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Nachbericht zum Schienenersatzverkehr: VGN und Deutsche Bahn stürzen Pendler ins Chaos

Kommentar von Michaela Raab

Dass die Verkehrsdienste der VGN und der Deutschen Bahn mit ihrem Service bei vielen Menschen nicht gerade für allerbeste Freude sorgen, das ist wohl bekannt. Die meisten kennen doch diese Momente: man muss zur Uni oder Arbeit, steht also am Bahngleis oder an der Bushaltestelle und wartet. Immer wieder wirft man dabei einen Blick in die VGN App, um zu schauen wann denn Abfahrt ist. Beim ersten Mal ist alles normal, spätestens aber beim dritten Blick auf die App zeigt sie einem 2 Minuten Verspätung an und man denkt sich schon ein wenig: „Ach schon wieder Verspätung? Ist ja nichts Neues.“ Was ich dann aber auch noch kenne ist, dass die Uhr tickt und tickt und mein Bus/meine Bahn einfach irgendwie nicht kommt. Dann schau ich nochmal in die App – so viel wie ich da manchmal drauf schaue, könnte das ja fast Candy Crush zur Konkurrenz werden – tja und dann wurde meine Verbindung einfach gestrichen, ist einfach nicht mehr auffindbar und die VGN hat anscheinend jegliche Beweise vernichten wollen, damit niemand sagen kann es hätte eine Verspätung gegeben. Stattdessen muss man dann eben mit der nächsten Verbindung fahren, als wäre das alles nie vorgefallen. Nur, dass die dann meist etwas überlaufen ist und man sich erst einmal seine Mitfahrgelegenheit erkämpfen muss.

So viel also zum „Normalfall“. Ich möchte aber vorab sagen: Die Öffentlichen Verkehrsmittel hier in der Region sind kein kompletter Saftladen. Sie kommen nicht ausnahmslos zu spät und haben mich und viele andere auch trotz diverser Differenzen schon sehr oft heile ans Ziel gebracht. ABER was da in der Woche vom 22. bis 28. Oktober. 2018 los war, das würden einige eher als „grenzwertig“ bezeichnen. Denn die gesamte Woche beglückten die VGN und Deutsche Bahn sämtliche Pendler aus Nürnberg, Fürth, Bamberg und Co. mit dem sogenannten SEV in Ersatz für die S1 und den RE, deren Betrieb auf der Strecke zwischen Nürnberg und Bamberg wegen Baumaßnahmen kurzfristig eingestellt werden musste.

Der SEV oder auch Schienenersatzverkehr genannt hat ja mal vorne und hinten nicht so funktioniert wie man sich das vorgestellt hat. Eigentlich sollten einige Busse anstelle der Züge alle Pendler nahezu genauso an ihr Ziel bringen, wie sie es sonst auch gewohnt sind. In der Praxis sah das Ganze nur leider völlig anders aus. Die gesamte Woche war geprägt durch Verspätungen, Ausfälle und vollgestopfte Busse. Eine Kommilitonin aus Bamberg erzählte mir auch, wie sie um 6Uhr in der Früh losfahren musste, um trotz der Behinderungen annähernd pünktlich zu kommen. Manch anderer Pendler hat gleich die gesamte Woche in Erlangen bei Freunden auf der Coach verbracht, weil es sich nicht wirklich gelohnt hätte Heim zufahren und die einzige Alternative dazu wäre gewesen einfach gar nicht zur Uni zu gehen. Auch der Versuch der Bahn und der VGN die verärgerten Fahrgäste mit gratis Snacks und Kakao ein wenig zu besänftigen, hat die Gesamtsituation nicht viel besser gemacht. Denn was bringt das jemanden, der eigentlich nur pünktlich ans Ziel kommen möchte? Man könnte fast sagen: Der SEV hat die Region etwas ins Chaos gestürzt. Aber warum schreibe ich eigentlich darüber, wenn ich im Alltag eigentlich nicht auf die betroffene S-Bahn oder den RE angewiesen bin?

Das ist ganz einfach zu erklären: Irgendwann bzw. ziemlich bald waren die Pendler aus Nürnberg so genervt vom Schienenersatzverkehr, dann sie lieber auf die regulären Buslinien 20, 30 und 290 umgestiegen sind, anstatt gefühlte Jahre auf einen Ersatzbus zu warten, in den man sowieso nicht mitfahren kann. Das hatte nur leider den Nachteil, dass jetzt auch die Linien 20 und 30, mit denen ich normalerweise fahre, so pressend voll waren, dass man – falls man es reingeschafft hat – fast schon beten musste nicht zu ersticken. Und wer es nicht bei der Starthaltestelle in den Bus geschafft hat, für den konnte es dann doch eher schlecht aussehen, weil ja wirklich jede Verbindung das gleiche Bild zierte. Busfahrer mussten teilweise Fahrgäste aus dem Bus werfen, damit sie die Türen schließen konnten. Außerdem durften zahlreiche Schüler und Arbeitnehmer an Haltestellen fast schon ein Zelt aufschlagen, denn ein Bus nach dem anderen, der an ihnen vorbeifuhr war so voll, dass sie wahrscheinlich zu Fuß noch schneller in Erlangen gewesen wären, da die Busse ja niemanden mehr mitnehmen konnten. Wer Platzangst hat, der ist bei den Zuständen wahrscheinlich auch einfach daheim geblieben, anstatt sich tägliches Gruppenkuscheln mit wildfremden Menschen antun zu müssen.

Mittlerweile geht alles wieder mehr oder weniger seinen gewohnten Lauf. Zwar kommt es hier und da noch zu Verspätungen und Ausfällen, aber man ist froh, dass etwas Normalität eingekehrt ist. Denn so einen Ausnahmezustand wie in der Zeit mit dem SEV wünscht sich so schnell niemand wieder.

Autorin: Michaela Raab