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Album der Woche KW 13: Martin Kohlstedt – FELD

Atmosphärische Slow-Tempo-Synthies und modulare Klavier-Melodien: In seiner sechsten Platte begibt sich Martin Kohlstedt auf eine berauschende Reise, die in Kopf und Herz stattfindet.

Bild: Dorothee Liebscher

Neoklassik verbindet Minimal Music mit elektronischer Musik. Wobei Kohlstedt auch analoge und akustische Elemente aus klassischem Klavier, Ambient, Field Recordings und Score Design kombiniert. Das Vorgängeralbum “FLUR” war bewusst nur bestückt mit klassischen Klavier-Attitüden, es war ein sinniges Innehalten. Seine neue Platte “FELD” ist ein Aufbruch, ein Loslaufen, ein Losrennen. Das Album schwebt durch den Raum. Es hat eine ganz eigene klangliche Architektur und doch verliert Kohlstedt nie wirklich seine besondere Art, Musik zu machen.

Entscheidend für ihn ist die Musik als kommunikatives Mittel und der Diskurs zwischen Interpret und Zuhörer:in. Wo andere nichts dem Zufall überlassen, leben Kohlstedts Konzerte beispielsweise von der Macht des Zufalls. Er kombiniert seine einzelnen Stücke zu einem großen Ganzen und geht dann sogar noch einen Schritt weiter und bricht Stücke urplötzlich ab, weil zu viele Ideen gleichzeitig aus ihm sprudeln. Stichwort: Mut zum Scheitern. Viele der Stücke auf seinen Alben mögen deshalb nicht ganz abgeschlossen wirken, sondern sind “nur” Kombinationsmöglichkeiten und finden erst bei Live-Auftritten zur Vollendung. Die Titel seiner Stücke sind dabei codeartige Legosteine, die ein unendliches Potenzial an Kombinierbarkeit bieten. So entstehen dann z.B. Songs wie “OMBLEH” oder “AMSOMB”.

Seine Musik ist ständig in Bewegung. So auch ”FELD”. Das Album ist ein lebender Körper und hat seine ganz eigene Ästhetik. Klavier-Melodien werden ergänzt durch teils zurückhaltend-düstere Sythies. Die elektronischen Elemente sind entspannend, wirken aber zu keiner Zeit einschläfernd.

“FELD” ist mit seiner kontemplativen Ruhe der perfekte Gegenpol zum Einheitsbrei der Mainstream-Pop-Hymnen. Träumerisch, experimentell, bunt, ruhig. Das modulare Klavierspiel mit elektronischen Elementen ist wirklich super eindrucksvoll und es stechen immer mal wieder überraschende Elemente aus den Tracks heraus. Nach Tag, Nacht, Strom, Ströme und FLUR ist es Kohlstedts sechstes Studioalbum. Ab 31.03.2023 ist es als LP, CD und auf allen Streaming-Plattformen erhältlich.

Autor: Sebastian Schroth