahlprogramm der Grünen zeigt einen klaren Kurs mit sehr vielen Forderungen; immer wieder wird dabei auch die Finanzierung von Maßnahmen mitgedacht, wobei es an diesen Stellen gerne unkonkret wird. Zuletzt stand zum Beispiel die Forderung stark in der Kritik, dass künftig Sozialversicherungsbeiträge auf Kapitalerträge abgeführt werden sollen. Einkünfte aus Kapitalanlagen – wie Zinsen oder Gewinne aus Aktienverkäufen – sollen zukünftig für die Finanzierung der Sozialversicherungssysteme (Kranken-, Pflege-, Renten und Arbeitslosenversicherung) hinzugezogen werden.
Insgesamt wird der inhaltliche Schwerpunkt der Grünen immer wieder deutlich: Bei jeder Forderung muss die soziale Gerechtigkeit mitgedacht werden, egal ob es um Klimaschutzmaßnahmen oder Pläne zur Ankurbelung der Wirtschaft geht.
Autorin: Jolanda Petersen