John Allen und die Black Pages stehen auf der Gartenbühne. Gleich kann es losgehen. „Wir warten noch auf Patrick. Wenn er um die Ecke kommt, fangen wir an“, sagt John an seine Band gewandt. Kurze Zeit später ist es so weit. Erst hört man ihn, seine scheppernde Gitarre und seinen lauten Gesang mit breitem britischen Akzent. „If it matters, it matters. If it doesn’t, it doesn’t. But I won’t stop singing if you don’t stop singing, too.“ Dann sieht man ihn – und er ist nicht allein. Patrick Craig kommt um die Ecke und hat wie der Rattenfänger von Hameln eine Gruppe Menschen hinter sich, die er singend und spielend über den Weg vor die Bühne führt. Die etwa drei Dutzend Festivalbesucher singen mit, klatschen und versammeln sich vor der Bühne, wo schon Einige warten. Ein letztes Mal singt die Crowd die Zeile und Patrick klettert auf die Bühne, um zusammen mit seinem Kumpel John und der Band Good Times anzustimmen. Whatever happens.
Das Festival ist eigentlich einfach ein Treffen guter Freunde. Manche von ihnen stehen auf der Bühne und machen Musik, manche sitzen oder stehen davor und hören zu, manche wuseln durch die Gegend und kümmern sich darum, dass alles läuft, und die meisten haben sich vorher noch nie gesehen. Die absolut liebevolle Organisation und Gestaltung des Festivalgeländes auf einem Hof in Schloß Holte-Stukenbrock bei Bielefeld gibt einem schon beim ersten Schritt aufs Gelände direkt das Gefühl, zu einer großen Musikfamilie zu gehören. Einer der Organisatoren ist André, der mit seinen Freunden einen Verein gegründet hat, um das Festival ehrenamtlich zu veranstalten.
John Allen und Patrick Craig – mit ihnen fing bei einem Gartenkonzert 2016 alles an. Dieses Jahr fand das daraus entstandene Whatever Happens Festival zum zweiten Mal statt und die beiden eng befreundeten Musiker standen nicht nur zusammen auf der Bühne. John arbeitet an Texten, in denen er von seinen Erfahrungen auf Tour, dem Musikmachen und seinen Lieblingsbands erzählt. Auch die Entstehungsgeschichte des Festivals ist dabei: Patrick und John saßen bei McDonald’s…
Wie es zu der neuen Autorentätigkeit kam (und was der freiraum in Bamberg damit zu tun hat), wann Johns neues Album Friends & Other Strangers rauskommt und warum es Patricks einziges Konzert dieses Jahr war, haben sie im Interview erzählt.
Whatever happens, and until the end of days. Whatever happens, or resistance we will face. Whatever happens, we fight hard against the tide and we remain blood brothers all the same.
John Allen
Ebenfalls auf dem Festival gespielt hat Marcel Gein. Er macht seit ein paar Jahren auch deutsche Musik, nachdem er zuvor als Perry O’Parson lange auf Englisch gesungen hatte.
funklust-bekannt ist auch lilly among clouds, die Würzburgerin mit der beeindruckenden Stimme und den schweren Balladen. Lillys Album Aerial Perspective war letzten Sommer bei uns Album der Woche. Auch sie hat es nach Schloß Holte-Stukenbrock gezogen, weil sie sich dem Charme des Festivals nicht erwehren konnte.
Das Whatever Happens Festival, das sind zwei Tage voller guter Musik, gutem Essen und guter Laune zusammen mit musikbegeisterten Menschen. Wo sonst kann man entspannt auf der Picknickdecke direkt vor der Bühne liegen, während man Livemusik hört? Das ist allerdings auch der einzige kleine Kritikpunkt (wenn man das überhaupt so nennen kann): das Publikum war fast ein bisschen zu entspannt, weswegen es gerade nachmittags den Künstlern schwergefallen ist, die Leute zum Mitmachen oder überhaupt auf die Beine zu bekommen. Was aber auch ein wenig an der Zusammenstellung der Auftritte gelegen haben kann. Vor allem am Freitag war die Musik doch überwiegend ruhig und eher melancholischer Natur. Da böten sich im nächsten Jahr ein bisschen mehr Action und Frohmut an. Wobei die Künstlerauswahl an sich absolut top war. Größtenteils deutsche, teilweise internationale Musiker, die ausnahmslos handgemachte und authentische Songs gespielt haben und meistens ohne großes Tamtam einfach nur mit Gitarre auf der Bühne standen. Die Auftritte mit voller Bandbesetzung, zum Beispiel von Anna’s Anchor, John Allen oder TV Smith brachten die nötige Abwechslung. Da störten auch die kleineren Pannen nicht: Autos verreckten auf dem Weg zum Konzert, Saiten rissen und Texte wurden vergessen. Whatever happens eben. Aber die Stimmung drückte das überhaupt nicht, sondern wurde mit Humor genommen.
Das Whatever Happens ist eins der kleinsten, aber mit Sicherheit auch der schönsten Festivals in Deutschland. Und bei einem Ticketpreis von 58 Euro inkl. Camping (mit ordentlichen Toiletten und Duschen!) absolut fair, vor allem da es ehrenamtlich organisiert wird. Euer Interesse ist geweckt? Dann seht euch die Bilder an und haltet euch nächsten Sommer noch ein Wochenende frei!
Interview & Text: Julia Riese
Fotos: Christian Hieke