Blog funklust web

Midnight Madness die Fünfte – Oder: “Menschen beim Mensch-Sein”

Zwei Fragen: Wo ist deine persönliche Comfort Zone und warum ist es in deinem Bett? Madelaine macht sich um 22:54 Uhr mal wieder Gedanken über die großen Fragen und die kleinen Momente.

Bild: Tyler Carbone

22:54 Uhr. Ich liege allein in meinem Bett in meinem Zimmer. In meiner ganz persönlichen Comfort Zone mit meiner aktuellen (aber nicht wirklich aktuellen) Comfort-Serie Awkward. Jenna, die Hauptfigur, freut sich gerade darüber, in ihrem Zimmer wieder ganz sie selbst sein zu können, nachdem sie endlich mal wieder allein ist. 

Ich will gar nicht unbedingt allein sein, darum geht es nicht. Viel mehr darum, wie wir Menschen ticken.

Ist es nicht süß, dass wir uns über so kleine Dinge freuen, wie absolut gammelig im Bett zu chillen, etliche Stunden durch TikTok zu scrollen oder vielleicht auch einfach ganz in Ruhe das stille Örtchen aufzusuchen? Wir Menschen beim Mensch-Sein. 

Vielleicht erschaffe ich selbst gerade so einen Moment, wenn ich mich dabei ertappe, den Hashtag #humansbeinghumans zu suchen. Aber vertraut mir, macht das mal. Das setzt Endorphine frei. In etwa die ersten zehn Videos sind ältere Leute, die sich ganz normal verhalten. Spazierengehen, Einkaufen, Lachen. Vermutlich wissen sie gar nicht, dass sie gefilmt werden (die Datenschutzfrage sei hier mal dahingestellt) und denken auch überhaupt nicht darüber nach, wie sie in diesem Moment von außen wahrgenommen werden könnten, oder wie sie aussehen. Ich glaube, der Punkt des Ganzen ist genau das: Menschen in ihrer natürlichen Umgebung, wie sie kleine Dinge tun, einfach fröhlich und entspannt sind, ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob ihre Aktion albern ist oder sie dabei beobachtet werden könnten. 

Wenn wir glauben, niemand sieht uns zu, sind wir die beste Version unserer selbst.

Kleine Jungs beim Spielen mit dem besten Freund, den sie in etwa so schnell kennengelernt haben wie wir Mädels unsere besten Freitagabend-Freundinnen auf der vollgekritzelten Clubtoilette. Sie sind der Main Character ihres eigenen Lebens. Das sollten wir alle sein. Sei es ein Rom-Com-kitschiger Tanz im Regen mit dem oder der Angebeteten, ein spontaner Flohmarkt-Bummel oder ein lautstarkes Gegröle des ältesten Taylor Swift-Songs, den du dir vorstellen kannst. Mitten auf der Straße. Mit den besten Freunden. Oder völlig Fremden. Unter einem Baum ein Buch lesen. Mit Kopfhörern in den Ohren auf die U-Bahn warten. Ein Superfan beim Party-Machen auf dem Konzert des Lieblingsstars sein.

Vor einiger Zeit hatte ich ein Fotoshooting mit einem sehr talentierten Fotografen. Anscheinend denkt er da ziemlich ähnlich. Neben Portrait- und Auto-Shootings besteht sein Repertoire nämlich größtenteils genau aus dem Einfangen solcher Situationen. Seine Fotos fangen eben diese kleinen, unscheinbaren Momente ein. Street-Photography at its finest. (Kleine Anmerkung an dieser Stelle: Er hat mir bei der Gelegenheit auch erklärt, unter welchen Umständen solche Fotos rechtlich völlig in Ordnung sind – mein gefährliches Halbwissen behalte ich an dieser Stelle aber lieber für mich). Ein altes Pärchen auf der Parkbank beim Picknicken. Ein Teenager auf dem Weg nach Hause von der Schule. Zwei Friseurinnen bei der Mittags-Kippe. Ein lächelnder Obdachloser vor einem Geschäft. Auch wenn nicht alle Augenblicke happy sind, strahlen sie doch irgendwo Hoffnung aus. Mensch-Sein. Wow, das war mal wieder pathetisch, aber you get the point. Vielleicht kann man humans being humans mit einer Art Komfortzone in der Öffentlichkeit gleichsetzen.

Unsere Comfort Zone ist üblicherweise zuhause, oder – wie bei mir – mit einer Person. Diese kleinen Momente können also theoretisch überall sein. Egal wo. Zu jeder Zeit. Egal wann. Um 23:22 Uhr an einem Donnerstagabend im Bett. Oder um 15:34 Uhr an einem Dienstagnachmittag in der Innenstadt bei einer international bekannten Coffeeshop-Kette mit grünem Logo. Oder um 17:59 Uhr jeglichen Tages in einem AirBnB in Paris, neben dem stillen Örtchen. Kann ich empfehlen. Bonne nuit.

Autorin: Madelaine Wilma