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Album der Woche KW 39: Kraftklub – Kargo

Ende September war es endlich soweit: Kraftklub sind nach einigen Jahren Pause zurück und haben ihr neues Album “Kargo” rausgebracht.

Bild: kraftklub.to

Man braucht sich eigentlich nur die aktuellen Fotos der Band anschauen und in die ersten 30 Sekunden des Openers “Teil dieser Band” reinhören und man weiß: Kraftklub sind wieder in alter Stärke zurück. 

Dieses Gefühl bestätigt sich nicht nur beim Durchhören der ersten Songs, sondern gleich beim ganzen Album. Es gibt auf jedem Song die bekannten Indie-Gitarren, unterstützt von Schlagzeug und Bass, die nach vorne treiben. Karl übernimmt immer noch die Gesangsparts und Felix die Rap-Parts. Das klingt jetzt erstmal nicht nach absoluter Begeisterung, sondern mehr nach “Jaja, alles so wie immer”, ist aber positiv gemeint, denn: Die Jungs haben einige Jahre Pause im Studio gemacht und klingen immer noch genauso gut wie davor. 

Das Vorgänger-Album “Keine Nacht für Niemand” kam 2017 raus und seitdem ist einiges passiert: Der Sänger Felix hatte 2019 unter dem Namen “Kummer” ein Solo-Album veröffentlicht, in dem er noch persönlichere Themen anspricht, als er es in der Band Kraftklub machen kann. Das Projekt sollte eigentlich gar nicht so lang gehen, die zweite Tour wurde aber wegen Corona immer wieder verschoben. Der Schlussstrich war am 16. und 17. September in der Wuhlheide in Berlin mit “dem letzten Konzert”. Dieses Doppelkonzert hat Felix direkt auch in der Opening-Line des Albums referiert: “Von 17 Uhr Festival-Opener zu 17 000er Open-Air”.

Es ist also nicht nur klanglich alles so wie immer, auch die Texte können weiter mit Sprachwitz und auch mit Tiefgang glänzen. Die klassischen Kraftklub-Themen sind immer noch da und vielleicht sogar relevanter, als sie es vor 10 Jahren waren. Es geht weiterhin um Ost-West-Konflikte, Spießbürgerlichkeit und gegen Nazis. Ich würde sagen, inzwischen hat sich eine Art “erwachsene Melancholie” in die Strophen gemischt, die sehr ehrlich wirkt – schließlich sind Kraftklub halt bald Mitte dreißig und nicht mehr Anfang zwanzig. 

Gesellschaftskritik ist demnach auch auf “Kargo” ein zentraler Inhalt: In Vierter September geht es zum Beispiel um den Tag nach dem #wirsindmehr-Konzert in Chemnitz am 3. September 2018, das Kraftklub gegen rechtsextreme Ausschreitungen initiiert hatte. Da gab es ja einen extrem hohen Andrang, etwa 65000 Zuschauer, aber wirklich etwas verändert hat sich trotzdem nicht. 

Insgesamt würde ich das Album also sehr positiv bewerten. Es überzeugt auf ganzer Linie und ist wirklich für jeden was – egal, ob man jeden Song mitrappen kann oder nur den Refrain von Songs für Liam gut findet. 

Autor: Immanuel Hinz