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Album der Woche KW 48: Arctic Monkeys – The Car

Ende Oktober war es endlich soweit: Nachdem die Fans vier Jahre auf einen neuen Longplayer warten mussten, sind die Arctic Monkeys mit ihrem neuen Album “The Car” zurück.

Bild: Zackery Michael

Schon beim Reinhören in den ersten Song “There’d Better Be A Mirrorball” werden sich direkt starke Meinungen bilden: Auf der einen Seite werden die “Gelegenheits-Arctic-Monkeys-Hörer” stehen, die die Indierocker vor allem von ihrem kommerziell erfolgreichsten Album “AM” (2013) kennen. Die werden vergebens den gitarren- und riffreichen Sound suchen, der die frühen Arctic Monkeys-Jahre geprägt hat. 

Auf der anderen Seite werden die aktiveren Fans stehen, die wissen werden: Der Soundbruch vom letzten Album “Tranquility Base Hotel & Casino” wurde weitergeführt und verbessert. Es sind Streicher und Klavier zu hören, eine klangliche Idee fließt weiter in die nächste. Man hört auf jeden Fall Einflüsse aus Soul und Funk der 60er und 70er. Wenn ich einen Genrebegriff nennen müsste, würde ich das Album als Lounge-Pop bezeichnen, wobei es viel mehr als das ist. Die Songs gehen teilweise in ganz unterschiedliche Richtungen, passen aber trotzdem aneinander.

Die Lyrics sind häufig sehr kryptisch gehalten. Das lädt aber, finde ich, sehr zum Wieder-Reinhören ein: Grundsätzlich geht es viel um Liebe und Vermissen, aber auch um Paranoia – Spione sind etwa ein wiederkehrendes Thema. Im Song “Body Paint” ist am Anfang etwa die Rede von einem “Master of deception and subterfuge”, und der Song gipfelt in der Line: “And if you’re thinking of me, I’m probably thinking of you”, nach der die Instrumentals kurz pausieren, als ob der ganze Song nur darauf hingeleitet wurde und das lyrische Ich quasi alles zusammennehmen musste, um das zu sagen. Der Song beginnt sehr ruhig, steigert sich aber in ein Wah-Wah-Gitarrensolo gegen Ende.

Hier könnt ihr euch das Video zu Body Paint ansehen.

In “I Ain’t Quite Where I Think I Am” ist die Band zunächst sehr funkig unterwegs, es gibt ein wiederkehrendes Gitarrenriff, was ein wenig an die Songs von “AM” erinnert. Währenddessen singt Alex Turner von einer Verwirrung darüber, wo er sich eigentlich befindet und mitten im Song setzen Streicher ein. Ich finde, das spiegelt auch ein wenig die Hörer:innen vom Album wieder, die beim Hören erstmal verwirrt sind, aber auch schnell in den Sound finden. Gibt man dem Album nämlich eine Chance, wird man mit einem Erlebnis belohnt, das zum Nachdenken bringt und fast schon zum Wieder-Reinhören zwingt. In jedem Fall unterstreichen die Arctic Monkeys mit “The Car” ihren Status als innovative Indieband, die nicht immer danach geht, was vielleicht gerade am meisten verkauft wird, sondern danach, wo sie Ideen sehen, die weitergedacht oder neu entwickelt werden müssen.

Autor: Immanuel Hinz